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4. Agravis Branchentreff Sonderkulturen

Vorbeugen ist besser

Ein Umdenken ist zwingend erforderlich. Viele Pflanzenschutzwirkstoffe fallen weg und können durch vorbeugend einzusetzende Mittel und Wirkstoffe ersetzt werden. Biostimulanzien und Blattdünger können helfen. Wie? Darum ging es auf dem 4. Agravis Branchentreff.

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Im Mittelpunkt steht die Pflanze. Biostimulanzien wirken dahingehend, dass sie die pflanzliche Entwicklung positiv beeinflussen.
Im Mittelpunkt steht die Pflanze. Biostimulanzien wirken dahingehend, dass sie die pflanzliche Entwicklung positiv beeinflussen.Foto: LAD Südwest
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Der alte Spruch aus der Humanmedizin „Vorbeugen ist besser als heilen“ gewinnt auch in der Pflanzenproduktion immer mehr an Bedeutung.

Das neue Utrisha N stellte Pascal Greiner, Corteva Agriscience, als Nährstoffoptimierer vor. Das in allen Kulturen einsetzbare Düngemittel mit Öko-Zulassung enthält den Bakterienwirkstoff Methylobacterium symbioticum und verbessert die Stickstoff (N)-Effizienz. Es zählt zu einer neuen Generation von Biostimulanzien und verbessert die Pflanzenvitalität durch die Fixierung von Luftstickstoff zu Ammonium. Bis zu 25 % des N-Bedarfs werden der Pflanze damit bilanzfrei zur Verfügung gestellt. Utrisha N versorgt die Kulturen je nach Standort und Bedingungen mit 30 bis 60 kg N/ha aus der Luft, verbessert die N-Effizienz und ergänzt so die Düngestrategie.

Das Mittel wird auf das Blatt appliziert, woraufhin die Bakterien schnell die Pflanze besiedeln. Nach etwa sieben Tagen wird der erste N in Form von Ammonium an die Pflanze abgegeben. Die N-Lieferung erfolgt permanent durch die sich in den Interzellularräumen der Pflanze angesiedelten Bakterien bis zu Ernte.

Erhöhtes Pflanzengewicht und dickere Köpfe

Greiner betonte, dass es sich dabei um einen biologischen Prozess handelt, dessen Geschwindigkeit unter anderem von der Temperatur abhängig ist. Das Mittel sollte in den frühen Morgenstunden appliziert werden, wenn die Stomata geöffnet sind.

In Kopfsalat führte eine Standard-N-Düngung plus Utrisha N zu einem Anstieg des durchschnittlichen Pflanzengewichts um 112 g, der mittlere Kopfdurchmesser war mit 49,5 cm 0,5 cm größer als die Kontrollvariante.

Spinat mit auf 71,4 % reduzierter N-Düngung + Utrisha N führte mit 18,16 t/ha zu einem deutlich höheren Erntegewicht im Vergleich zu Kontrolle ohne reduzierte N-Düngung und ohne Utrisha N, die zu einer Erntemenge von 15,6 t führte.

Blattdünger zur Pflanzenstärkung

Ein Biostimulanz ist ein EU-Düngeprodukt, das dazu dient, die pflanzlichen Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt des Produkts zu stimulieren. „Wir müssen uns Zeit nehmen und wissen, wo wir die Biostimulanzien anwenden, nur dann haben wir Erfolge“, sagte Henning Jaworski, Lebosol Dünger GmbH. Biostimulanzien können Humin- und Fulvosäuren, Algenpräparate, Pflanzenextrakte, Extrakte tierischer Produkte oder Mikroorganismen sein (Tabelle).

Das neue, als Dünger registrierte Biostimulanz Avitar besteht aus Huminstoffen, Algenextrakt, Aminosäuren und Peptiden und verbesserte laut Lebosol die Nährstoffaufnahme und Stresstoleranz nahezu aller Kulturen. Der Blattdünger wird in Gemüse allgemein bei ausreichend entwickelter Blattmasse appliziert.

Silizium gilt nicht als Nährstoff, übt aber viele positive Eigenschaften auf das Pflanzenwachstum aus. Es kräftigt das Gewebe, verstärkt die Zellwände, reguliert den Wasserhaushalt, balanciert den Nährstoffgehalt und die -aufnahme, verstärkt die Zuckerbildung und erhöht die Wurzelaktivität. Außerdem steigert es die Widerstandsfähigkeit gegenüber pilzlichen Erkrankungen und Insekten, erhöht Qualität, Lager- und Transportfähigkeit.

