Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Thrips-Bekämpfung bei Porree

Steinkraut und Raubwanzen im Praxistest

Der Zwiebel- oder Porree-Thrips (Thrips tabaci) gehört seit jeher zu den hartnäckigsten Schädlingen im Porreeanbau. Einige Anbauer versuchen sich in ersten biologischen Bekämpfungsmethoden.

von Heike Scholz-Döbelin erschienen am 18.12.2025
Blühstreifen mit Steinkraut über die ganze Länge des Porreefeldes dienen als „ökologische Tankstelle“ für Nützlinge. © Heike Scholz-Döbelin
Artikel teilen:

Saugschäden von Thripsen führen zu silbrig-weißen Verfärbungen auf den Blättern, die den Porree schnell unverkäuflich machen. Gleichzeitig spitzt sich die Situation beim chemischen Pflanzenschutz weiter zu: Die Zahl der zugelassenen Wirkstoffe sinkt und Betriebe berichten zunehmend von verminderter Wirkung. Diese Ausgangslage hat einige Porreeanbauer dazu ermutigt, neue Wege auszuprobieren– insbesondere biologische Verfahren, die auf Nützlingsförderung setzen. Ein Ansatz, der sich dabei als besonders vielversprechend herauskristallisiert, ist die Kombination aus Blühstreifen von Steinkraut (Lobularia maritima) und der gezielten oder natürlichen Ansiedelung von Raubwanzen und anderen Gegenspielern. Die folgenden Praxisbeispiele zeigen, welches Potenzial diese Methode besitzt, aber auch, welche Herausforderungen zu beachten sind.

Auf einen Blick Erfahrungen aus den Praxisversuchen
  • Steinkraut-Blühstreifen bieten einen effektiven Lebensraum für Orius-Raubwanzen und räuberische Thripse, welche entscheidend zur Thripsbekämpfung in Porree beitragen können.
  • Pyrethroide behindern den Aufbau natürlicher Gegenspieler erheblich.
  • Starker Zuflug aus Nachbarkulturen kann chemische Strategien überfordern.
  • Die Kombi aus Lobularia, Nützlingen und einer nützlingsschonenden Pflanzenschutz-Strategie kann den Befallsdruck abfedern und mehr Ertragssicherheit bringen.

Lobularia als Nützlingsmagnet

Mehrere Porreebetriebe am Niederrhein und in Westfalen haben über die vergangenen zwei Jahre hinweg Praxisversuche durchgeführt. Kernstück ist Steinkraut, das als zugekaufte Jungpflanze streifenweise über die gesamte Feldlänge des Porreebestandes gepflanzt wurde, meist in den Fahrgassen in zwei Reihen. Die Reihenabstände entsprechen der Spritzbreite, also knapp 30 m, sodass die Blühpflanzen als durchgängige „Nützlingslinien“ fungieren können. Lobularia, auch Alyssum genannt und häufig als Beet- und Balkonpflanze verwendet, ist ein Dauerblüher mit hohem Nektar- und Pollengehalt, der eine Vielzahl nützlicher Insekten anzieht und ihnen eine stabile Nahrungsgrundlage bietet. Dadurch schafft Lobularia eine Art ökologische Tankstelle. Hiervon profitieren im Porreefeld vor allem Raubwanzen der Gattung Orius. Sie können sich auf dem Steinkraut etablieren und anschließend in die Porreekultur einwandern, um dort aktiv Thripse zu erbeuten.

Eine erwachsene 
<i>Orius</i>
-Raubwanze frisst eine Thrips-Larve.
Eine erwachsene Orius -Raubwanze frisst eine Thrips-Larve. © stock.adobe.com/Tomasz

Diese polyphagen Raubwanzenarten, wie Orius majusculus, gehören zu den Blumenwanzen und werden im Fruchtgemüseanbau im Gewächshaus vor allem bei Paprika häufig gegen Thripse eingesetzt. Neu ist jedoch ihr gezielter Einsatz in Freilandkulturen wie Porree. Zum Blühbeginn der Lobularia wurden die Raubwanzen in mehreren Betrieben aktiv ausgebracht. Orius majusculus, also „Orius der Große“ kann bei allen gängigen Nützlingsunternehmen bestellt werden. Die Raubwanzen sind leicht zu erkennen, ältere Larven und Erwachsene sind braun gefärbt und bis 2 mm groß, die jungen Stadien orange.

