
Kartoffeln
Kartoffeln zählen global zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln. Mit rund 17 Mio. ha rangierten sie im Jahr 2023 gleich hinter Weizen (220 Mio. ha), Mais (208 Mio. ha) und Reis (168 Mio. ha) an vierter Stelle.
von Christoph Hambloch erschienen am 07.10.2025Die Kartoffel wächst in vielen Klimaten, nutzt Wasser sehr effizient und liefert hohe Nährstofferträge je Hektar. Das macht sie auch für Entwicklungsländer interessant, um Hunger zu bekämpfen. China und Indien sind die mit Abstand größten Anbauländer der Welt. Vom 2023er Areal standen in China 4,5 Mio. ha und in Indien 2,3 Mio. ha. In der EU gibt es im Jahr 2025 über 1,4 Mio. ha. Mit dem riesigen Anbau in Asien gehen aber nicht die höchsten Erträge einher. Die gibt es eher in Nordamerika und in Europa. Daher ist das weltweite Kartoffelaufkommen auch anders als die Anbaufläche verteilt.
Von den bis zu 390 Mio. t Kartoffeln der vergangenen Jahre kamen aus Europa über 100 Mio. t. Zwar wachsen Kartoffeln fast überall, die besten Böden und ein optimales Klima gibt es aber vor allem in Westeuropa. In den flächenstarken Ländern China und Indien stehen Kartoffeln in Gebieten, die eher von subtropischem oder tropischem Klima geprägt sind, was nicht so ideal ist, oder der Kartoffelanbau rückt wegen des Klimas in höher gelegene Gebiete.
Kartoffeln sind wegen des hohen Wassergehalts weniger gut für lange Transporte geeignet. Unsanfte Behandlung oder ungeeigneten Temperaturen nehmen sie übel. Es gibt zudem einige Schädlinge und Krankheiten, die als Quarantäneschaderreger eingestuft sind. Deren Verschleppung wird mit Beschränkungen im internationalen Handel begegnet. Es gilt der Grundsatz, dass Kartoffeln nicht in die EU eingeführt werden dürfen. Für Länder rund ums Mittelmeer gibt es Ausnahmen. In Form von Kartoffelprodukten ist der Handel dagegen frei – abgesehen von unterschiedlichsten Zöllen. So oder so, das Frischkartoffelgeschäft ist weitgehend eine Veranstaltung des europäischen Marktes mit Verzahnung am Weltmarkt über Produkte.
Wachsender Anbau in Europa
Wegen der nahezu optimalen Klima- und Bodenverhältnisse ist der Kartoffelanbau in Europa stark auf West- und Mitteleuropa, und zwar vor allem von Ostfrankreich bis Niedersachsen, konzentriert. Darüber hinaus wachsen in Polen und Großbritannien noch viele Kartoffeln. Allein auf die Staaten Frankreich, Belgien, Niederlande und Deutschland entfallen 2025 über 800.000 ha der insgesamt fast 1,5 Mio. ha. Während vor weniger als zehn Jahren mit über 300.000 ha die meisten Kartoffeln in Polen wuchsen, kann diese Position 2025 Deutschland mit 301.000 ha für sich verbuchen.
Der Vertragsanbau nimmt einen immer größeren Stellenwert ein Christoph Hambloch
Die Flächenentwicklung der vergangenen Jahre war stark von der Entwicklung der Kartoffelverarbeitung geprägt, die immer mehr Rohstoff forderte und die Konzentration im beschriebenen Gebiet vorantrieb. Da damit auch eine Verlagerung in die ertragsstärksten Regionen erfolgt, haben West- und Mitteleuropa bei der Ernte einen noch viel höheren Stellenwert als beim Anbau. 2024 beispielsweise kamen EU-weit gut 50 Mio. t zusammen, von denen 32 Mio. t allein aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Deutschland stammten.
Produktionsziele fördern große Sortenvielfalt
Die Verwertungsmöglichkeiten der Kartoffel sind sehr vielfältig und reichen von der Verwendung als Frischware über unterschiedlichste Produkte bis hin zur Erzeugung von Stärke für technische Anwendungen. Auch der Verwendungszeitpunkt führt dazu, dass sich die Anforderungen an die Knollen noch weiter aufspalten. Dem trägt die Züchtung Rechnung, die allein in Deutschland ein Spektrum von über 360 verschiedenen Sorten abbildet. Diese unterscheiden sich neben dem Ertragspotenzial unter anderem in Reifezeit, Stärkegehalt, Form, Größe, Geschmack, Verzuckerung im Lager und Zusammensetzung der Stärke. Manche Sorten können einzelnen abgegrenzten Teilmärkten fest zugeordnet werden, andere werden bedingt über die Grenzen der Märke für Speisefrüh- oder Speisekartoffeln, Stärke-, Chips-, Pommes frites-, Flocken oder Puffer-Kartoffeln hinaus austauschbar gehandelt.
