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Interview mit Stefan Dunger, Wasserverband Knoblauchsland, und Christian Zeh, Paessler AG

„Wasser ist ein echtes Thema!“

Zunehmende Trockenheit und Dürren während der Anbausaison machen den Gemüsebaubetrieben immer mehr zu schaffen. Im Knoblauchsland hat man schon früh erkannt, dass eine Bündelung von Kräften in diesem Bereich große Vorteile haben kann.

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1960 wurde daher ein Wasserverband gegründet, über welchen die Wasserversorgung der Betriebe seitdem läuft. Um die Bewässerung an die heutigen Anforderungen anzupassen, haben der Wasserverband Knoblauchsland und die Paessler AG nun ein Pilotprojekt ins Leben gerufen, das sich auf die automatisierte und effiziente Bewässerung der Gemüsefelder im Knoblauchsland fokussiert. 2022 erhielten sie dafür den Umweltpreis der Stadt Nürnberg. Wie das Projekt und die Technik dahinter genau aussehen, haben uns Stefan Dunger, Betriebswart des Wasserverbands Knoblauchsland, und Christian Zeh, Technology Manager der Paessler AG, im Interview erzählt.

»Gemüse«: Das Jahr 2022 war geprägt von Hitze und Trockenheit. Fu¨r den Gemu¨sebau im Knoblauchsland, das bekannt ist fu¨r seine geringe Niederschlagsmenge, eine enorme Herausforderung. Wie ernst ist die Lage fu¨r die dortigen Betriebe, wenn Sie an die Zukunft denken, Herr Dunger?

Stefan Dunger: Ohne Wasser kein Gemüsebau und ohne Gemüsebau kein Knoblauchsland – das ist unser Leitsatz und der passt eigentlich ganz gut zu der Frage. Im Gemüsebau ist es ja schon immer darum gegangen, dass man auf Zusatzwasser angewiesen ist. Ohne das, keine Chance für einen Anbau. Seit Gründung des Verbandes investieren die Mitglieder in die Bewässerung, die Infrastruktur und den Ausbau des Verbandes. Daher können wir auch positiv in die Zukunft blicken.

»Gemüse«: Woher kommt das Wasser fu¨r die Bewässerung der Gemu¨sekulturen im Knoblauchsland?

Stefan Dunger: 1997 wurde der Grundstein gelegt für das Projekt Wasserüberleitung aus dem Regnitztal. Davor wurde das Wasser aus dem örtlichen Grundwasser entnommen, weil man sich zu dieser Zeit einfach noch nicht so viele Gedanken um die Folgen gemacht hat. Der Start des Projektes damals kam zur richtigen Zeit, da immer wieder Probleme mit dem Grundwasser auftraten. In dem Zuge wurde dann auch die Überleitung gebaut. Wenn man es ganz genau nimmt, kommt unser Wasser eigentlich aus der Donau, das über den Rhein-Main-Donaukanal in den Rothsee übergeleitet wird. Von dort aus fließt es in die Regnitz und genau da stehen die Uferfiltratbrunnen des Wasserverbandes.

»Gemüse«: Gab es bereits Probleme bei der Beschaffung in der Vergangenheit?

Stefan Dunger: Unsere Anlagen sind darauf ausgelegt, dass unsere Mitgliedsbetriebe zu nahezu 100 % mit Wasser versorgt werden können. Wir hatten zum Glück noch nie Probleme in dem Sinn, dass wir uns mit jemandem abstimmen mussten beziehungweise Nutzungskonflikte auftraten. Die Entnahme über die Uferfiltrate ist unproblematisch. Aber klar, es kann schon mal sein, dass es generelle Probleme gibt, die aber in unserem Verband angepackt und gelöst werden. Und das hat uns und unsere Verbandsarbeit immer weiter nach vorne gebracht. Daraus ist beispielsweise unsere hochtechnisierte Brunnenfassung entstanden, die mit sämtlichen Parametern ausgestattet ist, um das Wasser nachhaltig zu fördern. Klar muss aber sein, dass die Anlagen nicht darauf ausgelegt sind, immer unter Spitzenlast zu laufen. Wenn sie an ihre Grenzen kommen, dann müssen wir als Verband beurteilen, ob erweitert oder neu hinzugebaut oder etwas verändert werden muss. Oder man beschließt, dass das dann eben die Spitze war und akzeptiert das. Und das muss jedes Jahr neu abgewägt werden.   

»Gemüse«: Sie haben zusammen ein Pilotprojekt auf die Beine gestellt, das zum Ziel hat, die Bewässerung nicht nur u¨ber Sensoren zu u¨berwachen, sondern sie auch zu automatisieren. Wie sieht denn genau die Technik aus, die dahinter steckt?

