Ernährungswende braucht mehr regionalen Gemüseanbau
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Die regionalen Gemüseanbaubetriebe sind für die Agar- und Ernährungswende fundamental. Doch immer mehr Betriebe geben auf. Klimakrise, Energiekrise, Inflation und unfaire Wettbewerbsbedingungen machen ihnen das Leben schwer. Wir müssen den Gemüseanbau jetzt besser unterstützen und fit für die Klimakrise machen. Klar ist, wir brauchen eine ganzheitliche Agrar- und Ernährungswende, die wieder mehr saisonales, regional und nachhaltig produziertes Gemüse auf den Teller bringt. Der aktuelle Selbstversorgungsgrad bei Gemüse lag 2021/22 laut Statista lediglich bei 38?%.
Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 3,8 Millionen Tonnen Gemüse und damit 12?% weniger als 2021 geerntet. Und auch die Anbauflächen gingen um 4?% auf gut 126.400?ha zurück. Das ist seit 2016 der niedrigste Stand. Die deutschen Gemüsebetriebe kämpfen zunehmend ums Überleben.
Gerade die Klimakrise mit Hitzestress, Stark-regenereignissen und Wassermangel setzt dem Gemüseanbau zunehmend zu. Zudem machen die wegen des Angriffskrieges steigenden Energiekosten, Mindestlohn, Inflation und die oft mit Niedriglöhnen und geringeren Standards produzierten Gemüseprodukte aus dem Ausland den Betrieben das Überleben schwer. So unterstütze ich es auch, dass der Mindestlohn durch die Mindestlohnkommission gerade nur moderat erhöht wurde. Das schafft vielen Betrieben etwas Luft in diesen schwierigen Zeiten. Fakt ist aber auch, dass der Gemüseanbau bisher sowohl im Koalitionsvertrag der Ampel als auch im BMEL eher ein Nischen-Dasein fristet. Wenn wir den Umbau der Tierhaltung mit einer Milliarde Euro unterstützen, müssen wir in der Ernährungswende nicht minder den eigentlich viel wichtigeren Obst- und Gemüseanbau fördern.
Der Gemüseanbau braucht sowohl im BMEL wie auch innerhalb des Bauernverbandes einen höheren Stellenwert. Und unabhängig davon, ob bio oder konventionell: wir brauchen gemeinsame Netzwerke, Bündnisse, Kampagnen und eine klare Strategie für den Anbau in Deutschland. Dafür setze ich mich ein. Aber auch in der Wissenschaft müssen wir die Bedeutung des Gemüseanbaus stärken. Derzeit gibt es bei den öffentlich finanzierten Forschungseinrichtungen viel zu wenige Professuren, die ausschließlich diese Fachgebiete lehren. Nicht zuletzt brauchen wir beim Handel ein klareres Bekenntnis zum deutschen Gemüseanbau sowie eine Herkunftskennzeichnung auch für verarbeitete Produkte. Denn spätestens nach den letzten dramatischen Winterdürren in Spanien, Italien und Frankreich wissen wir, dass der massenhafte Import von Billig-Produkten aus wasserarmen Regionen nicht weiter zu vertreten ist.
Prioritär ist, dass wir die Gemüsebetriebe jetzt massiv darin unterstützen, sich effizienter und resilienter aufzustellen, damit sie der Klimakrise und dem Marktdruck trotzen können. Effiziente Energie- und Bewässerungsverfahren, spezielle Geräte und Maschinen für nachhaltige Anbauverfahren sowie Entwicklungen im Bereich KI-Robotik müssen wir voranbringen. Erste Maßnahmen dazu wurden von uns auf den Weg gebracht. So sollen demnächst spezielle Arbeitsgeräte zur bodenschonenden Bodenbearbeitung im Gemüsebau über das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz gefördert werden. Zudem setze ich mich für ein Förderprogramm Wassereffizienz ähnlich des Bundesprogramms Energieeffizienz ein.
Die Diskussionen um die SUR (Sustainable Use Regulation) verunsichern derzeit viele Gemüsebetriebe, und die Folgeabschätzungen zeigen auch, dass sie besonders betroffen wären. Für uns ist klar, wir brauchen Regelungen, die auch für Sonderkulturen tragfähig sind. So äußerte sich bereits Minister Cem Özdemir. Wichtig ist, dass es EU-weite einheitliche Regeln für den Pflanzenschutz gibt, die dann für gleiche Wettbewerbsbedingungen sorgen. Dafür muss der Entwurf aber noch nachgebessert werden. So fordern wir, dass die Landschaftsschutzgebiete aus der Gruppe der sensiblen Gebiete vollständig rausgenommen werden. Zudem muss stärker berücksichtigt werden, dass wir in Deutschland bereits viel getan haben. Und Minderungsziele sollten bei speziellen Kulturen erst dann gelten, wenn gute Alternativen verfügbar sind.
Einen großen Hebel zur Stärkung des Gemüseanbaus sehe ich in einer besseren Regionalvermarktung mit klaren Regionalkriterien, zum Beispiel über die Gemüsegroßmärkte für die regionale Versorgung von Fachgeschäften oder Gastronomie. Perspektivisch könnten auch mehr regional verarbeitete Produkte mit Regionalkennzeichen gelabelt sein, z.?B. gefrostetes Gemüse. Dazu brauchen wir mehr Klarheit für regionale Produkte. Wer mit Begriffen wie „regional“, „aus der Region“ oder „von Hier“ wirbt, der muss auch die Region klar benennen.
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