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Invasiver Schädling

Der Japankäfer – Entwarnung für den Gemüsebau?

Seitdem der Japankäfer in der Schweiz nördlich der Alpen auftritt und zuletzt auch in Südbaden gesichtet wurde, besteht Klärungsbedarf, welche Kulturen bei uns gefährdet sind.

von Olaf Zimmermann und Frauke Rinke erschienen am 03.08.2025
Der Japankäfer mit seinen typischen weißen Borstenfeldern. © Olaf Zimmermann
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Obst und Wein, sowie Rasenflächen und Zierpflanzen, vor allem Rosen in Parkanlagen, sind nach bisherigen Erfahrungen aus den Befallsgebieten am stärksten durch den Japankäfer bedroht. Der Ackerbau und der Gemüsebau scheinen weitgehend von stärkeren Invasionen durch den Schädling verschont zu bleiben.

Ausbreitung bis zu 10 km pro Jahr

Nachdem der Japankäfer bereits vor gut 100 Jahren in den USA auftrat, hat er sich dort zentral und im Osten festgesetzt und verursacht immer wieder starke Schäden. Schäden und Bekämpfungskosten werden in den USA auf etwa 460 Mio. Dollar pro Jahr beziffert. Um 1974 traten erste Tiere auf den Azoren auf und 2014 erreichte der Japankäfer erstmals das europäische Festland. In Italien hat sich der Befall im Großraum Mailand bis unmittelbar an die Alpen ausgeweitet und 2017 das Schweizerische Tessin erreicht. 2023 wurde zum ersten Mal eine Population nördlich der Alpen in Zürich, in der Nähe des Flughafens beobachtet, dazu eine Population im Wallis und schließlich 2024 ein Befall mit voller Entwicklung von Engerlingen im Boden in Basel, nahe dem Fußballstadion des FC Basel.

Man geht von einer Ausbreitung von bis zu 10 km pro Jahr aus Olaf Zimmermann

Der Schweizer Pflanzenschutzdienst hat um die Käferfunde Gebiete abgegrenzt, einen 1 km großen Radius als Befallszone und darum eine 5 km große käferfreie Pufferzone, welche in Teilen auch im Landkreis Lörrach in Deutschland liegt. Auch in Baden-Württemberg werden seit 2021 einzelne Käfer in Fallen in Freiburg und Weil am Rhein gefangen, sodass auch hier nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich in naher Zukunft eine Population des Japankäfers bildet und Larven gefunden werden. 2024 wurden einzelne Japankäfer erstmals nahe Lindau, Bayern gefangen. In Freiburg im Breisgau wurden im Jahr 2025 bis Ende Juli 21 Käfer gefangen, sodass wie in Basel ein Gebiet mit Befallszone und Pufferzone abgegrenzt werden musste. Man geht von einer Ausbreitung des Käfers von bis zu 10 km pro Jahr aus. Eine ganze Reihe Einzelfunde, die sich lokal nicht weiter vermehren konnten, sind in Zentraleuropa unter anderem von Flughäfen, Lkw-Parkplätzen und Warencontainern bekannt.

Der Japankäfer (ganz links) ist nur circa 1 cm groß, kleiner als eine Cent-Münze. Er hat einen metallisch glänzenden, grünen Kopf und braune Flügel. Sein besonderes Merkmal sind fünf weiße Haarbüschel an jeder Hinterleibsseite und zwei weiße Haarbüschel am Ende des Hinterleibs. Verwechselt wird der Japankäfer oft mit dem Gartenlaubkäfer oder dem größeren Rosenkäfer, heimische Arten, die keine nennenswerten Schäden verursachen.
Der Japankäfer (ganz links) ist nur circa 1 cm groß, kleiner als eine Cent-Münze. Er hat einen metallisch glänzenden, grünen Kopf und braune Flügel. Sein besonderes Merkmal sind fünf weiße Haarbüschel an jeder Hinterleibsseite und zwei weiße Haarbüschel am Ende des Hinterleibs. Verwechselt wird der Japankäfer oft mit dem Gartenlaubkäfer oder dem größeren Rosenkäfer, heimische Arten, die keine nennenswerten Schäden verursachen. © Olaf Zimmermann

Klein und unscheinbar, aber eindeutige Merkmale

Der Japankäfer Popillia japonica gehört zu den Blatthornkäfern (Scarabaeidae) und dort zur Unterfamilie der Rutelinae, die je nach Eingruppierung auch einen eigenen Familienstatus haben. Seine nächste Verwandtschaft bei uns sind Mai- und Junikäfer oder der sehr ähnliche Gartenlaubkäfer Phylloperta horticola. Bei Aufrufen zu Verdachtsmeldungen werden auch sehr viele Rosenkäfer gemeldet. Eindeutige Erkennungsmerkmale gegenüber anderen Arten sind beim Japankäfer die fünf weißen Haarbüschel an den Seiten und zwei am Hinterleib.

