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Zukunft der Landwirtschaft

Nachhaltigkeit zahlt sich für alle aus

Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Peter Strohschneider hat ihren Abschlussbericht verabschiedet. Darin unterbreitet die Kommission Empfehlungen für die künftige Agrar-, Umwelt- und Ernährungspolitik sowie für die Gestaltung eines Transformationsprozesses des Landwirtschafts- und Ernährungssystems.

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Appel
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Nach teilweise jahrzehntelangen intensiven und emotionalen Auseinandersetzungen in Politik und Zivilgesellschaft ist es hier gelungen, einen gesamtgesellschaftlichen Aufbruch in die Zukunft der Landwirtschaft zu beschreiben. In zehn Monaten intensiver Diskussion haben es die zentralen Akteure aus Landwirtschaft, Umweltverbänden, Wirtschaft, Verbraucherschutz und Wissenschaft geschafft, Leitlinien und Empfehlungen für eine sozial, ökologisch und ökonomisch tragfähige Politik zu beschreiben und sich auf mögliche Wege dahin zu einigen.

Umbau des Agrar- und Ernährungssystems als gesamtgesellschaftliche Aufgabe

„Dieser Transformationsprozess muss als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden und angegangen werden. Nur dann kann Nachhaltigkeit zum erfolgreichen Geschäftsmodell im Landwirtschafts- und Ernährungssystem werden und sich auch volkswirtschaftlich rechnen. Wir alle müssen jetzt anfangen, in diese Zukunft zu investieren. Wer zuwartet, wird das teuer bezahlen müssen und gegenüber der jungen und kommenden Generationen nicht verantworten können. Die Zukunftskommission als Forum des fairen Interessenausgleichs zwischen Landwirtschaft, Umwelt- und Tierschutz, Wirtschaft und Verbrauchern und zusammen mit der Wissenschaft sendet mit ihren Empfehlungen der Politik ein klares Signal: Ökologisch verantwortliche Landwirtschaft kann betriebswirtschaftlich attraktiv und volkswirtschaftlich vorteilhaft sein“, so Prof. Dr. Peter Strohschneider, Vorsitzender der Zukunftskommission Landwirtschaft. 

Aktuell kämpft nicht nur die Landwirtschaft, sondern das gesamte Agrar- und Ernährungssystem mit Widersprüchen und Spannungslagen. Der enorme Preisdruck und zunehmende Regulierungen, Preisbewusstsein, sinkende Anteile des Haushaltseinkommens für Lebensmittel und steigende Qualitätsanforderungen der Verbraucher:innen sowie gesellschaftliche Forderungen nach Extensivierung stellen die Landwirt:innen vor große Herausforderungen. „‚Immer billiger‘ ist jedoch angesichts der vielfältigen Wechselwirkungen der Landwirtschaft mit Klima, Umwelt, Biodiversität und Tierwohl längst ‚zu teuer‘. Nichts oder zu langsam zu handeln wird unbezahlbar. Die ZKL zeigt nun mögliche Wege aus diesen Spannungen auf.“, so Peter Strohschneider.

So sind nach den Empfehlungen der ZKL die staatliche Förderung der Landwirtschaft an gesamtgesellschaftlichen Zielen auszurichten. Dazu gehören Verbesserungen beim Schutz der Biodiversität, bei der Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen, beim Tierschutz und beim Erhalt vielfältiger Landschaftsstrukturen. Regionale Wirtschaftskreisläufe, betriebliche Nährstoffkreisläufe sowie insgesamt eine Diversifizierung der Betriebe werden dazu beitragen, das Landwirtschafts- und Ernährungssystem in seiner Gesamtheit resilienter auszurichten. Für besseren Klima-, Umwelt- und Tierschutz sollten kooperative Ansätze nicht nur das Miteinander der Landwirte, sondern auch die Zusammenarbeit mit Partnern aus dem Naturschutz stärken.                                                                                                                                                                    

Für die GAP ergib sich daraus, einen schrittweiser und vollständiger Umbau der Direktzahlungen im Laufe der nächsten zwei Förderperioden ab 2023 in Zahlungen, die konkrete Leistungen im Sinne gesellschaftlicher Ziele betriebswirtschaftlich attraktiv werden lassen. Dieser Prozess muss möglichst stetig und in klar definierten Schritten verlaufen, um Planungssicherheit zu gewährleisten und Brüche zu vermeiden.

Zudem empfiehlt die ZKL der Bundesregierung und der Politik überhaupt, die bisher inputorientierte Förderung soweit wie möglich auf Ergebnisorientierung umzustellen und öffentliche Mittel entsprechend einzusetzen.

