Vertragliche Beziehungen sollten für beide Seiten ausgewogen sein
Verträge sind für beide Parteien erfolgreich, wenn beide Seiten für sich feststellen, dass der Vertrag ausgewogen ist. 2016 haben zwei bedeutende Ökonomen, der Brite Hart und der Finne Holmström, beide Vertragstheoretiker, den Wirtschaftsnobelpreis erhalten. Ihre Forschungen beziehen sich auf die für zwei Partner erfolgreiche Vertragsgestaltung
- Veröffentlicht am
Vor allem beziehen sie sich auf die Frage, wie Manager von Unternehmen entlohnt werden können und mit Erfolg für das Unternehmen arbeiten oder wie Versicherungsverträge gestaltet sein sollten, sodass Versicherungsnehmer gut versichert sind, ohne an einer Schädigung der Versicherer interessiert zu sein. Dies gilt es ebenso für viele Vertragsbeziehungen, die landwirtschaftliche Unternehmer eingehen, stets neu zu prüfen.
Aktuell lässt sich dies am Verhältnis zwischen Gartenbauunternehmer, Vermarktung und Einzelhandel auf der einen sowie Endverbraucher auf der anderen Seite besonders gut festmachen. Dieses Verhältnis ist nicht für alle Beteiligten als ausgewogen zu bezeichnen.
Zu lange schon sind die Preise für die Urproduktion nicht mehr in einem wirtschaftlichen Gleichgewicht im Verhältnis zum Handel zu sehen. Die Preise für landwirtschaftliche Lebensmittel sind viel zu niedrig. Kaum ein Wirtschaftszweig ist so rückläufig wie dieser Sektor. Sicherlich gibt es interessante neue Geschäftsmodelle, bei denen einzelne, meist Großbetriebe, mit den Handelsriesen ausgewogene Verträge schließen, die wirtschaftlich für beide Seiten interessant sind und auch eine gleichmäßige Risikogewichtung beinhalten. Das Sterben vieler kleiner und mittelständischenr Gartenbaubetriebe zeigt aber, dass das Verhältnis Gartenbau und Handel nicht mehr im Gleichgewicht ist. Auch das Verhältnis Gartenbau und öffentliche Hand stellt keine Vertragsbeziehung auf Augenhöhe dar. Die Lasten einzuhaltender Vorschriften, ob nun im Pflanzen- oder im Arbeitsschutz, sind ungleich verteilt. Staatlichen Institutionen, die über viele Abteilungen verfügen, stehen landwirtschaftlichen Unternehmern gegenüber, denen es finanziell nicht möglich ist, Juristen, Steuerberater, Biologen und sonstige Fachleute in ähnlichem Maße zu beschäftigen.
Erzeugergenossenschaften haben nicht dazu geführt, dass der Gartenbau zukunftsfähig geworden wäre. Diese Organisationen – für den einzelnen Gartenbauunternehmer – nur schwer durchschaubar, verfügen vielfach über eine große Personaldecke. Die damit verbundenen Lasten tragen die Unternehmer, die durch das Genossenschaftsrecht als Einzelne keine Einflussmöglichkeit auf die Geschäftspolitik dieser Vermarktungseinrichtungen haben. Diese Organisationen werden dann wieder durch die Raiffeisenverbände geprüft. Auch dabei entstehen erhebliche Kosten. Längst ist auch diese Beziehung nicht mehr ausgewogen. Andere Vermarktungsformen sollten jetzt überdacht und im Einzelfall umgesetzt werden. Denn für den Gartenbauunternehmer sollte es möglich sein, auch im Verhältnis zu seiner Vermarktungsorganisation in ein Gleichgewicht gelangen zu können. Nur so ließe sich erreichen, dass auch die vertragliche Beziehung zu den Handelsriesen in die Waage kommen würde.
Wenn das nicht ausgewogene Vertragsverhältnis zwischen Gartenbau, Erzeugergemeinschaften und Handel fortbesteht, wird es ein weiteres Sterben von Gartenbauunternehmen geben. Schon heute gibt es kaum noch junge Menschen, die selbstständige Gartenbauunternehmer werden möchten.
Auch das Vertragsverhältnis Gartenbau und Endverbraucher, das meist kein direktes ist, da der Handel dazwischensteht, muss sich ändern. Tatsächlich ist es ein Missverhältnis, das zwischen Gartenbau und Endkunde besteht. Letzterer freut sich über nach wie vor sehr günstige Lebensmittelpreise. Im Vergleich zum restlichen Europa konsumieren Deutsche, schlichtweg billiges Gemüse. Die wenigsten Verbraucher realisieren, welch hoher Aufwand für die Produktion gesunden Frischgemüses in Deutschland erforderlich ist. Die Kunden haben keine Kenntnisse über die fachlichen Kompetenzen der Produzenten, die hohen Ansprüche an die Qualitätssicherung und den allgegenwärtigen Preiskampf.
Dieses Verhältnis ist deshalb gestört, weil es keine Werbung gibt für die Qualität deutschen Gemüses. Die Werbemaßnahmen der Discounter für Kopfsalat zu 29 Cent oder Gurken für 20 Cent können dagegen nicht ernsthaft als Werbung bezeichnet werden, da sie nur auf den Preis, nicht auf die Qualität zielen.
Im Sinn der Vertragstheorie fehlt es dem deutschen Gartenbau in Bezug auf seine Vertragspartner an ausgewogenen vertraglichen Verhältnissen. Der einzelne Unternehmer ist deshalb gefordert, für ein Gleichgewicht zu kämpfen. Dafür bedarf es Mut und Ausdauer. Einzelne haben es vorgemacht. Daran sollten sich andere messen.
Barrierefreiheit Menü
Hier können Sie Ihre Einstellungen anpassen:
Schriftgröße
Kontrast