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Kommentar

Wie viel Ökologie darf oder muss sein?

Die Linien der Politik und die Stimmung in der Bevölkerung scheinen nur in eine Richtung zu deuten: Mehr öko, am besten alles öko. Öko scheint die Lösung aller Probleme zu versprechen. Man nimmt den SUV, fährt am besten bei Aldi und Co. bis zu den Ökoregalen und die Welt ist in Ordnung. Doch so einfach ist es nicht.

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Es ist sicher richtig, dass es auch Landwirte gibt, die den Bogen überspannt haben, indem sie, chemiegläubig wie die meisten anderen Menschen zu dieser Zeit, grundlegende ackerbauliche Techniken vernachlässigt haben. Bestimmte Unkräuter und Schädlinge konnten sich so besonders gut vermehren. Die Chemie wird’s schon richten, dachten viele. Und die Chemie auf der einen Seite, die Pflanzenzüchter auf der anderen Seite haben die Erwartungen dann auch (zunächst) erfüllt.

Dass hierbei Grenzen erreicht sind, wird zunehmend klarer. Im Ackerbau wie im Gemüsebau. So wie im Ackerbau der Weg immer mehr zu einer standortangepassten Bewirtschaftung geht, müssen Gemüsebauer sich der Situation anpassen. Auch enge Gemüsefruchtfolgen müssen aufgelockert werden, um Schädlingen und Krankheiten nützliche Organismen entgegenzusetzen.

Zentraler Punkt für die Landwirtschaft und den Feldgemüsebau in der Zukunft wird der Boden sein. Er muss die Möglichkeit haben, möglichst vielen Bodenlebewesen eine Lebensgrundlage zu geben. Die Bodenstruktur muss stimme mit Poren, die für Belüftung sorgen und Teilchen, die Wasser speichern. Sehr intensiv damit beschäftigen sich die Vorreiter und Vertreter der regenerativen Landwirtschaft, auch im Gemüsebau. Sie wirtschaften nicht biologisch, aber sehr bodenschonend.

Ein guter, humusreicher Boden ist auch ein Pfand, mit dem Landwirte in Zeiten des Klimawandels wuchern können. Er puffert die Auswirkungen von Wetterextremen hinsichtlich Nässe und Trockenheit ab. Deshalb ist es richtig und für die Zukunft wichtig, sich wieder mehr auf ackerbauliche Grundtugenden zu besinnen, die viele für entbehrlich hielten und die lange Jahre vor allem die Bioanbauer pflegten.

Aber auf der einen Seite nur schwarze Schafe, auf der anderen Seite blütenweiße Westen, das ist zu einfach gedacht. Auch das sollte die Politik und der Berufsstand fairerweise nicht unter den Tisch fallen lassen. Schädlinge und Krankheiten machen vor Biobetrieben nicht halt. Von den Pflanzenschutzmitteln im Wert von über 1,2 Mrd. Euro, die in Deutschland in den Handel gingen, werden immerhin 10% auf Bioflächen ausgebracht.

Biodiversität und Insekten, das Thema nimmt momentan ebenfalls großen Raum in der Öffentlichkeit ein und ist sehr stark emotional belegt. Studien bestätigen, dass es in und um Biofelder mehr summt und brummt. Hier ist zumindest Luft nach oben für konventionelle Anbauer. Aber auch hier muss die Sichtweite mancher Verbraucher etwas gerade gerückt werden. Ein Beispiel kürzlich auf Facebook: Ein Bild eines unkrautfreien Kartoffelackers. Der User beklagt lautstark, das hier keine Blüte und kein Tier eine Chance hat. Antwort eines Biobauern: „Mein Acker sieht genauso aus. Ich will ja schließlich Kartoffeln ernten.“ Auch Bioanbau ist natürlich ein Eingriff in die Natur. Sonst würden wir im Urwald oder in der Steppe leben. Auch dessen muss sich jeder gewahr werden.

Es gibt Untersuchungen, die belegen, dass im Bioanbau eine geringe Menge etwa in Höhe von 20% geerntet wird. Der Umkehrschluss ist: Bei reinem Bioanbau muss mehr Fläche bewirtschaftet werden. Die Folge: Nur Bioanbau hieße noch mehr Flächen und weniger Naturräume, entweder in Deutschland oder an ganz anderen Stellen der Welt. Auch momentan leben wir schon häufig genug auf Kosten der Ärmeren der Welt. Der Verbraucher merkt beim Einkauf nicht, wenn es hierzulande Engpässe gibt. Wir haben viel Kaufkraft, können Ware zukaufen, die den Menschen in ärmeren Ländern fehlt oder die diese nicht mehr bezahlen können.

Fazit: Der Anbau kann und muss an einigen Stellen „ökologischer“ werden. Das geschieht schon, indem die oft vergessenen ackerbaulichen Tugenden wieder stärker beachtet werden. Beide Gruppen von Anbauern, konventionell und biologisch, sollten sich austauschen und voneinander lernen. Ideologischer Eifer darf nicht vor pragmatischen und sinnvollen Lösungen stehen.

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