Die Technik diktiert – Spargel holt auf
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Es ist schon erstaunlich, wenn sich ein Redakteur einer großen Tageszeitung wie die Frankfurter Allgemeine (FAZ) mit der Mechanisierung der Spargelernte befasst. Selbst automatisierte Sortieranlagen weckten das Interesse des Reporters. Auf einer ganzen Seite im Teil „Technik & Motor“ der Ausgabe Nr. 121 vom Dienstag, dem 27. Mai 2008, wird der Erntevorgang in Wort und Bild fachlich einwandfrei beschrieben.
- Die Ernte wird mit 80 bis 90% des gesamten für die Spargelproduktion notwendigen Arbeitszeitbedarfs pro Hektar belastet. Dennoch gab es bisher keine befriedigende technische Lösung für die Mechanisierung der Spargelernte. Schon 1966 erkannten die Amerikaner, dass es Schwierigkeiten bereitet, die durchstoßende Spargelstange im Damm zu erkennen. Sie umgingen das Problem, indem einfach der gesamte im Damm vorhandene Pflanzenaufwuchs mit einem Messerbalken abgeschnitten, die komplette Erdmenge aufgenommen, die Stangen ausgesiebt und der Damm wieder neu geformt wurde. Die durch diese Arbeitsweise auftretenden Verluste braucht man einem Fachmann nicht näher zu erläutern. Man hat diese Idee wieder fallen lassen und ist in den USA, um Erntekosten zu sparen, zum Anbau von Grünspargel übergegangen.
- In der Bundesrepublik wurde Anfang des Jahrtausends diese Idee wieder aufgegriffen, aber, wie zu erwarten, mit geringem Erfolg. Um in den Boden hineinzuschauen, kann man, wie in der Archäologie, Ultraschallgeräte nutzen, um Veränderungen in der Bodenstruktur zu erkennen. Die Bilder sind aber derart schwammig und durch andere festere Substanzen wie Steine gestört, so dass eine vernünftige selektive Ernte kaum möglich sein dürfte.
- Laut FAZ-Beitrag hat nun die Firma ai-solution, ein Erntegerät mit einem ganz anderen Arbeitsprinzip entwickelt. Die Spargelstangen müssen für den Einsatz des neuen Erntegeräts „Spargel- panther“ wenige Zentimeter aus dem Damm herauswachsen. Dann hilft ein Laserpointer beim präzisen Zielen. Entweder betätigt der Fahrer einen Joystick, um die Ernteeinheit zur Spargelstange zu bewegen, oder die Ernteeinheit wird durch die Kamera automatisch zur Spargelstange hingeführt. Dann sticht ein breites U-Profil aus Metall parallel zur Stange in den Boden. Aus diesem Profil fährt eine Klinge aus und schneidet den Spargel ab. Auch der Hessische Rundfunk brachte am 21. Juni 2008 in einem Fernsehprogramm eine etwa 10-minütige Reportage, die recht überzeugend war. Auch in Gemüse Nr. 6/2008 wurden fachliche Details zu dieser Maschine veröffentlicht. Was sich alles so einfach anhört, wird jedoch gewisse Änderungen in der Anbaumethodik bei Spargel erfordern.
- Der Einsatz von schwarz/weißer Folie bei der Spargelproduktion wird ein „Muss“, damit die Stangen ohne zu verfärben durchwachsen können. Das automatische Hochheben und wieder Aufdecken oder das Wenden der Folien ist technisch kein Problem.
- Da bekanntlich die Temperaturen auch unter der Bedeckung ansteigen können und sie dann zu entfernen ist, und andererseits durchgetriebene Stangen für das Anvisieren unbedingt notwendig sind, dürfen die Spargelstangen sich möglichst spät verfärben. Deshalb muss die Züchtung auf dieses Merkmal ausgerichtet werden. Andere Sorten, die zwar dicke Stangen bilden und damit hohe Erträge garantieren, aber unansehnlich aufblühen, sind für dieses Verfahren ungeeignet.
- Der Spargeldamm sollte kastenförmig mit einer flachen glatten Oberfläche angelegt sein, um das Anvisieren der durchgewachsenen Spargelstange zu erleichtern. Früher gab es im Burgdorfer Anbaugebiet Dammformer mit zwei Scharen und einem waagerechten Glätter, die diesen Forderungen am besten entsprechen würden. Halbrunde Dämme sind sicher weniger brauchbar.
- Um Fehlmeldungen der Digitalkameras an die Steuerungseinheiten des Spargelpanthers zu vermeiden, ist Unkrautfreiheit eine wichtige Voraussetzung für den Einsatz dieser neuen Erntetechnik.
- Steine im Boden schädigen die Stecheinrichtung der Erntemaschine. Derartige Böden sind ungeeignet, soll das Gerät erfolgreich eingesetzt werden. Bei Böden mit Staunässe wird man Erfahrungen sammeln müssen, wie das Erntegerät mit einer hohen Bodenfeuchte fertig wird.
- Man darf gespannt sein, ob sich dieses bemerkenswerte Erntegerät, für das der Praktiker einen Preis bis zu 180.000 € zu zahlen hat, durchsetzen wird. Bei den Vorführungen wurde von einer Einsparung von vier bis sechs Arbeitskräften gesprochen. Das dürfte bei den genannten Anschaffungskosten etwas zu wenig sein. Die technische Idee ist aber weiter zu verfolgen.
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