Weiterhin empfiehlt die ZKL verbindliche Instrumente zur Erhöhung von Markttransparenz und zur Förderung nachhaltiger und gesunder Ernährungsstile. Zu diesen gehört eine stärker pflanzlich orientierte Ernährung und eine Reduzierung des Konsums tierischer Produkte, die auch mit einer weiteren Verringerung der Tierbestandszahlen einhergehen wird.

Grundsatz ist die Steigerung der positiven und die Verringerung der negativen externen Effekte der Lebensmittelproduktion. Das wird mit einer Verringerung der Produktivität und einer Steigerung der Produktionskosten einhergehen, die mit öffentlichen Mitteln zweckgebunden und betriebswirtschaftlich attraktiv honoriert werden sollten. , So können auch Produktionsverlagerungen in Länder mit niedrigeren ökologischen und sozialen Standards vermieden werden. Allein mit den heute in den öffentlichen Haushalten für die Landwirtschaft zur Verfügung stehenden Mitteln wird dies nicht gelingen. Die ZKL weist deshalb darauf hin, dass die finanziellen Lasten gesamtgesellschaftlich und fair aufgeteilt werden müssen. Mögliche Mehrkosten bei Lebensmitteln müssen für einkommensschwache Haushalte sozialpolitisch flankiert werden.

Konsequent handeln und investieren

Die ZKL ist davon überzeugt, dass sich Nachhaltigkeit auszahlt – dauerhaft und für alle. Dafür braucht es aber jetzt konsequentes Handeln und Investieren. Die ZKL fordert die Politik daher auf, klare Umsetzungsschritte zu beschreiben und den politischen Rahmen dafür zu setzen.

Mit ihrem Abschlussbericht kommt die ZKL ihrem Auftrag nach, „Empfehlungen und Vorschläge zu erarbeiten, um eine nachhaltige, d. h. ökologisch und ökonomisch tragfähige sowie sozial verträgliche Landwirtschaft in Deutschland auch in Zukunft zu ermöglichen, die zudem gesellschaftlich akzeptiert ist“.

Die ZKL hat im September 2020 ihre Arbeit aufgenommen. Ihr gehören hochrangige Vertreter:innen aus den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt- und Tierschutz, Wirtschaft und Verbraucherschutz sowie der Wissenschaft an. Sie tagt unter Vorsitz von Prof. Dr. Peter Strohschneider (Universität München). Der Abschlussbericht wurde am 29. Juni 2021 in Rangsdorf bei Berlin beschlossen. Am 6. Juli 2021 wird die ZKL ihren Bericht an Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel übergeben.

Klöckner: Abschlussbericht ist Rückenwind für meine Arbeit

Julia Klöckner: „Der Abschlussbericht ist Rückenwind für meine Arbeit. Vieles habe ich bereits angestoßen. Im Sinne des Berichts bringen wir den Transformationsprozess in der Landwirtschaft bereits konsequent voran. In den wesentlichen Punkten unterstützt die Kommission meinen Weg. Zum einen gibt sie das klare Bekenntnis für eine nachhaltigere, wirtschaftlich erfolgreiche und gesellschaftlich akzeptierte Landwirtschaft ab. Zum anderen stellt sie heraus, dass diese Transformation nicht ohne gesamtgesellschaftliche Anstrengungen möglich ist. Ich habe immer schon betont, dass höhere Standards mehr Geld kosten. Die Kommission beziffert den finanziellen Mehrbedarf für den Transformationsprozess auf sieben bis elf Milliarden Euro. Klar ist, dass diese Kosten nicht allein von den Betrieben getragen werden können. Zumal sie jeden Tag im Wettbewerb mit Importware stehen, die teilweise unter niedrigeren Produktionsstandards und deshalb kostengünstiger erzeugt wird.“

Die Ministerin nannte vor allem drei konkrete Punkte, bei denen die ZKL den eingeschlagenen Weg des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft bestätigt: Den Systemwechsel in der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP), die Ausrichtung der staatlichen Förderung und den Umbau der Tierhaltung.

Bundesministerin Julia Klöckner bedankte sich beim Vorsitzenden, Prof. Dr. Peter Strohschneider, und allen Mitgliedern der ZKL für ihr außerordentliches Engagement. Für die Zusammenarbeit und den Abschlussbericht seien Kompromissbereitschaft und das gegenseitige Anerkennen unterschiedlicher Sichtweisen und Bedürfnisse notwendig gewesen.

„Trotz aller Unterschiede stand das Miteinander im Vordergrund. Diese konstruktive Konsenskultur sollten wir uns auch für die Zukunft bewahren. Den Abschlussbericht werden wir nun eingehend prüfen. Ich freue mich auf den weiteren Austausch“, so Julia Klöckner.

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