Nur über eine Orthokieselsäure gelingt laut Jaworski die Aufnahme von Silizium in die Pflanze. Bei der Formulierung kommt es darauf an, dass die Orthokieselsäure nicht polymerisiert, was bei dem Produkt Lebosol-Silizium gut gelöst sei, wie Versuche in Salaten und Kohl zeigen. Salate bilden mit Lebosol-Silizium ein wesentlich stärkeres Wurzelwachstum aus. Angewendet im Weißkohl ergaben sich deutlich weniger Verluste unter anderem durch Erwinia.

Höhere Stresstoleranz und Erträge

Biolchim zählt, so Jan Böcker, Biolchim Deutschland GmbH, zu den Pionieren der Biostimulanzien. Diese sind für ihn Teil der regenerativen Landwirtschaft. Eines der wichtigsten und ersten Produkte der Beta-Familie ist das FiBL-gelistete BetaB aus 6 % Kalium, Glycin-Betain, Algen- und Luzerne-Extrakten und Folsäure. Es erhöht die Stresstoleranz, beispielsweise kann Hitzestress besser abgepuffert werden. Es aktiviert den pflanzlichen Stoffwechsel, fördert die Photosyntheseleistung und Nährstoffassimilation. Nach Zugabe von BetaB stieg der Erdbeerertrag deutlich.

Ein Weißkohl-Bio-Versuch zeigte ein deutlich erhöhtes Feinwurzelsystem der gleichzeitig kompakteren Jungpflanzen im Vergleich zur praxisüblichen Kontrollvariante.

Auch BetaSil (24?% Glycin-Betain, 5?% Silizium, 4?% Stickstoff) verbessert die Stress-, Frost- und Hilzetoleranz, stärkt das Pflanzengewebe und erhöht die Lagerstabilität beispielsweise bei Erdbeeren. Silizium fördert eine dickere Kutikula und die Produktion von Phenolen und Phytoalexinen.

Der Blattünger Phylen (0,5 % organischer Stickstoff, 7 % Harnstoff, 10 % Methylenurea, 2,5 % Magnesiumoxid, 5 % Schwefeltrioxid, Glycin-Betain) bedingt eine schnelle und nachhaltige N-Versorgung, Erhöhung der Photosyntheseleistung, Wachstumsförderung, eine Antistresswirkung und Verhinderung von Wachstumsdepressionen durch abiotischen Stress. Eine einmalige Phylen-Gabe in 10 cm hohen Möhren sorgte für einen Mehrertrag von 14 %, in einem weiteren Versuch wurde ein um 10 % höherer Ertrag durch Phylen verzeichnet. Diese Beispiele zeigen die hohe Ertragswirkung mit wenig zusätzlicher N-Gabe.

Düngung und Bodenhygiene

Unterfußdüngung im Kohl gewinnt durch die neue Düngeverordnung an Bedeutung. Es geht momentan verstärkt darum, die erlaubte N-Menge noch besser auszunutzen. Der schon weit über 100 Jahre alte Kalkstickstoffdünger bietet auch hier noch immer neue Ansätze, erklärte Martin Reimann, Alzchem Trostberg. Es stellte sich die Frage, wieweit Unterfußdüngung mit Kalkstickstoff im Gemüsebau mit welchen Aufwandmengen verträglich ist. Desweiteren interessierte, wie weit reduzierte Aufwandmengen die Qualität beeinflussen. Die am Ende erreichten Kopfgewichte bei Unterfußdüngung mit 100 % (175 kg N/ha NK-Dünger) und 60 oder 40 kg N/ha Kalkstickstoff-Perlka unterschieden sich kaum. Außerdem zeigte die Kalkstickstoff-Düngung einen lang anhaltenden positiven Effekt auf die Bodenhygiene. Es wäre ebenso möglich, den hier solo ausgebrachten Kalkstickstoffdünger mit einer Kali-Düngung zu kombinieren.

In Möhren muss Kalkstickstoff zehn bis 14 Tage vor der Aussaat eingearbeitet werden, damit die Cyanamid-Phase abgeschlossen ist und den Möhrenauflauf nicht schädigt. Die Wartezeit ist jedoch bei Trockenheit sowie feuchten Bodenverhältnissen ein Problem. Versuche in sechs Praxisbetrieben mit jeweils zwei Versuchsvarianten (erstens: 3 dt/ha Perlka direkt vor dem Grubbern ausgebracht und eingearbeitet, doppelte Einarbeitung mit Grubber und Dammfräse; zweitens: 2 dt/ha Perlka direkt vor der Saat gestreut und nur einmal mit der Dammfräse eingearbeitet). Praktisch wird die erste Variante die interessantere sein, weil der Grubber die Spuren des Düngerstreuers gleich wieder beseitigt, meinte Reimann. Beide Varianten zeigten sich 2021 sehr gut pflanzenverträglich. Weitere Versuche sollen folgen, um die Anwendungsempfehlung zu festigen.