Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Kommentar

Alles „Bio“ um den Bio-Gedanken?

Die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln in Deutschland ist hoch und steigt weiter, die inländische Produktion kommt nicht mehr nach und sollte hochgefahren werden. Dieser Eindruck wird politisch und in vielen Medien verbreitet. Erst kürzlich auf der Eröffnungsveranstaltung der Weltleitmesse BioFach 2016 in Nürnberg sagte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt der biologischen Produktion Bedeutung zu. Heimisches Obst und Gemüse haben daran einen kleinen Anteil gegenüber beispielsweise Fleisch, aber sie sind dabei.

Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Artikel teilen:

Und ebenso wurde durch den Bund für Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) die Forderung an die Politik gestellt, der biologischen Erzeugung mehr Agrarmittel zur Verfügung zu stellen.

Brauchen wir in Deutschland wirklich mehr biologisch erzeugte Produkte? Beschränken wir uns auf Gemüse. Hört man sich bei Bio- Gemüseproduzenten aller Anbauverbände und von Vermarktungseinrichtungen um, ergibt sich oft ein etwas anderes Bild. Die These „Bio-Gemüse ist Mangelware“ kann man derart verkürzt nicht stehen lassen. Die unkompliziert nach Bio-Richtlinien zu produzierenden Gemüsearten wie Zwiebeln, Zucchini, Möhren, Salate und Kartoffeln sind in Hülle und Fülle auf dem Markt erhältlich.

Bei Fruchtgemüsearten aus biologischem Anbau in Gewächshäusern wie Tomaten und Gurken besteht tatsächlich ein Mangel. Als sich zum Beispiel die Vermarktungsgemeinschaft Knoblauchsland entschloss, ihr Angebot mit Bio-Fruchtgemüse zu erweitern, fehlte es zunächst an einer ausreichenden Menge. Eine gezielte Anbauplanung zusammen mit den Erzeugerbetrieben trug dazu bei, das Verfügbarkeitsproblem bis zur nächsten Saison zu lösen. Der Vermarkter gab also nicht nur in diesem Fall den Anstoß dazu, dass Betriebe auf Bio- Produktion umstellten, weil er weiß, was gefragt ist und welche Preise zu erzielen sind. Bei der biologischen Erzeugungsweise handelt es sich bei allen Einschränkungen und selbst auferlegtem Verzicht zum Beispiel von chemischen Wirkstoffen, die anderweitig durch Kulturmaßnahmen aufgefangen werden müssen, um das teurere Produktionsverfahren, das einen kostendeckenden Preis verlangt.

Der zu geringe Erlös für Bio-Gemüseprodukte stellt die Erzeuger häufig vor ein Problem. Sehen wohl deutsche Verbraucher, der „Angst-Industrie“ der NGOs unausweichlich ausgesetzt, gerne in Bio- Gemüse die Versicherung größtmöglicher Unbedenklichkeit und höchster Qualität? Erliegen viele dem vielgehörten Begriff der „Bio-Qualität“? Mag alles sein! Spätestens am Point of Sale im Supermarkt und bei Discountern zeigt sich dann, wer im direkten Vergleich konventionell erzeugtes Gemüse kauft und wer sein Geld, auch wesentlich mehr Geld, für das Bio-Produkt ausgibt. Spätestens an diesem Punkt scheiden sich die Geister! In der Direktvermarktung, immer dann, wenn sich Produzent und Konsument im Stammkundenmodus persönlich begegnen, sind sicherlich höhere Preise fürs teurere Bio-Gemüse zu bekommen.

Es ist aber gerade so, dass Anbauer mit Unbehagen beobachten, dass sie für ihr biologisch produziertes Gemüse häufig weniger bekommen als für konventionell angebaute Ware. Da meinte jemand sogar, Bio-Fachmärkte halten sich preislich sehr zurück. Kann das sein? Aus Sicht der Bio-Produzenten sollte sich Bio-Gemüse zwar jeder Verbraucher leisten können, aber am Ende der Kette muss der Erzeuger auch einen entsprechenden monetären Erfolg im Geldbeutel spüren.

Durch „Einmischung“ des Staats, mit Subventionen den Bio-Anbau zu fördern, wird auch unter Bio-Produzenten kritisch gesehen. Denn Subventionen können dazu führen, dass über zu geringe Verkaufserlöse hinweggesehen wird. Das Motto „Zum Leben bleibt ja immer noch die staatliche Zuwendung“ ist betriebswirtschaftlich bedenklich!

Eine subventionierte Umstellung auf Bio- Erzeugung kann zu nicht ausreichend überdachtem Handeln verleiten. Wird in den Medien über 900 Landwirte mit Umstellung auf Bio-Produktion berichtet, steht leider nicht dabei, dass vielleicht 800 von ihnen die erste Entscheidung rückgängig machen. Einig sind sich die Produzenten aller Bio-Anbauverbände: Die höheren Preise gegenüber konventionell produzierter Ware müssen gehalten werden. Gibt der Markt das nicht her, wird häufig Bio-Gemüse als konventionell produziert verkauft. Dies kann schon einmal 30% der gesamten Vermarktungsmenge ausmachen. Denn: Gemüse ist ein verderbliches Produkt. Verkaufsentscheidungen müssen schnell getroffen werden. Das ist kein umfassend zu lösendes Problem!

Mehr zum Thema: