Öko soweit das Auge reicht
Die zweite Auflage der Öko-Feldtage auf der Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen bei Grebenstein war ein voller Erfolg. Bei bestem Wetter trafen die über 340 Aussteller auf ein gut informiertes und wissensdurstiges Publikum. In über 50 Maschinenvorführungen, auf 1.200 Demoparzellen und in zahlreichen Fachforen wurde Fachwissen ausgetauscht.
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Das Programm zeigte in einer Mischung aus Praxis und Forschung alle Neuigkeiten rund um die ökologische Landwirtschaft. Besucher konnten sich bei den Vorführungen von Hacken, Striegeln, Schwadern, GPS- und kamerageführten Maschinen ein Bild von den Neuentwicklungen im Landtechnikmarkt machen.
In Foren und Diskussionsrunden wurden Themenbereiche wie Anpassung an den Klimawandel, Öko-Züchtung, Vermarktung oder neue Anbausysteme vorgestellt und diskutiert. Auf 1200 Demoparzellen stellten Firmen, Züchterhäuser und Beratungseinrichtungen über 70 Kulturen von Ackerbohne bis Zuckerrübe und Betriebsmittel vor.
Diskutiert und ausgetauscht
In einer Podiumsdiskussion diskutierten Jan Plagge (Bioland) und Carl-Christian von Plate (DLG) über das Verhältnis zwischen den beiden Anbauphilosophien. Plagge hat seit 2015 einen grundlegenden Wandel in der Wahrnehmung des Biobereiches konstatiert. Mit dem starken Abfallen der Produktpreise in der konventionellen Landwirtschaft hätten viele Erzeuger begonnen, den Bioanbau als grundsätzlich mögliches Anbausysteman zu sehen: „Heute wird viel offener über Wege, Marktzugänge und das System gesprochen.“ Plate ergänzte, dass ein Misstrauen zwischen beiden Erzeugungspfaden seiner Meinung nach nicht zwischen den Erzeugern geherrscht habe, sondern von außen gekommen sei: „Die Kommunikation zwischen den Kollegen ist und war immer gut. Allerdings sind viele konventionelle Kollegen resigniert und denken, es wird einfacher, wenn sie umstellen. Das halte ich für einen Trugschluss. Öko, wenn es gut sein soll, ist schwieriger als konventionell.“
Ganz wichtig für Landwirte mit Umstellungswunsch ist ein gutes Netzwerk und fähige Berater, betont von Plate. Plagge ergänzt: „Bioanbau ist wissensintensiver und angewiesen auf ständige Innovationen. Dafür braucht es intensive Kommunikation.“ Beide Bereiche sind dabei auch auf eine intensive Kommunikation untereinander angewiesen, sind beide Redner überzeugt. „Ab 2034 wird es keine Direktzahlungen mehr geben. Wir müssen die Betriebe heute darauf ehrlich vorbereiten und beraten“, meint Plagge. Von Plate ergänzt: „Dafür müssen wir schauen, wie beide Systeme voneinander lernen können. Themen, die mir zuerst einfallen, könnten sein: Leguminosenzüchtung, Technikentwicklung, Unkrautbekämpfung und Vermarktung.“ Einen wichtigen Punkt, an dem die konventionellen Landwirte vom Ökobereich lernen könnten, ergänzte Plagge: „Die konventionellen Landwirte haben in der Debatte mit der Gesellschaft den emotionalen Teil vergessen. Da können sie von den Ökos viel lernen.“
Zu einem der von den Rednern angesprochenen Themen fand am Folgetag ein weiteres Forum statt: „Gehört Bio-Vertragsproduktion die Zukunft?“, fragten Prof. Jan Niessen (TH Nürnberg), Dr. Alexander Beck (AöL), Jörg Große-Lochtmann (Naturland Bauern AG) und Prof. Ulrich Hamm (Uni Kassel). Große- Lochtmann sieht enorme Vorteile in dieser Art der Kooperation: „Wir haben eine Verlässlichkeit in der Abnahme. Beide geben sich in dieser Beziehung mehr Mühe.“ Beck ergänzt: „So ein Vertrag kommt ja nur zustande, wenn sich beide Seiten davon Vorteile versprechen. Für viele Händler ist diese Liefergarantie essenziell. Und für die Anbauer die über die Jahre konstanteren Preise. Außerdem brauchen sie solche Sicherheiten besonders bei neuen Produktprojekten.