Folgen für den Gemüsebau
Die Bundesregierung hat ihr Eckpunktepapier zum Klimaschutzprogramm 2030 verabschiedet. Was es für Gemüsebaubetriebe bedeutet, die fossile Brennstoffe (Erdgas, Erdöl, Kohle) zur Beheizung der Gewächshäuser einsetzen, kann man bereits jetzt erkennen. Die Produktionsbetriebe des Gartenbaus kostet das Klimaschutzprogramm, wenn sie sich nicht anpassen, bis 2025 etwa 78 Mio. €. Helmuth M. Huss, Unternehmensberater, CO CONCEPT, beleuchtet im folgenden Artikel das brisante Thema genauer und schildert seine Sicht auf die Dinge. Untermauert ist der Artikel mit zahlreichen Zahlen und Daten sowie einer Berechnung der Kostenfolgen aufgrund der CO2-Bepreisung.
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Realisten folgen dem Grundsatz: Bekämpfe Befürchtungen mit Beweisen. Fight fears with facts.
Fakt Nr. 1: Die Klimaerwärmung ist Menschen gemacht. Es gibt zwar Persönlichkeiten, die das Gegenteil behaupten, sie haben aber bislang keine Beweise vorgelegt. Deshalb vertraue ich der Wissenschaft, auch wenn es für mich unbequemer werden sollte.
Fakt Nr. 2: CO2 ist ein Treibhausgas. Welcher Gärtner wüsste das nicht. Wir düngen mit CO2. Die globale Erwärmung rührt im Wesentlichen her von dem Gewächshauseffekt wegen des zunehmenden CO2 in der Atmosphäre.
Fakt Nr. 3: Man kann den CO2-Ausstoß vermindern, ohne spürbaren Verzicht leisten zu müssen. Deutschland ist das beste Beispiel dafür. Seit 1990 haben wir in Deutschland den CO2-Ausstoß um 30 % verringert und das bei steigendender Wirtschaftsleistung. Die ist nämlich in den 30 Jahren um 50 % gestiegen. Also es geht um Verhaltensänderungen und weder um Besserwisserei noch um verordneten Verzicht.
Fakt Nr. 4: Die Landwirtschaft hatte im Jahr 2017 einen CO2-Ausstoß von 439 Mio. t und hat ihren Ausstoß damit seit 1990 um knapp 20 % gesenkt, aber Sie ist gesamtwirtschaftlich ein Faktor und trägt etwa 11 % zum Gesamtausstoß bei. Hauptquelle des CO2- Ausstoßes in der Landwirtschaft ist die Tierhaltung und weil die eher stabil ist, ist die Reduktion in der Landwirtschaft mit eben 20 % geringer als die gesamtwirtschaftliche Reduktion, die wie gesagt etwa 30 % betrug.
Fakt Nr. 5: Die Bundesregierung hat beschlossen, den CO2-Ausstoß zu bepreisen. Wer fossile Brennstoffe handelt muss dafür Zertifikate kaufen und diese Kosten schlägt der Anbieter auf den Brennstoffpreis drauf, dann ist jeder Endverbraucher betroffen. Steigende Preise führen zur Verminderung der Nachfrage und damit zur Minderung des CO2-Ausstoßes. Soweit die Theorie.
Nun wird die Bunderegierung kräftig gescholten, dass sie die Bepreisung viel zu vorsichtig angegangen sei. Das sehe ich anders und begründe dies wie folgt:
Fakt Nr. 6: Im Jahr 2015 wurden nach der Gartenbauerhebung in Gartenbauproduktionsbetrieben 2.648 GWh Energie für das Beheizen von Gewächshäusern verbraucht. Aus erneuerbaren Energieträgern einschließlich Fernwärme stammen 34 % des Heizenergiebedarfs und 66 % aus fossilen Energieträgern. Überraschend ist, dass Kohle davon einen Anteil von 45 % ausmacht.
