Die Weißstängeligkeit Sclerotinia sclerotiorum an Topinambur
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Topinambur (Helianthus tuberosus), eine mit der Sonnenblume (Helianthus annus) nah verwandte, zwei bis drei Meter hohe Staude, hat essbare Knollen, die auch in der menschlichen Ernährung verwendet werden. Topinambur gilt als wenig krankheitsanfällige, robuste Pflanze. Im Frühherbst war in einem Topinamburbestand vorzeitiges Welken und Absterben einzelner Triebe zu beobachten. Bei näherer Betrachtung zeigten sich im unteren Bereich des Stängels hellbraune Verfärbungen mit einem, vor allem bei feuchtem Wetter zu beobachtenden, weißen, flauschigen Myzelbelag. Im und auf dem Stängel bildeten sich in dem Myzel anfangs hellbraune, später schwarze, harte, an Mäusekot erinnernde, Gebilde. Hierbei handelte es sich um die Dauerkörper – sogenannte Sklerotien - des Pilzes Sclerotinia sclerotiorum.
Über das Auftreten und die Symptome dieses Pilzes an Tomaten, Buschbohnen, Weißkohl, Petersilie, Salat, Sellerie und Chicorée wurde in den vergangenen Jahren in verschiedenen Steckbriefen berichtet. Die Form (unregelmäßig länglich, oval bis rundlich) und Größe (wenige Millimeter bis zu ein, zwei Zentimetern) dieser Sklerotien ist sehr variabel. Das Innere der Dauerkörper besteht aus kompaktem, festem, hellcremefarbenem bis weißem Pilzgewebe, das von einer dünnen, festen, dunkelbraun bis schwarzen Hülle umgeben ist.
Die Sklerotien des Pilzes können im Boden von wenigen Monaten bis zu zehn Jahren überdauern. Bei feuchten, kühlen Temperaturen (4 bis 15°C) erfolgt die Keimung in der obersten Bodenschicht (max. 5 bis 8cm) der Sklerotien. Auf den Dauerkörpern wird die sexuelle Vermehrungsphase des Pilzes ausgebildet: hellbraune bis orange, kleine (bis zu 10mm), trompetenförmige Fruchtkörper (Apothecien). Diese unscheinbaren Pilzchen produzieren zahlreiche Sporen (Ascosporen), die mit Hilfe von Wind, Maschinen und Wasser die Verbreitung des Pilzes und Neuinfektionen über weitere Entfernungen übernehmen. Das Myzel der auskeimenden Ascosporen besiedelt vor allem älteres, bereits geschädigtes und geschwächtes Gewebe, das den Ascosporen als Nährstoffquelle dient. Dies können absterbende Blätter, Pollen und Blütenteile der Wirtspflanze oder benachbarter Unkräuter sein. Von Bedeutung ist – für die Infektion benachbarter Pflanzen – die asexuelle Verbreitungsform über Pilzfäden (Myzel), wobei die Infektion sowohl von befallenen Pflanzen, Wurzeln und direkt von mit Myzel auskeimenden Sklerotien ausgeht. Das Myzel infiziert die Pflanzen in der Nähe der Bodenoberfläche.
Eine weitere Infektionsmöglichkeit ist der direkte Kontakt mit befallenem Pflanzengewebe. Der Befall tritt im Feld bei direkten Infektionen mit dem Myzel meist an benachbarten Pflanzen und in Nestern auf. Die Krankheitsentwicklung von Sclerotinia sclerotiorum kann in einem weiten Temperaturbereich von 5 bis 30°C stattfinden, mit einem Optimum bei Temperaturen zwischen 20 und 25°C und hoher Feuchte. Sclerotinia sclerotiorum hat einen sehr großen Wirtspflanzenkreis. Nachgewiesen wurde der Erreger an zahlreichen dikotylen Obst-, Gemüse-, Zierpflanzen, Kräutern und Gewürzen.
Eine Befallsreduzierung auf dem Feld durch Fruchtfolgemaßnahmen ist schwierig, da der Schaderreger bei entsprechender Witterung und vor allem auf nassen, kühlen Standorten auch an landwirtschaftlichen Kulturen wie Sonnenblumen, Raps und Rüben erhebliche Schäden verursacht und sich in diesen Kulturen ein erhebliches Infektionspotential durch Sklerotien aufbauen kann. Befallsherde sind möglichst frühzeitig zu beseitigen. Dabei ist darauf zu achten, dass keine Sklerotien in den Boden gelangen. Befallene Pflanzen sollten nicht kompostiert werden. Lange Fruchtwechsel mit Nichtwirtspflanzen, wie Getreide oder Mais, helfen, die Probleme zumindest zu reduzieren. Eine tiefe Bodenbearbeitung von mit Sclerotinia sclerotiorum verseuchtem Boden reduziert zwar momentan den Befallsdruck, verlängert jedoch im Gegenzug die Infektionszeit, da bei späteren Bodenbearbeitungen immer wieder Sklerotien nach oben befördert werden. Der antagonistische Pilz Coniothyrium minitans (Contans WG) schädigt die Sklerotien von Sclerotinia sclerotiorum.
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