Lobularia schafft eine Art ökologische Tankstelle Heike Scholz-Döbelin

Die Beobachtungen waren bemerkenswert: In einigen Fällen konnte vollständig auf den Einsatz von Insektiziden verzichtet werden, in anderen sank der Behandlungsbedarf deutlich. Gleichzeitig blieb die Thrips-Population über die Saison hinweg auf einem niedrigen, tolerierbaren Niveau, ohne die typischen Befallsspitzen nach oben.

Die Saugschäden von Thripsen führen zu silbrigen Verfärbungen.
Die Saugschäden von Thripsen führen zu silbrigen Verfärbungen. © Heike Scholz-Döbelin

Interessant war jedoch, dass nicht in allen Betrieben Raubwanzen auf den Blühstreifen ausgebracht wurden. Einige verzichteten bewusst darauf, um zu testen, wie stark sich Orius von selbst ansiedelt oder einfach aus Kostengründen. Tatsächlich zeigte sich auf diesen Feldern, dass die bei uns heimischen Raubwanzen natürlicherweise einwandern, sofern die Bedingungen stimmen. Die Lobularia-Streifen wurden schnell besiedelt und die natürliche Nützlingspopulation konnte in mehreren Fällen sogar mit den zugekauften Artgenossen mithalten. Somit lässt es sich nach diesen ersten Erfahrungen schwer beurteilen, welchen Zusatznutzen ein gezielter Einsatz von Orius bringt, zeigt aber umso mehr, welches Potenzial allein die Bereitstellung geeigneter Lebensräume besitzt.

Unterstützung durch den räuberischen Zebrathrips

Neben den Raubwanzen spielt ein zweiter heimischer Nützling im Porree eine wichtige Rolle: der räuberische Thrips Aeolothrips intermedius. Bisher ist er in der Praxis weniger bekannt, aber weit verbreitet und ausgesprochen wirkungsvoll. Die erwachsenen Tiere sind knapp doppelt so groß wie der schädliche Zwiebelthrips und besitzen eine gut erkennbare schwarz-weiße, „zebra-ähnliche“ Flügelbänderung. Der nützliche Thrips lässt sich also vom schädlichen leicht unterscheiden, spätestens unter der Zehnfachlupe ist die Diagnose eindeutig. Dieser räuberische Thrips frisst große Mengen an Schad-Thripsen, aber auch anderes wie Läuse oder Wanzenlarven und kann sich auch von Pollen ernähren. Leider kann man ihn noch nicht als Nützling kaufen, denn er stellt eine effektive Ergänzung zu den Raubwanzen dar.

Auf mehreren Feldern hat sich Aeolothrips von alleine angesiedelt, sofern auf nützlingsschädigende Pflanzenschutzmaßnahmen verzichtet wurde. Damit bildet er zusammen mit Orius und den Lobularia-Streifen ein Trio, das die Thripsbekämpfung spürbar stabilisieren kann.

Pyrethroide als Störfaktor

Auf einigen Porreeflächen wurde lediglich die Spritzstrategie verändert: Aus der bisher üblichen Spritzfolge wurden sämtliche Pyrethroide (zum Beispiel Karate Zeon) gestrichen. Pyrethroide sind bekannt für ihre hohe direkte Nützlingsschädigung sowie einen ausgeprägten Repellenteffekt. Das bedeutet, die Nützlinge meiden diese Felder über viele Wochen. Gerade der Frühsommer ist aber eine entscheidende Phase, in der sich natürliche Gegenspieler erst aufbauen müssen.

Ohne Pyrethroide wurde die Thripsbekämpfung deutlich stabiler und der Behandlungsaufwand sank sichtbar, räuberische Thripse hatten sich sogar ohne Lobularia angesiedelt. Dies unterstreicht, wie wichtig nützlingsschonende Pflanzenschutzstrategien für einen erfolgreichen alternativen Bekämpfungsansatz sind. Andernfalls wird die biologische Kontrolle immer wieder ausgebremst.

Wenn Chemie nicht gegen Zuflug ankommt

In einem weiteren Fall pachtete ein Porree-Anbauer gezielt Flächen in einer Region, in der bisher keine Thripsprobleme aufgetreten waren. Als sich jedoch ein stärkerer Befallsdruck abzeichnete, setzte er auf ein engmaschiges Spritzprogramm mit folgender Abfolge: Spintor – Spintor – Karate, im wöchentlichen Wechsel. Trotz dieses intensiven Behandlungsprogramms stieg die Thrips-Population massiv an. Der Porree war aufgrund der starken Saugschäden nicht mehr vermarktbar. Die Flächen waren umgeben von Zwiebel- und Maisfeldern. Zumindest die Zwiebeln sind ein idealer Ausgangspunkt für massiven Zuflug von Thrips tabaci; und das gekoppelt mit trockener, vermehrungsfreundlicher Thrips-Witterung. Chemische Maßnahmen allein konnten diesen Zustrom nicht kontrollieren.