Die Larven des Japankäfers sind sogenannte Engerlinge.
Die Larven des Japankäfers sind sogenannte Engerlinge. © Olaf Zimmermann

Die Flügeldecken des Japankäfers sind rotbraun mit einem metallischen Schimmer. Der Kopf ist dunkelgrün gefärbt. Wenn man die Käfer zum ersten Mal sieht, wundert man sich, wie klein sie eigentlich sind. Mit knapp einem Zentimeter sind sie eher unauffällig. Zur Paarung und zum Fressen treten sie aber in Gruppen oder regelrechten Massen auf. Die Engerlinge werden bis zum letzten Stadium mit knapp 3 cm deutlich größer als die späteren Käfer. Wie bei Larven von Blatthornkäfern, zum Beispiel Maikäfern oder Junikäfern üblich, kann man auf der Unterseite nahe dem Abdomen ein Härchenfeld erkennen, auf dem es bei vielen Arten eine doppelte Dörnchenreihe gibt. Sie sind beim Japankäfer kurz und typisch „v“-förmig angelegt.

Die Engerlinge des Japankäfers tragen ein  umgekehrtes „V“ aus Dörnchen innen auf dem Hintern.
Die Engerlinge des Japankäfers tragen ein umgekehrtes „V“ aus Dörnchen innen auf dem Hintern. © Olaf Zimmermann

Ein breites Spektrum an Wirtspflanzen

Weltweit wurden über 400 Pflanzenarten als Wirtspflanzen nachgewiesen. Das heißt nicht, dass wirklich alles mit der gleichen Vorliebe gefressen wird und der Japankäfer ist auch nur bedingt standorttreu. Von mehreren Laubbäumen in einer Allee kann es zum Beispiel an nur einer Linde zum Kahlfraß kommen, wenn ab einer gewissen Anzahl alle zusammen an einem Baum fressen. Im kommenden Jahr treten die Schädlinge dann ganz woanders auf.

Obst, Wein und Rosen sind stark bevorzugte Wirte. Gemüse im geschützten Anbau oder Feldfrüchte sind bisher weniger als Wirte bekannt. In den USA sind Schäden an Soja, Mais und Basilikum grundsätzlich nachgewiesen, auch an Spargel, Bohnen und Rhabarber wurde er gesehen. Aber der Japankäfer hat sich nicht zu einem spezialisierten Schädling an diesen Kulturen etabliert. Möglicherweise können in der Nähe von starken Befallsflächen anderer Kulturen wie Wein oder Strauchbeeren Schäden im Gemüse auftreten. Diese Entwicklung wird man in Europa in Zukunft beobachten müssen.

Fallen dürfen nur vom amtlichen Pflanzenschutzdienst aufgestellt werden Frauke Rinke

Die Engerlinge des Japankäfers können starke Schäden an Rasenflächen verursachen und Dichten von bis 200 Individuen pro Quadratmeter aufweisen. Der Käfer bevorzugt zur Eiablage gut gewässerte, kurz geschnittene Rasenflächen. Solche Flächen werden in der Schweiz und Italien einerseits gezielt zur Bekämpfung genutzt. Andererseits bergen städtische Grünflächen und Sportanlagen als Vermehrungsflächen immer ein Gefahrenpotenzial.

Nur amtliche Stellen sollten Lockstofffallen benutzen

Die Fallen mit Lockstoff, die seit einigen Jahren zur Flugkontrolle eingesetzt werden, sind sehr gut fängig. Da man damit Käfer aus Befallsgebieten in noch befallsfreie Gebiete locken kann, dürfen die Fallen nur vom amtlichen Pflanzenschutzdienst aufgestellt werden. Dieser hält mindestens 3 km Abstand zu bekannten Befallsgebieten. Vor allem, um die oben genannten Quarantänemaßnahmen zu vermeiden, sollte kein Lockstoff in Eigenverantwortung eingesetzt werden.

Aufwändig, aber erforderlich: Fallenkontrollen.
Aufwändig, aber erforderlich: Fallenkontrollen. © Frauke Rinke

Die Überwachung eines potenziellen Auftretens unterliegt in Deutschland der Aufsicht der zuständigen Pflanzenschutzdienste der Länder. Funde, auch von Privatpersonen, sind meldepflichtig. Der in den verwendeten Trichterfallen verwendete Lockstoff beinhaltet als Blüten-Duftstoff Geraniol und das weibliche Sexualpheromon Japonilure. Männliche Käfer werden damit besonders angelockt, aber auch die weiblichen Käfer werden angezogen. Alleine in Baden-Württemberg werden aktuell fast 100 Fallen eingesetzt, um die Ausbreitung frühzeitig einschätzen und Maßnahmen einleiten zu können.

Biologische Verfahren Teil der Strategie

In die USA hat man vor Jahrzehnten bereits viele mutmaßliche Gegenspieler aus Asien ohne größeren Erfolg nachgeführt. Heute gelten andere Qualitätsmaßstäbe und solche Arten werden vorab im Labor sorgfältig auf Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen geprüft. Kandidaten, die eine Eignung zeigten, sind die parasitische Fliege Istocheta aldrichi, die aus Asien nach Nordamerika nachgeführt wurde. Sie hat eine hohe Präferenz für den Japankäfer, auf den sie ihre weißen Eier ablegt und deren Larven dann die Käfer abtöten. Sie wird in der Schweiz beim Institut CABI derzeit überprüft. Ebenso ist aus Asien die kleine Rollwespe Tiphia vernalis bekannt, die die Engerlinge im Boden parasitiert. Beide Nützlinge zeigen in den USA ihre Wirkung und sind ein Baustein der Bekämpfungsstrategie. Sie sind aber nicht käuflich zu erwerben und müssen ein gutes Umfeld haben, um wirksam zu sein.

Das Auftreten des Japankäfers muss rechtlich verpflichtend gemeldet und bekämpft werden Olaf Zimmermann

Als weitere Bekämpfungsansätze werden pilzliche oder bakterielle Insektenkrankheiten untersucht. Bereits wirksam gegen die Engerlinge im Rasen werden entomopathogene Nematoden, nützliche Fadenwürmer, eingesetzt. Sie sind auch Teil der Quarantäne-Bekämpfungsstrategie in Italien und der Schweiz.

Zur Ausrottungsstrategie kommen in Europa und den USA auch Insektizide zum Einsatz. Insektennetze, die mit Insektiziden imprägniert werden, sind ein neuer Ansatz, um Insektizide möglichst begrenzt zu nutzen. Diese bedürfen einer Notfallzulassung und können nur von Pflanzenschutzdiensten eingesetzt werden. In den Befallsgebieten werden Japankäfer-Engerlinge in Rasenflächen durch ein Beregnungsverbot während der Flugzeit der Käfer indirekt bekämpft.

Was die Quarantäne bedeutet

Die Einstufung des Japankäfers als prioritärer Quarantäneschädling in Europa bedeutet, dass sein Auftreten rechtlich verpflichtend gemeldet und bekämpft werden muss. Eine Ausrottung ist in Zentraleuropa wahrscheinlich nicht mehr möglich, aber eine Verzögerung der Ausbreitung aus den ersten Befallsgebieten nördlich der Alpen mithilfe von Maßnahmen in Befalls- und Pufferzonen, ist nach dem Solidaritätsprinzip zu rechtfertigen, wenn man an den Weinbau oder den Obstbau im Südwesten Deutschlands denkt oder an unsere Nachbarländer. Alleine den Obstanbau im Bodenseegebiet zu schützen, wird eine Herausforderung sein. Hier wird sich auch zeigen, ob der Käfer und seine Engerlinge tatsächlich keinen Appetit auf Gemüsekulturen entwickeln.

Aktuell keine Gefährdung zu erwarten

Ein Restrisiko bleibt bei solchen Einschätzungen natürlich immer bestehen. So trat die Marmorierte Baumwanze, eine andere invasive Art, in den USA in den großflächigen Anbaugebieten von Apfel und Pfirsich auf, nicht jedoch im Gewächshaus, was amerikanische Kollegen bei einer Tagung vor zehn Jahren hervorhoben. Erste Schäden in der Schweiz wurden zu Beginn der Invasion in Europa einige Jahre später jedoch ausgerechnet aus Gärten und Gewächshäusern gemeldet. Aber nach aktuellem Stand des Wissens scheint der Gemüseanbau durch den Japankäfer nicht akut gefährdet zu sein.

Funde melden!

Wer Käfer entdeckt, sollte diese melden. E-Mail: pflanzengesundheit-kaefer@ltz.bwl.de

Autor:in
Olaf Zimmermann
Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg olaf.zimmermann@ltz.bwl.de
Autor:in
Frauke Rinke
Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg frauke.rinke@ltz.bwl.de
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