Christian Zeh: Die Geräte steuern im Wesentlichen die üblich verwendeten Ventile internationaler Hersteller und erfassen zudem die Wasserverbräuche im Feld. Dabei können die Gemüseerzeuger die Technologie problemlos mit ihrer bestehenden Bewässerungstechnik verbinden. Diese Form des Retrofittings erspart zusätzliche und unnötige Investitionskosten. Die Stromversorgung erfolgt über eine eingebaute Batterie und gewährleistet den dauerhaften Betrieb über den Zeitraum einer ganzen Saison. Bei der Datenkommunikation kommt das sogenannte Low Power Wide Area Network, sprich LPWAN, zum Einsatz. Dabei können Daten über große Distanzen von mehreren Kilometern hochsicher und mit geringstem Energieaufwand übertragen werden. Den besonderen Anteil, den wir von Paessler in dem Projekt leisten, ist die darauf abgestimmte und webbasierende Softwarelösung. Sie wurde nach den spezifischen Anforderungen im Agrarsektor entwickelt und unterstützt beliebige Endgeräte. Die Software steuert die Bewässerung konkret über Zeitpläne oder Wassermengen, wobei der tatsächliche Wasserverbrauch kontinuierlich erfasst wird. Dies führt außerdem zu einer präzisen Erkennung von Leckagen mit automatisierter Notabschaltung – eigentlich das Hauptkriterium der Gemüsebetriebe für den Einsatz einer solchen Technik. Denn wenn man sich einmal vorstellt, wie groß der Schaden bereits in kürzester Zeit bei einer austretenden Wassermenge von 500 L/Min. ist, dann wird schnell klar, warum genau dieses Feature unerlässlich für die Projektbeteligten war. Was bei der Technik auch eine Rolle spielt, aber eher eine optionale Komponente darstellt, ist die Kombination aus Boden, Sensorik und Wetterdaten. Sie sorgt letztlich für ein optimiertes und besonders nachhaltiges Bewässern der Pflanzen, weil nur exakt so viel Wasser ausgebracht wird, wie die Pflanze tatsächlich benötigt. Oft läuft das auch heute noch nach Bauchgefühl beziehungsweise auf Basis jahrelanger Erfahrungen ab. Durch diese Komponente kann der ganze Vorgang nun aber sehr präzise gemacht werden. Und Präzision wird immer wichtiger, gerade vor dem Hintergrund, dass weltweit etwa 69 % Süßwasser im Agrarsektor verbraucht werden und die Vereinten Nationen aktuell voraussagen, dass wir die Nahrungsmittelproduktion bis 2050 um ebenso 70 % steigern müssen, was unweigerlich zu einem noch höheren Wasserverbrauch im Agrarsektor führen wird. Hier geht es also um weitaus mehr als „nur“ um die durch Automatisierung eingesparte Zeit: Es geht um den nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser.

»Gemüse«: Wie ist die Kooperation denn eigentlich entstanden?

Stefan Dunger: Das ist eine ganz lustige Geschichte. Wir haben hier im Knoblauchsland schon mehrere Projekte genau zu dieser Thematik gestartet, die leider wieder eingestellt werden mussten, weil einfach die Funktechnik damals noch nicht so weit war. Und irgendwann kam es dazu, dass die Firma Paessler und wir uns ausgetauscht haben – die sitzen ja genau bei uns um die Ecke im nächsten Industriegebiet sozusagen – ja und dann haben wir beschlossen: Ihr seid Software, wir Agrar, lasst uns doch mal gemeinsam etwas auf die Beine stellen. (lacht)

»Gemüse«: War es denn leicht, Betriebe fu¨r das Projekt zu gewinnen, Herr Dunger? Wie muss man sich die Teilnahme genau vorstellen?

Stefan Dunger: Das Thema ist nicht neu und nach den gescheiterten Projekten, die auch immer wieder auf den Mitgliederversammlungen vorgetragen wurden, haben die Mitglieder selbst den Auftrag erteilt, dass sich der Verband einfach mal im Markt nach möglichen neuen Bewässerungslösungen und -techniken erkundigen soll. Ziel war es, nach einer Gesamtlösung zu suchen und nicht nach einzelbetrieblichen Maßnahmen. Wir haben uns daraufhin einiges angeschaut, sind aber zu dem Entschluss gekommen, dass das nicht die richtigen Lösungen für unsere Gemüsebetriebe sind. Das war quasi der Grundstein für ein eigenes Projekt in Kooperation mit Paessler. Es ging nie wirklich darum, die Betriebe davon überzeugen zu müssen, sondern es war eher auf Initiative unserer Mitglieder. Die Idee kam also direkt aus der Praxis.   

»Gemüse«: Welche Erkenntnisse können Sie bis jetzt aus dem Projekt ziehen und wie gehts weiter?

Christian Zeh: 2022 war ein sehr erfolgreiches Jahr für das Projekt. Alle gesetzten Ziele wurden erreicht. Für das Jahr 2023 ist die Produktion und Inbetriebnahme mehrerer hundert Geräte geplant. Die Erfahrungsberichte und Rückmeldungen der Anwender aus dem täglichen Betrieb fließen dann umgehend in die Weiterentwicklung der Soft- und Hardware ein.