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Weniger Nährstoffe im Gemüse

Klimawandel verändert Lebensmittelqualität

Eine aktuelle Studie der Liverpool John Moores University zeigt: Durch steigende CO2-Konzentrationen und höhere Temperaturen wächst Blattgemüse wie Grünkohl, Rucola oder Spinat zwar schneller und bildet mehr Biomasse – gleichzeitig sinkt jedoch der Gehalt an wichtigen Nährstoffen wie Kalzium, Proteinen, Vitaminen und Antioxidantien. Das könnte weitreichende Folgen für die Ernährungssicherheit haben.

von Pflanzenforschung.de erschienen am 29.07.2025
Durch den Klimawandel verliert unser Gemüse künftig Nährstoffe. © Melina Kesel
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Die Ursache liegt in einem physiologischen Effekt: Bei erhöhter CO2-Konzentration verbessert sich zunächst die Photosyntheseleistung – Pflanzen nehmen mehr Kohlenstoffdioxid auf, wandeln es mithilfe von Sonnenlicht in Zucker um und wachsen dadurch schneller. Gleichzeitig wird das Wasser effizienter genutzt. Doch dieser Wachstumsschub hat einen Haken: Die Pflanzen verdünnen ihren Gehalt an Mikronährstoffen – ein Phänomen, das Forschende als „Nutrient Dilution“ bezeichnen.

Klimasimulation im Pflanzenlabor

Um diesen Effekt genauer zu untersuchen, kultivierten die Wissenschaftler die Gemüsearten unter kontrollierten Bedingungen in speziellen Wachstumskammern. CO2-Gehalt und Temperatur wurden so eingestellt, dass sie Klimaszenarien der Zukunft simulieren – insbesondere solche, wie sie für Großbritannien gegen Ende des Jahrhunderts erwartet werden. Während des Wachstums erfasste das Team Marker der Photosynthese wie Chlorophyllfluoreszenz, bei der Ernte untersuchte es Erträge und Nährstoffprofile.

In einer Atmosphäre mit erhöhtem CO2-Gehalt wuchsen die Pflanzen zunächst kräftiger und hatten einen höheren Zuckergehalt. Doch bereits nach einiger Zeit nahm die Konzentration von Mineralstoffen wie Kalzium sowie antioxidativer Stoffe wie Phenole und Flavonoide deutlich ab. Und mit steigenden Temperaturen wurde die Situation noch schlimmer: Das Wachstum verlangsamte sich wieder – gleichzeitig sank die Nährstoffqualität weiter.

Gesundheitliche Risiken durch „leere Kalorien“

Dieser Effekt verschiebt das Nährstoffgleichgewicht – mit potenziellen gesundheitlichen Konsequenzen. „Dieses veränderte Gleichgewicht könnte zu einer kalorienreicheren, aber nährstoffärmeren Ernährung führen. Ein erhöhter Zuckergehalt in Nutzpflanzen, insbesondere in Obst und Gemüse, könnte etwa das Risiko von Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes erhöhen“, so die Studienleiterin Jiata Ugwah Ekele.

Besonders betroffen wären Bevölkerungsgruppen mit hohem Gemüseanteil in der Ernährung – etwa in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. In diesen Regionen sind Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte oft die Hauptquelle für Mikronährstoffe. Sinken deren Gehalte, drohen Mangelerscheinungen, geschwächtes Immunsystem und langfristige Gesundheitsschäden.

„Es geht also nicht nur darum, wie viele Lebensmittel wir anbauen, sondern auch darum, was in diesen Lebensmitteln enthalten ist und wie sie das langfristige Wohlbefinden des Menschen unterstützen“, so Ekele.

Globale Relevanz der Forschung

Gerade in Ländern in Afrika oder Asien mit niedrigem oder mittlerem Einkommen könnten nährstoffärmere Lebensmittel infolge des Klimawandels gravierende Folgen haben – insbesondere für Menschen, die stark auf Gemüse als Hauptquelle für Vitamine und Mineralstoffe angewiesen sind.

Zwar bezieht sich die Studie auf die Klimaprojektionen für Großbritannien, doch ihre Erkenntnisse sind global von Bedeutung. Denn die physiologischen Reaktionen von Pflanzen auf CO2 und Temperatur sind überall ähnlich. Schon heute kämpfen Landwirte weltweit mit veränderten Wettermustern, Hitzewellen, Wassermangel und sinkender Bodenqualität.

Im globalen Süden, wo Millionen Menschen direkt von der Landwirtschaft abhängen, können Ertragseinbußen und Qualitätsverluste in der Ernährung besonders schwer wiegen. Dort sind auch die Anpassungsmöglichkeiten oft begrenzt. Die Nahrungsmittelsysteme im globalen Norden seien zwar robuster, aber auch sie stünden zunehmend unter Druck.

Was lässt sich dagegen tun?

Die Forschenden sehen dringenden Handlungsbedarf. Zukünftige Strategien in der Landwirtschaft sollten nicht nur auf Ertragssteigerung, sondern auch auf den Erhalt der Nährstoffqualität zielen. Dazu gehören:

  • Züchtung robuster, nährstoffreicher Sorten, die auch unter CO2-Stress stabil bleiben
  • Anpassung von Düngung und Bewässerung, um Nährstoffaufnahme gezielt zu fördern
  • Vielfältigere Fruchtfolgen und Mischkulturen, die Pflanzen helfen, mit Klimastress besser umzugehen
  • Frühwarnsysteme und Forschung zur regionalen Anpassung von Anbausystemen

Mit einer abwechslungsreichen, regionalen und saisonalen Ernährung lassen sich Risiken teilweise ausgleichen. Und politische Entscheidungsträger sollten Ernährungssicherheit künftig stärker mit dem Klimaschutz verzahnen.

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