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Interview mit Tobias Vetter

Agri-PV versus Freiflächen-PV

Tobias Vetter hat im Rahmen seiner Masterarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf das Potenzial von Agri-PV-Anlagen mit klassischen Freiflächen-Photovoltaikanlagen verglichen.

von Matthias Borlinghaus erschienen am 04.09.2025
Agri-PV bietet großes Potenzial für die Energiewende. © Matthias Borlinghaus
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Zur Person
Tobias Vetter
hat sich im Rahmen seiner Masterarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf mit Agri-PV-Anlagen beschäftigt.
Herr Vetter, um was ging es bei Ihrer Arbeit? Im Rahmen des Forschungsprojekts „HyPErFarm“, das im „Horizon 2020 Research and Innovation Programme“ der Europäischen Union gefördert wurde, lag mein Forschungsschwerpunkt auf der Erstellung eines Life Cycle Assessment (LCA) von Agri-Photovoltaikanlagen (Agri-PV-Anlagen) sowie der Untersuchung der Wirtschaftlichkeit. In diesem internationalen Projekt, das vier Länder und 13 Partner umfasst, sind neben Universitäten auch Unternehmen, Forschungseinrichtungen und landwirtschaftliche Betriebe beteiligt. Als deutsche Projektteilnehmer sind hier die Firma Krinner GmbH, das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) und die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, an der ich tätig war, zu nennen. Neben der ökonomischen Forschung arbeiteten in diesem Projekt meine Kollegen Bernhard Bauer und Thomas Laber intensiv an der Untersuchung der Auswirkungen von Agri-PV-Anlagen auf den Pflanzenbau. Im Zuge meiner Arbeit verfasste ich meine Masterarbeit, in der ich Agri-PV-Anlagen im Vergleich zu klassischen Freiflächen-Fotovoltaikanlagen ökonomisch und in Bezug auf deren Klimawirkung analysierte und die jeweiligen Zukunftsperspektiven sowie Herausforderungen beider Systeme beleuchtete.
Jede Anlage muss individuell betrachtet werden Tobias Vetter
Was waren die wesentlichen Ergebnisse? Die Ergebnisse meiner Untersuchungen zeigen, dass Agri-PV-Anlagen unter bestimmten Rahmenbedingungen durchaus wirtschaftlich rentabel sein können. Die Rentabilität hängt jedoch von mehreren Faktoren ab, wie beispielsweise der Entfernung zum Netzanschlusspunkt, der Höhe der Einspeisevergütung und den Baukosten, die stark von der baulichen Struktur abhängen. Diese Faktoren variieren zwischen den verschiedenen Agri-PV-Anlagen, weshalb jede Anlage individuell betrachtet werden muss. Trotz der landwirtschaftlichen Nutzung der Fläche als primäres Ziel der Agri-PV, hat die Stromproduktion einen größeren Einfluss auf die Gesamtrentabilität. Aus klimatischer Sicht bieten Agri-PV-Anlagen ein erhebliches Potenzial zur CO2-Reduktion. Im Gegensatz zu klassischen Freiflächenanlagen bleibt auf 85 bis 90 % der Fläche die landwirtschaftliche Nutzung erhalten, was eine nachhaltige Landnutzung fördert. Dies kann zur Reduktion von CO2-Emissionen pro Tonne erzeugtem Getreide führen und gleichzeitig regionale Wertschöpfung durch die lokale Nutzung von Getreide unterstützen. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Potenziale stark von den jeweiligen Standortbedingungen abhängen, sodass Agri-PV nicht in jedem Fall die gleichen ökologischen oder ökonomischen Vorteile bietet. Auf welchem Stand befindet sich die Technologie? Die Technologie befindet sich weiterhin in der Entwicklungsphase, zeigt jedoch vielversprechendes Potenzial, um sich zu etablieren. Dadurch steigt auch das Interesse an Agri-PV-Anlagen, was die Entwicklung zusätzlich beschleunigt. Für die Steigerung der Effizienz werden verschiedene Metriken bewertet, etwa der Energieertrag pro Modul (kWh/kWp) oder installierte Leistung pro Fläche (kWp/ha). Während Tracker-Systeme die höchsten Energieerträge pro Leistung verzeichnen (kWh/kWp), erreicht die hochaufgeständerte Variante die höchste Energiedichte pro Fläche (kWp/ha). Mit zunehmender Nachfrage ist künftig eine Kostenreduktion durch Skaleneffekte zu erwarten, was die wirtschaftliche Attraktivität der Technologie weiter steigern dürfte. Was raten Sie landwirtschaftlichen Betrieben, die überlegen in Agri-PV einzusteigen? Landwirte, die eine Agri-PV-Anlage in der Nähe ihres Betriebs errichten möchten, sollten einige wichtige Rahmenbedingungen beachten. Eine Agri-PV-Anlage kann als privilegiertes Bauvorhaben genehmigt werden, wenn diese in einem räumlichen und funktionalen Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb steht und eine Grundfläche von maximal 25.000 m2 nicht überschreitet. Zudem ist je Betriebsstandort nur eine Agri-PV-Anlage zulässig und die Entfernung zur Anlage darf in der Regel 300 m nicht überschreiten, wobei dies je nach Situation variieren kann. Ein entscheidender Aspekt bei der Planung einer Agri-PV-Anlage ist der Netzanschluss. Die Entfernung zum nächstgelegenen Netzanschlusspunkt sollte möglichst gering gehalten werden, da die Kosten für die Errichtung eines Kilometers Kabels zwischen 80.000 und 100.000 Euro betragen können. Zudem muss sichergestellt werden, dass der Anschluss ausreichend leistungsfähig ist, um die Einspeiseleistung der Anlage zu bewältigen. Landwirte sollten sich daher vor dem Bau einer Agri-PV-Anlage umfassend über die rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Aspekte informieren und einen spezialisierten Projektentwickler hinzuziehen. Wer selbst keine Agri-PV-Anlage baut, kann sich womöglich bei anderen an deren Anlage mit beteiligen. Für wen könnten solche Beteiligungen sinnvoll sein? Die Beteiligung an Agri-PV-Anlagen bietet eine attraktive Möglichkeit für verschiedene Zielgruppen, aktiv zur Energiewende beizutragen. Für Landwirte, die keine geeigneten Flächen besitzen, stellt eine Kooperation mit benachbarten Landwirten eine sinnvolle Lösung dar. So können sie gemeinsam eine Anlage errichten und von den Vorteilen der erneuerbaren Energieproduktion profitieren. Zusätzlich können so die Finanzierung der Anlage erleichtert und etwaige Risiken aufgeteilt werden. Privatpersonen, die den Ausbau erneuerbarer Energien unterstützen möchten, können sich ebenfalls an Agri-PV-Anlagen beteiligen. Dies ermöglicht ihnen, eine nachhaltige Rendite zu erzielen, ohne das Risiko und den Aufwand eines eigenen Projekts zu tragen. Für Unternehmen, die ihre CO2-Bilanz verbessern und gleichzeitig ihre Nachhaltigkeitsstrategie vorantreiben möchten, bietet eine Beteiligung an Agri-PV-Anlagen eine Möglichkeit, positive Öffentlichkeitsarbeit zu leisten und sich als Vorreiter in der Nutzung erneuerbarer Energien zu positionieren. Diese Beteiligungsmodelle verdeutlichen das Potenzial von Agri-PV-Anlagen als Instrument zur Förderung der Energiewende, das ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Interessen miteinander verbindet. Agri-PV stellt somit eine vielversprechende Lösung dar, die nicht nur zur Energieversorgung beiträgt, sondern auch die nachhaltige Nutzung landwirtschaftlicher Flächen unterstützt.
Autor:in
Matthias Borlinghaus
AR Agrar-Redaktion mborlinghaus@ulmer.de
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