“ Untersuchungen hätten ergeben, ergänzt Beck, dass Verbraucher durchaus an regionalen Wertschöpfungsketten interessiert seien. Man solle sie also auch über die gesamte Warenkette hinweg informiert halten. „Transparenz ist der Schlüssel. Und die Digitalisierung eröffnet uns hier neue Möglichkeiten.“ Deshalb dürfe der Preis in diesem Segment nicht als oberste Prämisse beim Handel gelten, sind sich alle Podiumsgäste einig. Wie könne man also die üblicherweise preisorientierte Einkaufsordnung des Handels beeinflussen? „Ein Vertragshandel würde zu Beziehungsaufbau und veränderter Einstellung führen“, meint Hamm. „Auch für den Handel ist schließlich die Beziehung zu regionalen Erzeugern zur Risikominderung entscheidend.“ Denn, fügt er an, „der deutsche Lebensmitteleinzelhandel steht vor einer Revolution. Das Internet nimmt ihm die Kunden ab. Er braucht neue Konzepte. Die könnten in der Regionalität liegen.“ Ob der LEH dazu allerdings fähig sei, da herrschte unter den Rednern eher Zweifel.
Feldgemüsebau hautnah
Wie ökologischer Landbau live geht, das konnten die zahlreichen Besucher an beiden Tagen direkt auf den verschiedenen Versuchsflächen miterleben. Auch für den Gemüsebau waren jede Menge Neuheiten geboten.
Die Firma Einböck hatte ihre Tellerhacke „Chopstar Hybrid“ im Gepäck, die für den Einsatz von Hackarbeiten in Mulchbeständen entwickelt wurde. An jedem Hackkörper befindet sich ein Teller, der sich frei drehen kann. Damit die Scheiben auch in das jeweilige Feld passen, kann der Teller-Durchmesser an den Reihenabstand angepasst werden. Um den Unkräutern den Garaus zu machen, schneiden die Scheiben nur knapp unter der Oberfläche der Mulchschicht durch den Boden und durchtrennen dabei die Wurzeln der Unkräuter beziehungsweise hacken diese. Die Kulturpflanze wird dabei nicht zerstört, da die Hacke unter den Blättern arbeitet. Damit es zu keiner Verstopfung während der Überfahrt kommt, sorgen Spurkranzräder direkt vor den Tellern für einen Schnitt in Boden und Mulchschnitt.
Um Mulch dreht sich auch bei Johannes Storch von der Firma Live2give alles. Zusammen mit seinem Team hat er eine Maschine entwickelt, die Gemüsesetzlinge direkt in eine Mulchauflage pflanzt. Ziel der Maschine ist es, den Unkrautdurchwuchs mit der Mulchauflage so weit zu verhindern, dass Jätarbeiten während der Kulturzeit weitestgehend unterbunden werden. Die Maschine trägt den Namen „Mulch-Tec Planter“ und ist bereits seit 2011 auf dem Hof von Johannes Storch im Einsatz.
Damit die jungen Gemüsepflanzen überhaupt dahin kommen, wo sie hingehören, schneiden spezielle Schneidewerke an der Pflanzmaschine die Mulchdecke bis zu einer Stärke von 15cm auf. Sie können dabei bis zu einer Drehzahl von 3000 Umdrehungen pro Minute arbeiten, um verschiedene Arten von Mulchschichten aufzuschneiden. Die Schneidewerke werden über Elektromotoren betrieben. Sobald die Mulchauflage freiliegt, kommt das Pflanzschar zum Einsatz. Es bestimmt die Pflanztiefe, denn die Setzlinge landen nicht mit dem Ballen in der Mulchschicht, sondern direkt im Boden. Sobald sie dort angekommen sind, wird die Mulchschicht mithilfe von Andruckrollen, die steitlich an der Maschine angebracht sind, geschlossen und der Bodendruck wiederhergestellt. Um den Pflanzen einen möglichst guten Start im Feld zu gewährleisten, ist es möglich, einen Düngestreuer an der Maschine anzubringen und wichtige Nährstoffe mittels Unterfußdüngung direkt zur Pflanzung hinzuzugeben. Eine Unterfußbewässerung wäre auf diesem Wege auch möglich.
