Auswirkungen der neuen Betriebssicherheitsverordnung auf den Gartenbau
Seit dem 1. Juni 2015 gilt die neue Betriebssicherheitsverordnung (kurz: BSVO). Was ändert sich dadurch speziell für den Gartenbau? Es soll vor allem erreicht werden:
- Beseitigung rechtlicher, struktureller und fachlicher Mängel in der Verordnung aus 2002
- Beseitigung von Doppelregelungen
- Abbau von Bürokratiekosten
- bessere Ausrichtung auf das tatsächliche Unfallgeschehen
- bessere Anwendbarkeit
- Berücksichtigung älter werdender Belegschaften
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Anwendungsbereich
Die BSVO soll die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Verwendung von Arbeitsmitteln gewährleisten. Zu Arbeitsmitteln gehören einfache Werkzeuge (zum Beispiel Hammer, Spaten, Scheren und Zangen), sogenannte Kraft betätigte Arbeitsmittel (Bohrmaschinen, Motorkettensägen, Heckenscheren, handgeführte Einachsschlepper, Rasenmäher, Rüttelplatten), größere Arbeitsmittel (Topfmaschinen, Erdbaumaschinen, Gabelstapler, Ladekrane) bis hin zu verketteten Maschinen (Mobiltischanlagen oder Kompostierungsanlagen). Zur „Verwendung von Arbeitsmitteln“ gehört jeglicheTätigkeit mit diesen Werkzeugen: Montieren und Installieren, Bedienen, Anund Abschalten oder Einstellen, Gebrauchen, Betreiben, Instandhalten, Reinigen, Prüfen, Umbauen, Erproben, Demontieren, Transportieren und Überwachen. Einen Sonderfall bilden sogenannte überwachungsbedürftige Anlagen, wie zum Beispiel Dampfkessel zum Entseuchen von Erden und Substraten, aber auch Druckbehälter, wie Kompressoren und Wasserhydrophoren.
Schutzmaßnahmen
Neu sind konkretere Anforderungen, die besonderen Unfallschwerpunkten Rechnung tragen, zum Beispiel Manipulationen von Schutzeinrichtungen, Instandhaltungen, besondere Betriebszustände, Betriebsstörungen und die Zusammenarbeit verschiedener Arbeitgeber. Neu sind auch die Schutzziele der Arbeitsmittel. Sie ermöglichen dem Arbeitgeber flexible und an die betrieblichen Gegebenheiten angepasste Lösungen zum Arbeitsund Gesundheitsschutz zu finden. Schutzziele gelten gleichermaßen für alte und neue als auch für selbst hergestellte Arbeitsmittel.
Gefährdungsbeurteilung
Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Element im Arbeitsschutz. Aus ihr gehen Unterweisungen und Betriebsanweisungen hervor. Die bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigenden Punkte bei der Verwendung von Arbeitsmitteln wurden gegenüber der alten in der neuen Betriebssicherheitsverordnung wesentlich stärker herausgestellt. Erstmals sind bei der Gefährdungsbeurteilung auch ergonomische Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren, Arbeitsorganisation, Arbeitsablauf, Arbeitszeit, Arbeitsaufgabe und Arbeitsgegenstand sowie psychische Belastungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung zu erstellen und vor der erstmaligen Verwendung der Arbeitsmittel die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen zu überprüfen. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass Arbeitsmittel vor ihrer jeweiligen Verwendung auf offensichtliche Mängel kontrolliert sowie Schutz- und Sicherheitseinrichtung einer regelmäßigen Funktionskontrolle unterzogen werden. Er hat dieses Wissen durch regelmäßige Unterweisungen und Betriebsanweisungen an seine Arbeitnehmer weiterzugeben. Durch die Gefährdungsbeurteilung werden Schutzziele und damit die sichere Verwendung – auch älterer Arbeitsmittel – gewährleistet. Damit ist das viel diskutierte Thema des Bestandsschutzes vom Tisch (Beispiel: Sind beim Einachstraktor mit Fräswerkzeug Nachrüstungen notwendig, um beim Rückwärtsfahren bei gleichzeitigem Fräsen schwere Unfälle zu vermeiden?) Mit der neuen BSVO gilt, dass der Arbeitgeber im Gartenbau selbst beurteilen muss, wie er das Schutzziel („Keine Verletzungen durch das Fräswerkzeug“) umsetzt.
