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Statement Christian Ufen, Gemüsebauer aus Kronprinzenkoog und Vorsitzender der Bundesfachgruppe Gemüsebau

Je größer der Betrieb, desto größer das Arbeitskräfteproblem

Bunt wie den Gemüsebau an sich sieht Christian Ufen, Kronprinzenkoog, Unternehmer und Vorsitzender der Fachgruppe Gemüsebau, die aktuelle Situation der Gemüsebaubetriebe in Deutschland vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie in einem Gespräch mit unserer Mitarbeiterin Dr. Gisela Fischer-Klüver.

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Christian Ufen
Christian UfenHormes
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„Die Situation ist bunt, weil der Gemüsebau an sich bunt ist. Die Arbeitskräftesituation war schwierig, ist aber für die meisten Betriebe heute handhabbar. Je größer der Betrieb, umso größer war das Problem. Ich nehme an, es liegt, genau wie in unserem Betrieb, daran, dass die Situation wieder vermehrt ‚Ur- Deutsche‘ zurückgebracht hat in die landwirtschaftlichen Betriebe. Viele Menschen hatten nichts mehr zu tun und kamen so dazu, in Landwirtschaft und Gartenbau zu helfen. Betriebe, die bis zu 30 Saisonarbeitskräfte (SAK) benötigten, konnten sich oftmals mit Menschen aus der nächsten Umgebung, der nächsten Kleinstadt, aushelfen. So war es in den 80er Jahren auch. Wir hatten ja schon einmal eine Situation, da gab es weder Polen noch Rumänen, weil die Grenzen dicht waren.

Das alles hat auch dazu geführt, dass sich Landwirtschaft/Gemüsebau und die Bevölkerung wieder besser kennenlernen konnten. Ein positiver Nebeneffekt, der mehr hilft als jede Image-Kampagne. Selbst wenn die Menschen später wieder an ihren ursprünglichen Arbeitsplatz zurückgehen, haben sie eine Erfahrung in unserer Branche gemacht und werden davon erzählen. Auf jeden Fall gibt es wieder mehr Bezug zueinander, das ist eine tolle Sache.

Dieses Jahr wurde sichtbar, wie viele Osteuropäer sich bei uns ganzjährig aufhalten und in anderen Branchen tätig sind. Als sie dort auf Kurzarbeit gesetzt oder entlassen wurden, wendeten sie sich gern auch an Gemüsebaubetriebe. Ich habe zum Beispiel zwei Rumänen eingestellt, die bei einer Festzeltverleihfirma tätig waren. Diese Firma hat für dieses Jahr komplett zugemacht. Ich schätze, es gibt viele solcher Lösungen. Bei einem Kollegen haben sich 200 Arbeitssuchende gemeldet. Wenn davon in der Notlage 50 mitarbeiten und am Ende, nachdem sich alles wieder normalisiert hat, drei bis fünf auf dem Betrieb bleiben, ist das eine gute Sache.

Fünf bis zehn Personen neu anzulernen, ist möglich. Wenn der Bedarf bei hunderten Arbeitskräften liegt, funktioniert das nicht mehr. Keiner kann 300 Personen plötzlich vollkommen neu anlernen. Die Luftbrücke war eine „good will“-Aktion an die Branche. Wie es weitergeht, ist natürlich auch abhängig davon, wie gut das Ganze umgesetzt wird. Dass es ein paar Negativbeispiele gegeben hat, die medial aufgegriffen wurden, war zu erwarten. Das scheint aber nur begrenzt Echo zu finden bis jetzt. Ich hoffe, es bleibt so.

Es wird einen weiteren Bedarf an Arbeitskräften später im Jahr geben. Auch dann muss es eine Lösung geben. Wir wissen derzeit nicht, wann die Grenzen wieder geöffnet werden, ob es wieder Transitwege oder gar die Luftbrücke gibt. Irgendwann sind die Studenten, Schüler und zurzeit arbeitslos gewordenen Menschen wieder aus unseren Betrieben weg und kehren in ihre alten Berufe zurück. Für unsere Betriebe muss es trotzdem weitergehen. Wir sollten den Politikern danken, dass diese es kurzfristig aufgrund der Corona- Pandemie ermöglicht haben, die Länge der sozialversicherungsfreien, kurzfristigen, nicht berufsmäßig ausgeübten Beschäftigung von 70 auf 115 Tage zu verlängern.

Mit Blick auf den Markt war das Lagergemüse für den Frischmarkt Ende März bis Anfang April ein Corona-Profiteur, während der Verarbeitungsbereich ziemlich weggebrochen war. Die Preise für Lagergemüse sind erst einmal gestiegen, das hat sich aber wieder ins Gegenteil gekehrt. Wie sich die Preise für die neue Ernte entwickeln, bleibt abzuwarten. Eine Unsicherheit ist immer vorhanden.“