Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Kommentar

Die Zeit ist reif für Agri-Photovoltaik!

Die Landwirtschaft in Deutschland steht vor der großen Herausforderung, dass landwirtschaftliche Flächen zunehmend rar werden. Neben dem Flächenbedarf für Siedlungen, Infrastruktur und Ausgleichsmaßnahmen wird künftig auch vermehrt die Energiewende landwirtschaftliche Flächen für die Erzeugung von Solarstrom in Anspruch nehmen.

Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Artikel teilen:

Konkret sieht der Ausbaupfad des novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) einen Zubau der installierten Solarleistung von derzeit knapp 55 Gigawatt (GW) auf 155 bis 200 GW bis 2030 vor. Um die gesetzten Klimaschutzziele bis 2050 zu erreichen, gehen verschiedene Szenarien von einem Ausbaubedarf von bis zu 500 GW aus.

Bislang konnte ein Großteil dieses Bedarfs mit Dachflächen gedeckt werden. Künftig werden neben Dachflächen auch Flächen an Fassaden, Parkplätzen, Verkehrswegen und Tagebauseen zur Deckung des Bedarfs beitragen. Landwirtschaftlich genutzte Flächen weisen jedoch das größte Potenzial auf. Dank enormer Kostensenkungen bei großen Anlagen im Freiland sind diese teilweise bereits ohne Förderung wirtschaftlich und werden vermutlich einen großen Teil des Zubaus ausmachen. Die Erfahrungen aus der Wind- und Biomasseenergie, aber auch der stockende Zubau von Photovoltaik im Freiland zeigen, dass der Ausbau, der eben noch die breite Zustimmung der Gesellschaft genossen hat, schnell starken Widerstand erfahren kann. Dies verdeutlicht, dass neben Fragen der technischen Machbarkeit und der Kosten die gesellschaftliche Akzeptanz maßgeblich für das Gelingen der Energiewende ist.

Eine zentrale Ursache für die ablehnende Haltung gegenüber Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen ist häufig die Sorge um den Verlust der Produktionsfläche. Zum einen steigt dadurch der Flächendruck für Landwirte, zum anderen werden oftmals fruchtbare Böden der Nahrungsmittelproduktion entzogen. Genau hier ist die Agri-Photovoltaik ein möglicher Lösungsansatz: Neben der energetischen Nutzung kann dieselbe Fläche weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden. Durch die effiziente doppelte Nutzung der Fläche kann ein potenzieller Nutzungskonflikt vermieden werden.

Die Agri-PV bekämpft als Instrument der Energiewende dabei nicht nur den Klimawandel (Mitigation), sie kann die Landwirtschaft gleichzeitig vor dessen negativen Auswirkungen schützen (Adaptation). Die vergangenen, relativ trockenen Jahre haben gezeigt, dass auch wir in Deutschland nicht vor den Auswirkungen des Klimawandels gefeit sind. Neben zunehmenden Trockenperioden bedrohen auch Sturm oder Hagel die Ernten. Agri-PV-Anlagen können so konstruiert werden, dass sie die unter den Modulen angebauten Kulturen vor Extremwetterereignissen schützen. Besonders hoch sind die Synergiepotenziale in intensiven Obst- und Gemüsekulturen mit hohen Deckungsbeiträgen, bei denen ohnehin notwendige Schutzstrukturen wie Hagelnetze durch Agri-PV ersetzt oder ergänzt werden können. Positive Erfahrungen im Gemüseanbau unter Modulen wie in Heggelbach (Sellerie), Frankreich (Gartensalat) oder den USA (Grünkohl, Brokkoli, Tomaten, Paprika, Mangold) unterstreichen die Eignung verschiedener Kulturen aus pflanzenbaulicher und produktionstechnischer Sicht.

Eine große Herausforderung sind in Deutschland jedoch die Rahmenbedingungen für die Agri-PV. Während sie in Japan und Frankreich bereits explizit gefördert wird, steckt die Förderung in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Als Voraussetzung für eigene Fördermechanismen und die Beurteilung unter bau- und beihilferechtlichen Gesichtspunkten ist eine klare Abgrenzung zu üblichen Freiflächenanlagen unabdingbar. Hierzu wurde Mitte April mit der DIN SPEC 91434:2021-05 ein Vornormierungsprozess abgeschlossen, in welchem Anforderungen an eine landwirtschaftliche Hauptnutzung von Agri-PV-Anlagen definiert wurden.

Angesichts der Dringlichkeit einer zügigen Transformation des Energiesystems ist die Zeit reif, um geeignete Rahmenbedingungen für die Agri-PV zu schaffen. Im Sinne der Landwirtschaft und der Energiewende.

Mehr zum Thema: