Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Stickstoffemissionen reduzieren

Weißkohlernterückstände gezielt verwerten

Im intensiven Gemüsebau fallen nach der Ernte erhebliche Mengen an Ernterückständen an. Besonders bei Kulturen wie Weißkohl mit hohem Ertrag und niedrigem C:N-Verhältnis bleiben große Mengen Stickstoff auf dem Feld zurück, teilweise über 150?kg N/ha.

von Dr. André Sradnick erschienen am 18.08.2025
Weißkohl vor der Ernte im Herbst 2024. © Hao Chen
Artikel teilen:

Können Rückstände nicht durch eine Folgekultur aufgenommen werden, entstehen daraus potenziell gasförmige Stickstoffverluste in Form von Lachgas (N2O) und Ammoniak (NH3), die das Klima und die Umwelt belasten. Dies tritt besonders bei Frost-Tau-Zyklen oder nasser Witterung auf. Ziel eines vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) geförderten Forschungsprojekts ist es, genau diese Emissionen zu verringern. Dabei wird untersucht, wie sich die gezielte Abfuhr und anschließende Aufbereitung von Weißkohlernterückständen auf Stickstoffverluste, Nährstoffverfügbarkeit und Ertrag auswirken. Aufbereitet werden die Rückstände durch Kompostierung, Silierung und Vergärung, jeweils unter Zugabe von strukturreichem, stickstoffarmen Material wie Stroh.

Stickstoffeffizienz erhöhen

Die aufgewerteten Produkte werden im darauffolgenden Frühjahr wieder auf die Flächen ausgebracht. Ziel ist es, die Stickstofftransfereffizienz zu erhöhen und eine gleichmäßige N-Freisetzung über die Vegetationsperiode zu erreichen, insbesondere für nachfolgende Kulturen wie Rote Bete. Gleichzeitig soll der Einsatz von Mineraldüngern reduziert und Emissionen aus den Ernterückständen gesenkt werden.

Das Projekt wird vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) in Großbeeren koordiniert. Gemeinsam mit den Projektpartnern, dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg, dem Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) in Potsdam und der Hochschule Magdeburg-Stendal werden praxisnahe Versuche durchgeführt und wissenschaftlich ausgewertet.

Versuchsstandorte und Untersuchungsdesign

Die Freilandversuche finden an drei Standorten in Brandenburg statt: auf einem konventionell und einem ökologisch wirtschaftenden Gemüsebaubetrieb sowie auf der Versuchsstation des IGZ. Im Herbst 2024 wurden auf den Versuchsschlägen die Weißkohlerntereste teilweise abgefahren und aufbereitet, wobei in einer Variante die Erntereste auf der Fläche verblieben. Im Frühjahr 2025 wurden die gewonnenen Komposte, Silagen und Gärprodukte auf die Flächen zurückgeführt und für eine Rote-Bete-Kultur verwendet, ergänzt durch eine zusätzliche Düngung. Kontrollvarianten mit nicht abgefahrenen Resten sowie mit und ohne zusätzliche Stickstoffdüngung ermöglichen einen systematischen Vergleich der Auswirkungen.

Applikation der aufbereiteten Weißkohlrückstände auf den Versuchsparzellen.
Applikation der aufbereiteten Weißkohlrückstände auf den Versuchsparzellen. © Hao Chen

Messungen, Ökobilanzierung und erste Ergebnisse

Die gasförmigen Stickstoffverluste (N2O und NH3) sowie die Emissionen anderer Klimagase wie Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan (CH4) werden über die gesamte Versuchsdauer hinweg mithilfe ereignisbasierter Messungen mit Messhauben erfasst. Zusätzlich erfolgen regelmäßige Bodenuntersuchungen zur Bestimmung des mineralischen Stickstoffgehalts (Nmin). Die bisherigen Messungen in Varianten mit Einarbeitung der Ernterückstände und mit Abfuhr von Ernterückständen über den Winter 2024/2025 zeigen, unter den Bedingungen eines vergleichsweise milden Winters, keine auffälligen Emissionsspitzen. Im laufenden Jahr 2025 werden die Effekte auf die Folgekultur Rote Bete und den weiteren Stickstoffverlauf im Boden analysiert.

Parallel zu den Emissionsmessungen wird durch das ATB Potsdam eine ökologische und ökonomische Bewertung durchgeführt. Diese berücksichtigt alle relevanten Arbeitsschritte von der Feldabfuhr über die Aufbereitung bis zur Rückführung und bewertet die Umweltwirkungen der Verfahren hinsichtlich Energieeinsatz, Treibhausgasemissionen und Nährstoffeffizienz.

Die Verwertung von Weißkohlernterückständen über Kompostierung, Silierung oder Vergärung bietet ein interessantes Potenzial, um Stickstoffverluste nach der Ernte zu reduzieren. Erste Versuchsergebnisse zeigen, dass sich die Stickstoffdynamik im Boden durch den Umgang mit den Ernteresten beeinflussen lässt. Ob sich damit auch dauerhaft nennenswerte Emissionsminderungen und eine bessere Nährstoffnutzung erzielen lassen, hängt jedoch von mehreren Faktoren ab, etwa dem Witterungsverlauf, dem Bodentyp und der Art der Folgefrucht. Auch ist noch fraglich, ob sich die Aufbereitung der Ernterückstände betriebswirtschaftlich rechnet.

Das Projekt liefert wichtige Grundlagen, um die Verfahren unter Praxisbedingungen besser einschätzen zu können. Bis konkrete Empfehlungen für den Gemüsebau abgeleitet werden können, sind weitere Auswertungen, Wiederholungen und standortbezogene Bewertungen notwendig.

Wie geht es weiter?

Im weiteren Projektverlauf kommen zusätzlich mit dem Stickstoff-Isotop 15N markierte Materialien zum Einsatz, um den Stickstofffluss vom organischen Ausgangsmaterial über den Boden bis in die Pflanzen gezielt verfolgen zu können. Zur Validierung der Ergebnisse wird der Versuch in der Saison 2025/2026 erneut durchgeführt. Die gewonnenen Daten sollen praxisnahe Empfehlungen zur Reduktion von Stickstoffverlusten im Gemüsebau ermöglichen und einen Beitrag zur Bewertung auf nationaler Ebene leisten.

Autor:in
Dr. André Sradnick
Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) sradnick@igzev.de
Mehr zum Thema:
0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren