Gemüse für die Wand
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An einer über 20 Meter langen Wand auf dem LWG-Campus in Veitshöchheim wurden für den Versuch vier unterschiedliche Systemlösungen, unterteilt in vier Einzeltestflächen, für die Begrünung von Fassaden installiert. „Die Anlagen werden bereits erfolgreich bei der Fassadenbegrünung mit Stauden und Zierpflanzen eingesetzt. Unser Ziel ist es jedoch, die Systeme auch auf die Praxistauglichkeit im Gemüseanbau zu erproben“, erläutert Florian Demling. Der Bachelor of Science für Gartenbau aus dem Sachgebiet Bau und Vegetationstechnik des LWG-Fachbereiches Landespflege leitet den Versuch der Gemüsefassade, der im Rahmen des Forschungsprojektes zur „Nahrungsmittelproduktion auf überbauten Flächen im Siedlungsbereich“ angelegt wurde. Ziel des bayernweiten Forschungsprojektes ist es, die Möglichkeiten der Dach- und Fassadenbegrünung im Rahmen des „Urban Gardenings“, also dem Anbau von Obst und Gemüsen in Städten, zu untersuchen.
„Die Grundvoraussetzung für unseren Versuchsaufbau ist bei allen vier Systemen gleich“, erläutert Demling. So wurden bereits im Herbst vergangen Jahres die vier technisch unterschiedlich konzipierten Anlagen mittels einer Stahlkonstruktion an der Wand montiert. „Natürlich ist der Standort des Versuchsaufbaues entscheidend für den Versuchsverlauf. Es wurde daher bewusst eine Wand mit Süd-West-Ausrichtung für die ideale Sonneneinstrahlung sowie die Möglichkeit eines Windschutzes durch umliegende Gebäude gewählt“, so der Versuchsleiter. Mit einem rezirkulierenden Wasser- und Nährstoffkreiskreislauf wird zudem die kontinuierliche Versorgung der Pflanzen sichergestellt. „Bei Trockenheit nutzen wir unseren halb geschlossenen Kreislauf. Neben der natürlichen Bewässerung durch den Regen kann jede Versuchseinheit bei Bedarf von oben künstlich bewässert werden. Durch die Schwerkraft fließt das Wasser schließlich abwärts, sodass auch die Pflanzen in der letzten Reihe ausreichend versorgt werden. Das überschüssige Wasser tropft dabei nicht nach unten auf den Boden, sondern wird über Rinnen dem Kreislauf wieder zugeführt und für die nächste Bewässerung genutzt“, erläutert Demling.
In der Anwachsphase kommt die künstliche Bewässerung rund 2-3-mal am Tag zum Einsatz. Die für die Pflanzen so wichtigen Nährstoffe wie Stickstoff, Kalium, Phosphor, Magnesium und Spurennährstoffe sind dabei im Wasser gelöst. „Damit wir alles im Blick haben, wird die Bewässerung vollautomatisch gesteuert und auch die Nährstoffkonzentration des Wassers gemessen“, so der Versuchsleiter. Nur dadurch kann der Wasserverbrauch für die Auswertung korrekt erfasst und eine gleichmäßige Düngung aller Pflanzen sichergestellt werden.
So wurden beim Pflanzen und Säen am 31.05.2017 insgesamt 392 Salatpflanzen (grüner und roter Romana-Salat) und 196 Erdbeerpflanzen gepflanzt sowie 196-mal Buschbohnen gesät. Aus dem Versuchsaufbau wird somit eine lebendig Wand – die „Living Wall“. Die Auswahl der Pflanzen wurde dabei bewusst getroffen: Denn Salat, Bohnen und Erdbeeren haben ähnliche Ansprüche an die Düngung und Bewässerung. Auch die Anordnung der Pflanzen folgt einem bestimmten Muster. „Das Einsäen und Bepflanzen der Testflächen erfolgt nicht willkürlich. Im Vorfeld wurde mit einem Pflanzplan die Anordnung jeder einzelnen Pflanze definiert“, so Demling.
„Im Mittelpunkt des Versuches steht die individuelle Pflanzenentwicklung“, erläutert Demling. Neben der regelmäßigen Überprüfung der Vitalität der Pflanzen fließt vor allem das Endergebnis, also der Ausfall der Ernte, in die Gesamtbewertung mit ein. „Mit regelmäßigen Bonituren überprüfen wir den Zustand der Pflanzen“, so der LWG-Mitarbeiter. Dabei werden bei optischen, qualitativen Betrachtungen der Pflanzen Noten von eins (verkümmert) bis neun (üppiges Wachstum) vergeben.
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