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Kommentar

Der Mindestlohn verändert die Betriebe im deutschen Gemüsebau!

Mindestlohn eingeführt. Gewerkschaften zufriedengestellt. Tarifautonomie beschädigt. Rechtsunsicherheiten geschaffen. Was bleibt da für den deutschen Gemüsebau?

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Das Mindestlohngesetz ist umzusetzen. Dies betrifft nicht nur die Lohnhöhe, sondern auch die aufwendigen Regelungen. Die Dokumentation der Arbeitszeiten bedeutet Mehraufwand. Die Anrechnung von Aufwendungen für Kost und Logis ist praktisch kaum möglich. Daher sind zusätzliche vertragliche Regelungen notwendig. Die Auszahlung des Arbeitsentgelts am Ende der Beschäftigung ist erschwert.

Und wer sich nicht danach richtet, wird zur Verantwortung gezogen. Und das mit aller Härte und vielen neuen Zollbeamten. Denn das Gesetz muss durchgesetzt werden! Die Lohnhöhe wird nicht mehr eigenverantwortlich von den Sozialpartnern in den Bereichen festgelegt, sondern von außen vorgegeben. Alle zwei Jahre wird der Mindestlohn in Deutschland steigen – unaufhörlich. Bei jeder Investition und Kostenkalkulation ist dies zu berücksichtigen. Die Mindestlohnkommission ist Makulatur. Sie hat sich an der allgemeinen Lohnentwicklung auszurichten. Auf einzelne Branchen wird dabei keine Rücksicht genommen. Das braucht man auch nicht. Denn wir sind ja ein Industriestandort und die Lebensmittel „fallen ohne Zutun vom Himmel“. Unternehmen, leb’ mit dem Mindestlohn oder stirb. Das ist leider heute die politische Devise!

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sagt dazu: „Der Mindestlohn treibt niemanden in den Ruin, der ein tragfähiges Geschäftsmodell hat“. Also, wenn der Mindestlohn nicht erwirtschaftet wird, liegt es an dem Geschäftsmodell – und so etwas brauchen wir in Deutschland nicht. Unser Gemüse holen wir uns dann aus anderen Ländern, egal wie dort die Verhältnisse sind. Hauptsache weiße Weste im eigenen Land, oder?

Die Tarifpartner, der Gesamtverband der Deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände, die Arbeitsgemeinschaft der gärtnerischen Arbeitgeberverbände und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt haben auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift eine Übergangsregelung vereinbart, sodass in den nächsten drei Jahren anstatt des gesetzlichen Mindestlohns ein geringerer tariflicher Mindestlohn für alle Unternehmen zwingend gilt. Diese Übergangsregelung war nur in einem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag zu erreichen. Das Erreichen dieser Lösung war ein Kraftakt auf allen Seiten. Gegenüber dem gesetzlichen Mindestlohn errechnet sich bei 300.000 Saison- Arbeitskräften und 400 Arbeitsstunden je Saison-Arbeitskraft ein Lohnkostenvorteil von circa 250 Mio. € über den Zeitraum Anfang 2015 bis Ende 2017. Dies sollte nicht kleingeredet, sondern anerkannt werden.

Es ändert jedoch nichts daran, dass ab 1. Januar 2018 der gesetzliche Mindestlohn auch in der Landwirtschaft und im Gartenbau zur Anwendung kommt. Für die Unternehmen ist es jedoch wesentlich besser, ab 1. Januar 2015 eine Mindestlohnhöhe von 7,20 € (Ost) und 7,40 € (West) zu haben, als direkt 8,50 € zahlen zu müssen. Dies haben viele Betriebe sehr deutlich zum Ausdruck gebracht.

Wie immer gibt es aber auch hier Kritik. Nachdem der niedrigere tarifliche Mindestlohn durch die Tarifvertragsparteien durchgesetzt wurde, war offensichtlich die Lohnhöhe für Einzelne plötzlich nicht mehr so von Bedeutung, sondern andere Bereiche waren wesentlich entscheidender. Für diese Argumentation besteht kein Verständnis.

Die Unternehmen werden sich mit großem Einsatz der Herausforderung Mindestlohn stellen (müssen). Da der Mindestlohn innerhalb Deutschlands für alle Betriebe gleich hoch ist, gibt es auf der Lohnseite auch keine Wettbewerbsverzerrungen mehr, die in der Vergangenheit vermehrt kritisiert wurden. Vielleicht kommt alles ganz anders: Knallharte Auslese bei Saison-Kräften, vermehrter Maschineneinsatz oder Produktionsumstellung, Anbaurückgang nach Aufgabe von Betrieben, Umdenken beim Lebensmitteleinzelhandel und nachhaltige, kostendeckende Einkaufspreisgestaltung. Hoffen und träumen ist erlaubt! Der Mindestlohn wird mittelfristig die Betriebsstrukturen im deutschen Gemüsebau verändern. Doch bis dahin wird die nächste Bundestagswahl schon gelaufen sein.

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