Fakt Nr. 7: Ab 2021 liegt der Preis bei 10 €/t CO2, nach fünf Jahren bei 35 €/t. Das bedeutet, dass ein Gartenbaubetrieb mit 1 ha Gurken, der ein energieeffizientes Gewächshaus mit Erdgas beheizt und etwa 2.082 MWh (KTBL) verbraucht, nach Prof. Schockert 530 t CO2 ausstößt und im Jahr 2021 gut 7.132 € an CO2-Agabe an seinen Energielieferanten zahlt. Für Tomaten sind gut 7.400 € und für Paprika knapp 10.000 € fällig. Von 2021 an bis 2025 steigen die Beträge je t schrittweise bis auf 35 € / t an. Dann laufen von 2021 bis 2025 Beträge auf, die sich bei Gurken auf 85.586 €, bei Tomaten auf 88.000 € und bei Paprika auf gut 119.000 € summieren. Die Übersicht 1 macht dies deutlich. Sie zeigt auch, dass die Kosten für Betriebe, die Leichtöl heizen, etwa 20 % höher sein werden und dass Steinkohle auf Grund des hohen CO2-Ausstoßes unter diesen Bedingungen in Zukunft m. E. kaum noch in Betracht kommt. Da kommt für die Betriebe, die Kohle als Energieträger nutzen eine große Aufgabe zu.
Kritiker der Bundesregierung meinen, dass der Preiseinstieg mit 10 €/t CO2 viel zu niedrig sei und keine Anpassungsreaktion auslösen würde. Auch da bin ich anderer Meinung. Übersicht 2 zeigt die Kosten je Jahr bei 35 €/t CO2. Da ab diesem Zeitpunkt, sofern die Einsparziele verfehlt werden, die Zertifikate verknappt und die Kosten gegebenenfalls weiter steigen werden, kann man abschätzen, welche zusätzlichen Kosten je Jahr mindestens auf die Gemüsebautbetriebe zukommen könnten.
Bislang haben wir nur energieeffiziente Gewächshäuser betrachtet. Wir müssen davon ausgehen, dass Gewächshäuser älterer Technologie (vor 2005) einen um über 30 % höheren Energieverbrauch haben. Muss man dür den Gemüsebau schwarzsehen?
Nein. Fight fears with facts.
Die Betriebe werden die Produktionsprogramme überdenken, Gewächshäuser wieder konsequenter abdichten, gegebenenfalls neu eindecken, Energieträger wechseln, in dem sie sich nach erneuerbaren Energieträgern umschauen. Da Biobetriebe mit der Heizsaison erst etwa ab KW 8 beginnen, sind die zusätzlichen CO2-Kosten aufgrund des geringeren CO2-Ausstoßes deutlich geringer. Ferner verfügen sie häufig über integrierte Energiekonzepte auf der Basis erneuerbarer Energieträger.
Nachdem laut Bundesregierung das EEG auch umgestellt werden soll, bleibt zu hoffen, dass die Verwendung von Eigenstrom für den Gemüsebau zukünftig die Belichtung zum Beispiel mit Strom aus Biogasanlagen wirtschaftlich werden lässt. Dies würde die Produktivität der Gewächhäuser gravierend steigern und die Kosten, die aufgrund der CO2-Bepreisung entstehen, weit überkompensieren.
Die Bundesregierung unterstützt die Wirtschaft, damit die Anpassung an die CO2- Bepreisung abgefedert wird. Es gibt neben dem von der BLE durchgeführten bewährten Energieeffizienzprogramm das Förderprogramm der KfW zur Erzeugung von Prozesswärme aus erneuerbaren Energien (Modul 2), das auch für Gartenbaubetriebe zugänglich ist. Gefördert werden Solarkollektoren, Wärmepumpen und Biomasseanlagen. Der Fördersatz beträgt bis zu 45 % der förderfähigen Investitionskosten. Bei Hackschnitzeln werden beispielsweise die Investitionen für Kessel, den Lagerraum und die Transportkette vom Lager zum Kessel gefördert . Dieses Programm ist eine echte Alternative, um die Kosten der CO2-Bepreisung im Griff zu behalten. Vielleicht kommt es doch noch dazu, dass mein Traum in Erfüllung geht, dass neben jedem zehnten "Topf" einer Biogasanlage ein energieeffizientes Gewächshaus steht, dessen Tomtaten mit Eigenstrom belichtet werden.
Wünschenswert ist auf jeden Fall, dass die Gewächshäuser näher an die Energiequellen mit erneuerbaren Energien heranrücken, mehr Gas aus erneuerbaren Quellen aus dem Netz bezogen werden kann und so Energiekonzepte im Sinne der Sektorkopplung in die Produktion integriert werden. Dann kann der Gartenbau das Klimaschutzprogramm leichter mittragen.
Herrn Prof. Dr. Karl Schockert danke ich für die Berechnung der CO2-Emmissionen und dem KTBL für die Angaben zum Energiebedarf.
CO CONCEPT hat auf ihrer eigenen Homepage nun einen CO2-Rechner freigeschaltet.
Den Rechner erreichen Sie mit Klick auf folgenden Link:
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