Verschiedene Möglichkeiten
Je nach Risiko kann eine sogenannte technische, organisatorische oder persönliche Maßnahme getroffen werden, um das Schutzziel zu erreichen. Ob die getroffene Maßnahme dem Stand der Technik entsprochen hat bzw. ob sie ausreichend war, müssen im Falle eines Unfalls die Gerichte beurteilen. Im genannten Beispiel müsste sich der Unternehmer nach Nachrüstsätzen erkundigen. Die UVV liefert hier keine Vorgaben. Es erfolgt keinerlei Hinweis mehr seitens des Gesetzgebers. Dieser geht vielmehr davon aus, dass sich der Arbeitgeber selbst in der Lage sieht, die von ihm in seinem Betrieb benutzten Arbeitsmittel so auszustatten, dass die vorgegebenen Schutzziele erreicht werden. Dabei werden ihm auch weiter die Handlungshilfen der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) helfen, Gefahren zu erkennen, Lösungsansätze dargestellt zu bekommen und diese selbstständig mit Hilfe seiner Gefährdungsbeurteilung abgestimmt auf seinen Betrieb umzusetzen.
Unterweisungen und Betriebsanweisungen
Bevor Beschäftigte Arbeitsmittel erstmalig verwenden, hat der Arbeitgeber ihnen Informationen zur Verfügung zu stellen. Diese müssen in einer für den Beschäftigten verständlichen Form und Sprache gefasst sein und beinhalten:
- vorhandene Gefährdungen bei Verwendung von Arbeitsmitteln einschließlich damit verbundener Gefährdungen durch die Arbeitsumgebung,
- erforderliche Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln und
- Maßnahmen bei Betriebsstörungen, Unfällen und zur Ersten Hilfe bei Notfällen.
Die Unterweisung muss schriftlich mit Datum und Namen der Unterwiesenen festgehalten werden und ist regelmäßig mindestens einmal jährlich zu wiederholen. Der Arbeitgeber muss seinen Beschäftigten eine schriftliche Betriebsanweisung für die Verwendung eines Arbeitsmittels zur Verfügung stellen. Dies gilt nicht für einfache Arbeitsmittel, bei denen nach Produktsicherheitsgesetz keine Gebrauchsanleitung mitgeliefert werden muss. Er kann auch eine vom Hersteller gelieferte Gebrauchsanweisung zur Verfügung stellen, wenn sie Informationen enthält, die einer Betriebsanweisung entsprechen und in einer für die Beschäftigten geeigneten Form und Sprache abgefasst ist. Bei der Verwendung von Arbeitsmitteln mit besonderen Gefahren (Gabelstapler, Ladekran, Hubarbeitsbühne) hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass diese nur beauftragte Beschäftigte verwenden.
Manipulation von Schutzeinrichtungen
Neu ist das so genannte Manipulationsverbot in der Betriebssicherheitsverordnung. Dem Arbeitgeber wird nun konkret vorgegeben, dafür zu sorgen, dass Schutz- und Sicherheitseinrichtungen nicht manipuliert oder umgangen werden. Weiter muss er sicherstellen, dass diese funktionsfähig sind und dass zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstungen (Beispiele: Handschuhe, Gehörschutz) benutzt und Information sowie Kennzeichnung und Gefahrenhinweise von den Arbeitnehmern beachtet werden. Die Einhaltung der Ver- und Gebote hat der Arbeitgeber durch regelmäßige Kontrollen zu prüfen.
Verschiedene Arbeitgeber
Auch die unkoordinierte Zusammenarbeit verschiedener Arbeitgeber, gegebenenfalls aus verschiedenen Gewerken, kann zu wechselseitigen Gefährdungen der Beschäftigten führen.
Prüfung von Arbeitsmitteln
Alle allgemeinen Prüfvorschriften für Arbeitsmittel (Beispiel Gabelstapler usw.) bleiben gegenüber der alten BSVO unverändert. Neu ist, dass besonders gefährliche Arbeitsmittel in die BSVO konkret aufgenommen wurden. Diese hat der Arbeitgeber vor ihrer erstmaligen Inbetriebnahme oder vor Wiederinbetriebnahme nach prüfpflichtigen Änderungen und wiederkehrend auf ihren sicheren Zustand sowie auf ihre sichere Funktion umfassend prüfen zu lassen. Die Vorgaben betreffen besonders die vom Verordnungsgeber festgelegte Prüffristen und die Qualifikation der Prüfer. Im Bereich des Gartenbaus unterliegen derzeit Krane und Flüssiggasverbrauchseinrichtungen den besonderen Vorgaben. Mit der neuen BSVO 2015 erhält der Arbeitgeber im Gartenbau eine Vielzahl konkreter neuer Aufgaben.
Fazit: Viele neue Aufgaben
Diese Aufgaben waren zwar schon vorher zu beachten, sind nun aber konkret benannt. Für den Betrieb wird es immer wichtiger werden, sich im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz beraten zu lassen und die regelmäßigen Maßnahmen schriftlich zu dokumentieren. Hilfestellung geben Handlungshilfen und Merkhefte sowie die Präventionsmitarbeiter der SVLFG vor Ort.
Der ausführliche Text siehe unter www.svlfg.de
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