Pyrethroide beeinträchtigen die Etablierung von Nützlingen Heike Scholz-Döbelin

Zur Abklärung wurde der Verdacht auf eine mögliche Resistenz gegenüber Spintor untersucht. Dafür wurden rund 2.000 Thripse aus dem befallenen Bestand zur Analyse eingeschickt. Das Ergebnis war eindeutig: Eine Resistenz lag nicht vor. Spintor wirkte im Labortest einwandfrei. Damit war klar, dass nicht das Mittel versagte, sondern Schuld waren die Umstände. Dieser Fall zeigt sehr deutlich, dass chemische Strategien allein an ihre Grenzen stoßen können, insbesondere dort, wo starker Zuflug den Befallsdruck permanent verschärft und zusätzlich der Aufbau einer Nützlingspopulation durch die Spritzstrategie unterbunden wird. Nächstes Jahr möchte der Anbauer in dieser Region mit Steinkraut-Streifen und Orius arbeiten.

Herausforderung: Unkrautdruck auf Lobularia

Trotz der guten Ergebnisse zeigten die Praxisversuche auch, dass der Erfolg dieser Methode stark davon abhängt, ob die Lobularia-Streifen sich gut etablieren können. In einem Fall war der Unkrautdruck auf einzelnen Teilflächen so hoch – vor allem durch Melde, Brennnesseln und Franzosenkraut –, dass das Steinkraut regelrecht überwachsen wurde. Hier konnten sich weder Lobularia noch Raubwanzen ausreichend entwickeln. Ein Landwirt hatte bereits mit Lobularia-verträglichem Herbizideinsatz experimentiert. Für die Praxis bedeutet das, wer Lobularia in die Thripsstrategie integrieren möchte, sollte bereits bei der Standortwahl und der Unkrautregulierung besonders aufmerksam sein. Nur ein vitaler, gut entwickelter Blühstreifen kann die gewünschten Nützlingspopulationen dauerhaft hervorbringen.

Die zahlreichen Blüten von 
<i>Lobularia </i>
locken Nützlinge an und sorgen mit ihrem wertvollen Pollen und Nektar für deren Vermehrung.
Die zahlreichen Blüten von Lobularia locken Nützlinge an und sorgen mit ihrem wertvollen Pollen und Nektar für deren Vermehrung. © Heike Scholz-Döbelin

Mehr biologische Strategien geplant

Einige der beteiligten Betriebe haben bereits angekündigt, in diesem Jahr stärker auf Lobularia-Streifen zu setzen, auch auf Flächen, auf denen chemische Maßnahmen nur zu mäßigem Erfolg geführt hatten. Doch gerade in warmen, trockenen Sommern mit hohem Thripsdruck sollte weiter Erfahrung gesammelt werden. Es zeichnet sich ab, dass eine früh aufgebaute, stabile Nützlingspopulation den Zuflug besser abfedert und insgesamt eine robustere Bekämpfung ermöglicht als rein chemische Strategien. Die bisherigen Erfahrungen sprechen dafür, dass dieser Weg großes Potenzial hat, insbesondere wenn gleichzeitig auf nützlingsschonende Pflanzenschutz-Strategien geachtet wird.

Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen deutlich, dass biologische Verfahren im Porreeanbau nicht nur möglich, sondern unter den richtigen Bedingungen hochwirksam sein können. Steinkraut-Streifen fördern Raubwanzen und räuberische Thripsarten, die zusammen ein stabiles Gegenspielersystem aufbauen. Chemische Strategien allein stoßen dagegen schnell an ihre Grenzen, besonders bei starkem Zuflug oder bei wiederholtem Einsatz von Pyrethroiden. Die Kombination aus Nützlingsförderung und gegebenenfalls dem aktiven Einsatz von Orius-Raubwanzen, angepasstem chemischen Pflanzenschutz und einem wachsamen Blick auf die regionale Befallsentwicklung bietet eine vielversprechende Perspektive für ein effektives und nachhaltiges Thrips-Management im Porreeanbau.

Autor:in
Heike Scholz-Döbelin
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Pflanzenschutzdienst heike.scholz-doebelin@lwk.nrw.de
0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren