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Gemüsefachverkäufer könnten Werte vermitteln

Mein jüngstes Schlüsselerlebnis eines Verkaufsmorgens an unserem Verkaufstand in der Großmarkthalle München löste bei mir endgültig eine sympathische Mittdreißigerin aus.
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Auf meine Bemerkung, ob sie neu sei im Einkauf, erwiderte sie mir fröhlich und offen: „Ja, ich habe ein Obst- und Gemüsegeschäft übernommen, denn ich möchte noch etwas Anderes erleben als nur als gelernte Zahnarzthelferin tätig zu sein.“
Ich überlegte, was passiert, wenn ich es schaffen könnte ungelernt als Zahnarzthelferin zu arbeiten? Gequälte Patienten, und wenn‘s herauskommt, ein Zahnarzt, dem großer Ärger mit der Ärztekammer bevorsteht! Fazit: ich kann ungelernt als Zahnarzthelferin nicht arbeiten!
Wieso hat die junge sympathische Mittdreißigerin nicht eine Metzgerei oder Bäckerei übernommen? Ganz einfach: Weil ihr dafür die Ausbildung fehlt. Fleisch- und Wurstfachverkäufer/innen und Bäckereifachverkäufer/ innen müssen eine Abschlussprüfung vor der IHK absolvieren.
Ich komme zu der Erkenntnis, dass man zum Führen eines Gemüseladens oder -handels und anderen Varianten keine Ausbildung mit Nachweis für den Gemüseverkauf benötigt und dass man keine Berufsausbildung als Gemüsefachverkäufer/in abschließen kann.
Gemüse und Obst sind Lebensmittel, genauso wie Fleisch, Wurst, Brot und Backwaren? Oder etwa nicht?
Als Gemüsegärtnerin im Dialog mit Kunden auf dem Großmarkt und privat mit Freunden und Bekannten, gewinne ich seit Jahren einen neuen Eindruck.
Ich stelle immer häufiger fest, dass das Wissen über die Produktion und die Herkunft von Gemüse besonders bei unseren Kunden immer spärlicher wird.
Wahrscheinlich tragen Anmerkungen in Frauenmagazinen, Kochsendungen und Kochbücher, redaktionelle Beiträge in Funk und Fernsehen und nicht zuletzt aktuelle Infos in Tageszeitungen dazu bei, dass die Vielfalt von Informationen nicht etwa zu Aufklärung, sondern eher zu einer Reizüberflutung führen. So stelle ich mir bei den vielseitigen Behauptungen in Wort oder Schrift die Frage: Woher stammen die Fachinformationen dieser Autoren?
Haben die Autoren einschlägiger Beiträge etwa noch nie mit einem Nahrungsmittel-Produzenten gesprochen? Vermitteln sie ihre eigene Vorstellung? So kann ein natürliches Vertrauen zum Erzeuger schwinden.
Den Ausbildungsberuf Fachverkäufer/in bei Bäckern und Metzgern als einem von mehreren Handwerken des gesamten Berufsstands „Landwirtschaft“ betrachte ich als ein sehr wichtiges Bindeglied zwischen Erzeuger und Konsument.
In schwierigen Situationen hat der Verkauf immer die Möglichkeit, mit fundiertem Fachwissen Kunden aufzuklären. Diese haben häufig Fragen, die nicht immer durch die Etikettierung des Produkts beantwortet werden können.
Wenn es stimmt, dass sich immer mehr Verbraucher fleischlos ernähren, und Lebensmittelunverträglichkeiten zunehmen, könnte der Beruf des/ der Obst- und Gemüseverkäufer/in noch wichtiger werden.
Im Alltag sind die Einfahrtsgenehmigungen zu den Obst- und Gemüsegroßmärkten der Händler nicht an einen Sachkundenachweis gebunden.
Kennen wir nicht alle die Situation, dass uns der Obst-und Gemüsekaufmann mit seiner Einkaufsliste konfrontiert, bei der es nicht um gute, wohlwollende Konzepte, sondern um den günstigsten Einkaufspreis geht?
Wir Gemüseproduzenten haben beste, fundierte Berufsausbildungen, sind verpflichtet, regelmäßig Sachkundenachweise zum Beispiel im Pflanzenschutzes zu erbringen, können uns nach der Ausbildung durch unseren Verband weiterbilden und müssen Zertifizierungen nachweisen, die oft noch von branchenfremden Auditoren abgenommen werden.
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