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Pflanzenschutz

Da ist der Wurm drin

Pflanzenschutz ohne Pestizide - vor allem in der ökologischen Landwirtschaft ein Thema. Botenstoffe mikroskopisch kleiner Fadenwürmer im Boden könnten zukünftig helfen, diesen Wunsch zu erfüllen. Bereits 2015 hatten Forscher die pflanzenschützende Wirkung eines Wurm-Pheromons für Tomaten-, Kartoffel- und Gerstenpflanzen belegt. Nun wurde die Liste um die vier weltweit wichtigsten Nutzpflanzen erweitert. 

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Sojapflanzen wurden mit einem Oomyceten-Erreger infiziert. Die rechte Pflanze wurde mit ascr#18 behandelt, die linke nicht.
Sojapflanzen wurden mit einem Oomyceten-Erreger infiziert. Die rechte Pflanze wurde mit ascr#18 behandelt, die linke nicht.Aardra Kachroo/University of Kentucky
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Bei Schädlingsbefall haben Landwirte grundsätzlich zwei Möglichkeiten, Ertragsverluste geringzuhalten: Entweder setzen sie Pestizide ein oder sie stärken das Immunsystem ihrer Pflanzen so, dass diese selbst mit dem Eindringling fertig werden. 

Bereits 2015 hatten internationale Wissenschaftler Versuche mit einem Pheromon von Wurzel-Knoten-Nematoden durchgeführt. Dabei wiesen sie die schützende Wirkung des Pheromons gegen unterschiedliche Bakterien, Viren und Cellulosepilze nach. Der verwendete Botenstoff ascr#18 erhöhte die Resistenz der Modellpflanze Arabidopsis sowie von Tomaten-, Kartoffel- und Gerstenpflanzen. ascr#18 gehört zur Ascarosid-Familie der Pheromone und wird von vielen bodenbewohnenden Nematodenarten produziert und dient eigentlich zur chemischen Kommunikation zwischen Tieren.

Nematoden-Pheromone stärken das pflanzliche Immunsystem

Die molekulare Wirkweise, wie ascr#18 das Immunsystem der Pflanze beeinflusst, ist bislang noch nicht erforscht. Studienleiter Frank Schroeder vom Boyce Thompson Institute in Ithaca (USA) vermutet: „Pflanzenwurzeln sind ständig Fadenwürmern im Boden ausgesetzt. Daher ist es sinnvoll für die Pflanzen, solche Schädlinge erkennen zu können und ihr Immunsystem in Erwartung eines Angriffs zu stärken.“

Um die Reichweite der Wirksamkeit von ascr#18 zu untersuchen, wurden nun Studien an den weltweit wichtigsten Nutzpflanzen durchgeführt. Die Forscher behandelten Sojabohnen (Glycine max), Reis (Oryza sativa), Weizen (Triticum aestivum) und Mais (Zea mays) mit geringen Mengen an ascr#18 und infizierten die Pflanzen danach mit potentiell schädlichen Viren, Bakterien,oder Pilzen. Bei den Untersuchungen zeigten sich die mit ascr#18 behandelten Pflanzen deutlich resistenter gegen die Erreger als die unbehandelten Pflanzen.

Da Ascaroside das Immunsystem der Pflanzen stärken, anstatt Schädlinge und Krankheitserreger direkt abzutöten, zählen sie nicht zu den chemischen Pestiziden. „Ascaroside sind Naturstoffe, die für Pflanzen, Tiere, Menschen und die Umwelt sicher zu sein scheinen“, sagt der Erstautor der Studie, Daniel Klessig. „Ich glaube, sie könnten Pflanzen umweltfreundlicher als Pestizide vor Schädlingen und Krankheitserregern schützen.“

Wirkung ist von Pflanzenart abhängig

Die Pheromone schützen bereits in sehr geringen Konzentrationen. Interessanterweise scheint die wirksamste Konzentration von der Pflanzenart und nicht vom Erreger abhängig zu sein. Es wird angenommen, dass dies mit den möglichen Andockstellen für ascr#18 an den Pflanzenzellen zusammenhängt, da verschiedene Pflanzenarten unterschiedlich große Mengen solcher Rezeptoren exprimieren. Die Rezeptoren an sich können außerdem unterschiedliche Affinitäten für Ascaroside aufweisen.

Die Wissenschaftler mutmaßen, dass sich mithilfe von ascr#18 die Ernteausfälle aller wichtigen Nutzpflanzen der Erde vermindern ließen und so der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmittel deutlich verringert werden könnte.

Reis ist beispielsweise das wichtigste Grundnahrungsmittel für fast die Hälfte der Weltbevölkerung. In den Versuchen der Forschergruppe bot ascr#18 Schutz vor Xanthomonas oryzae, einem Bakterium, das in asiatischen Ländern Ertragsausfälle von 10 bis 50 Prozent verursacht.

Weizen liegt dicht hinter Reis auf der Liste der weltweit wichtigsten Nutzpflanzen. Die Forscher zeigten die Schutzwirkung von ascr#18 gegenüber dem Pilz Zymoseptoria tritici. Er ruft eine der schwersten Blattkrankheiten der Pflanze hervor.

Mais ist vor allem in Nord- und Südamerika weit verbreitet und wird als Lebensmittel, Tierfutter und für die Herstellung von Bioethanol genutzt. Maispflanzen wurden nach der Behandlung mit ascr#18 deutlich resistenter gegen Cochliobolus heterostrophus, einem Pilzerreger, der die Südliche Maisblattfäule verursacht.

Soja ist eine wichtige eiweiß- und ölreiche Samenpflanze, die in großen Mengen in der Tierfutterindustrie verwendet wird. Gleichzeitig dient sie in vielen Teilen der Erde auch als Grundnahrungsquelle für den Menschen. ascr#18 schützte Soja zumindest unter Laborbedingungen vor Phytophthora sojae, einem Oomyceten, der infizierte Pflanzen innerhalb weniger Tage abtöten kann. Außerdem zeigten die Pflanzen eine verbesserte Abwehr gegen das Sojamosaik-Virus sowie den bakteriellen Erreger Pseudomonas syringae.

Die Forscher arbeiten nun daran, die molekularen Mechanismen zu bestimmen, wie Ascaroside das Immunsystem der Pflanze stärken. Ihre Entdeckungen werden bereits von einem Start-up-Unternehmen unter dem Namen PhytalixTM vermarktet.

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