Futuristisch geht es bei der Firma Carré aus Frankreich zu. Jegliches Unkraut muss sich vor dem Agrarroboter „Anatis“ in Acht nehmen, der selbstständig auf dem Feld arbeitet. Möglich ist das durch eine Systemkombination aus GPS, Kamera und Laser. Den nötigen Strom für alle Systeme und die Fortbewegung bekommt er dabei von einem Elektromotor. Während er autonom Unkräutern den Garaus macht, erfasst der Roboter parallel weitere wichtige Daten wie Unkrautdruck, Dichte, Reifegrad sowie Feuchtigkeit. Über ein Smartphone oder Tablet kann der Landwirt alle Daten ablesen und gleichzeitig „Anatis“ überwachen.
Unterstützung per GPS-RT K-Technik bekommt der Gemüseerzeuger auch bei der Firma Raven aus den Niederlanden. Das Unternehmen präsentierte in einer Live- Vorführung auf dem Möhrenfeld das GPSLenksystem RS1 in Kombination mit dem Bedienterminal CR 12, auf dem alle Arbeiten im Feld mit dem System erstellt, organisiert und verwaltet werden. Das Besondere an RS1 ist, dass nicht nur der Schlepper über das System gelenkt wird, sondern auch das Gerät selbst. Eine Lenkscheibe führt das angehängte Gerät allerdings getrennt vom Schlepper. Die Unterlenker sind dabei locker, sodass die Maschine eigenständig geführt wird. Das hat den Vorteil, dass auch ein Einsatz in Hanglagen möglich ist. Die Scheibe wird über ein Adapterteil an das gewünschte Gerät montiert und hydraulisch mit einem Parallelogramm betrieben. Sollte während der Überfahrt beispielsweise ein Stein dazwischen kommen, kann die Scheibe ausheben, ohne dass das komplette Gerät ausgehoben wird.
Das GPS-RT K-System holt sich sämtliche Korrekturdaten über Mobilfunk und fährt nach der A- und B-Linie. Dadurch wird es möglich, dass schon vor Auflauf gehackt werden kann oder wenn die Reihe komplett geschlossen oder verunkrautet ist. Kurvenfahrten sind ebenfalls möglich. Durch die genaue Führung per GPS schafft es das angehängte Gerät, bis 2cm an die Reihe heranzukommen. Über das genannte Bedienterminal in der Kabine werden sowohl Schlepper als auch Gerät gelenkt. Wer beim Unkräutjäten nicht auf maschinelle Unterstützung zurückgreift, der ist angewiesen auf helfende, menschliche Hände. Um die Jätarbeiten auf dem Acker so angenehm wie möglich zu gestalten – für Mensch und Natur – hat die Firma Wetech aus Soest-Hattropholsen einen selbstfahrenden Jäteflieger auf den Weg gebracht. Auf dem Dach des Fliegers befindet sich eine Fotovoltaikanlage, die Sonnenergie sammelt und in einer Batterie speichert.
Der Antriebsmotor wiederum nutzt diese, um das Gerät im Feld fortzubewegen. Zwei bis zwölf Personen (individuell anpassbar) finden auf dem Jäteflieger liegend Platz, der sich mit 50m/h bis hin zu 1,5km/h im Feld bewegen kann. Eingesetzt werden kann das Gerät in Möhren, Pastinaken, Zuckerrüben sowie in Zwiebeln. Wer den Jäteflieger nicht für das Unkrautjäten benötigt, kann ihn auch für die Ernte der genannten Kulturen einsetzen.
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