Zunehmender Vertragsanbau
Da immer mehr Kartoffeln für die Herstellung von Produkten angebaut werden, nimmt auch der Vertragsanbau einen immer größeren Stellenwert ein. Stärkekartoffeln und Chipskartoffeln haben seit jeher den größten Anteil am Vertragsanbau. Feste, qualitätsabhängige Preise sind die Regel. Während bei Stärkekartoffeln im Saisonbetrieb meist bis zu Beginn des neuen Jahres alles verarbeitet ist, muss für andere Verwertungen langfristig gelagert werden. Bei den Chips-Herstellern machen das die Verarbeiter oder Erzeugergemeinschaften. Bei Pommes-Kartoffeln lagern viele Erzeuger in Westdeutschland, im Beneluxraum oder in Frankreich darüber hinaus auch selbst ein. Vertragspreise befinden sich entweder in einer von der Marktlage abhängigen Min-Max-Preisspanne oder es gibt Anbau- und Lieferverträge mit einer fest bepreisten (80 %) und einer freien (20 %) Menge, die zum Tagespreis abgerechnet wird. Für die Lagerdauer gibt es Aufschläge.
Einen festen Vertragsanbau für Speisekartoffeln gibt es zwar auch, in Deutschland bildet er aber eher die Ausnahme. Allerdings haben sich Liefer- bzw. Abnahmebeziehungen zwischen Erzeugern und Abpackbetrieben vor allem hierzulande in den vergangenen Jahren deutlich verfestigt. Das gilt für die gesamte Lieferkette. Weitgehend sind heutzutage einzelnen Ketten im LEH bestimmte Abpacker fest zugeordnet. Diese wiederum greifen auf eine Reihe von Stammlieferanten für die Speisekartoffeln zurück. Die Bindung ist zu Erzeugern in den Zufuhrgebieten größer als zu denen in Überschuss- oder Versandgebieten.
Schwerpunktregionen
Jedes Jahr startet mit Frühkartoffeln im Frühjahr eine neue Saison. Diese kommen für West- und Mitteleuropa zunächst aus Ägypten und Israel. Überschüsse werden in Südeuropa eher nicht produziert. Für die Zeit von Mai bis August liefern vor allem Spanien und Italien Frühkartoffeln gen Norden. Dort gibt es Frühkartoffelanbau in Bordeaux und in der Bretagne, im belgischen Teil Flanderns sowie hierzulande in der Pfalz, im Raum Burgdorf (Niedersachsen) oder am Niederrhein. Dabei stehen Bordeaux und Niederrhein vor allem für frühen Verarbeitungsrohstoff, der Rest für Speisefrühkartoffeln. Mit der Klimaerwärmung verlieren die genannten Regionen teils ihren zeitlichen Vorsprung, was 2025 besonders stark zutraf.
Pflanzkartoffeln bedürfen einerseits einer großen Spezialisierung der Erzeuger, andererseits aber auch optimaler natürlicher Bedingungen, sogenannte Gesundheitslagen, um gesetzliche Anforderungen an die Freiheit von Krankheiten zu garantieren. Küstennahe Produktion hat einen gewissen Vorteil, wenn es um Läuse als Vektoren für Viruskrankheiten geht. So gibt es in den Niederlanden das größte Vermehrungsareal. In Deutschland befindet sich viel Vermehrung in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und vor allem in Niedersachsen. Von EU-weiten 97.000 ha standen 2023 in den Niederlanden, Deutschland und Frankreich rund 75.000 ha. Es gibt den Trend, in Nordeuropa und in den baltischen Staaten etwas mehr Vermehrung zu platzieren. Die klimatischen Bedingungen verbessern sich, und es gibt dort sehr gesunde Lagen.
2025er Kartoffelproduktion auf einem Irrweg
Schon im Herbst 2024 schienen aus Sicht der AMI Preisentwicklung und Verfügbarkeit von Kartoffeln für die Herstellung von Pommes frites nicht zusammenzupassen. Denn seit Mitte 2023 blieb ein weiter steigender Export von Pommes frites aus der EU und auch innerhalb Europas aus. Die Erwartung der Wirtschaft war angesichts geplanter Erweiterungen von Verarbeitungskapazitäten – vor allem im Nordosten Frankreichs – aber eine völlig andere. Noch bis Anfang 2025 wurden händeringend mehr Landwirte gesucht, um Verarbeitungskartoffeln anzubauen. Und die fanden sich, schienen andere Feldfrüchte doch eher unattraktiv zu werden. Darüber hinaus hatten die Jahre 2023 und 2024 gezeigt, wie viel mit Kartoffeln zu verdienen sein kann. Damit waren für 2025 die Leitplanken für eine kräftige Anbauausweitung gesetzt.
Viel zu spät, im März 2025, ließen die Verarbeiter ihre Maskerade fallen und offenbarten erhebliche Absatzprobleme bei Pommes frites. Weder die komplette Lagerware aus 2024 noch die vertraglich schon gebundenen Frühkartoffeln 2025 hatten absehbar noch gute Absatzmöglichkeiten. In Westeuropa wurden sogar Verträge storniert. Am Frühkartoffelmarkt nahm dann Mitte Juli das Elend seinen Lauf, die Preise für vertragsfreie Kartoffeln der neuen Ernte verfielen bis Ende Juli auf nur noch 1,50 EUR/dt. Das Angebot an Lagerkartoffeln reichte bis weit in den August hinein und fand am Ende auch nicht mehr vollständig den Weg ihrer ursprünglichen Bestimmung.
Die Ursachenanalyse für den Einbruch der globalen Pommes frites-Verkäufe setzt an verschiedenen Stellen an. Es werden die Preise für Pommes frites diskutiert. Die hatten von Dezember 2021 bis Anfang/Mitte 2023 beispielsweise beim Außenhandelswert der Lieferungen aus dem Beneluxraum einen Anstieg von rund 0,65 EUR/kg auf 1,22 EUR/kg. Zudem sank inflationsbedingt die Kaufkraft in vielen Regionen der Erde, und Pommes frites sind kein Grundnahrungsmittel.
Die Kartoffelläger dürften sehr voll werden Christoph Hambloch
Wachsender Wettbewerb aus neu an den Markt strebenden Anbieterregionen könnte ein weiterer Grund für die Absatzschwäche sein. Allerdings erklärt das nicht die Rückgänge, die innerhalb der EU zu verzeichnen waren. Pommes frites für den Weltmarkt kommen vor allem noch aus den USA, Kanada, Argentinien, der Türkei, Ägypten, Indien und China. Bei den ersten vier gab es längerfristig betrachtet bis einschließlich 2024 kein größeres Wachstum. Ägypter, Inder und Chinesen legten aber im Vorjahr zu.
Es herrscht Perspektivlosigkeit
Für 2025 und zumindest Anfang 2026 gibt es am Markt für Pommes frites-Rohstoff in der EU eher düstere Aussichten. Einerseits hängt der Markt in einer Nachfragedelle, andererseits gibt es reichlich Rohstoff. Die Lagerkartoffelernte, welche in diesem Jahr heranwächst, fußt in Deutschland, Belgien, Niederlande und Frankreich auf einem noch wesentlich größeren Areal als im Vorjahr. Die Kartoffelläger dürften sehr voll werden, wenn nicht Wetterkapriolen bis zum Ende der Rodungen noch einen Strich durch die Rechnung machen. Wenn die globale Nachfrage nicht schon bald kräftig anzieht, sehen die Vorzeichen für die kommende Vermarktung von Pommes frites-Kartoffeln, die von außerhalb des Vertragsanbaus kommen, außerordentlich schlecht aus.
Langfristig noch viel Potenzial vorhanden
Sehr viele Menschen auf der Erde essen noch wenig Pommes frites. Behalten Marktforscher recht, wird sich dies ändern. Gute Produktionsstandorte für den Kartoffelanbau sind knapp – auch in Indien oder China – aber in Westeuropa vorhanden. Der Ausbau der Kartoffelverarbeitung in Asien und Indien erfolgt mithilfe der Global Player am Markt. Die müssten dadurch eigentlich am Puls der Zeit sein, sodass Kapazitätserweiterungen und -ausbau in Westeuropa eigentlich kein Zufallsprodukt sein sollten.
Versorgungslage am deutschen Speisekartoffelmarkt
Der Speisekartoffelmarkt in Deutschland nimmt bis zu 1,8 Mio. t Kartoffeln auf, die über den Lebensmitteleinzelhandel, übrige Verkaufsstätten und zum Teil als Schälkartoffeln zu den Verbrauchern gelangen. Produziert wird allerdings mehr, und 2025 setzte dank Flächenerweiterung noch eins drauf. Befürchtet hatte das mancher, waren die Vorjahre doch von mäßigen Erträgen, regionalen Ernteausfällen und hohen Preise geprägt. Ernteausfälle gibt es 2025 kaum, das Areal ist gewachsen, und die Ertragslage war überall mindestens gut durchschnittlich. Die Kartoffelläger dürften sehr voll werden, und einzelne Ketten könnten versuchen, nach deutscher Lagerware im Frühsommer 2026 gleich wieder auf deutsche Frühkartoffeln umzustellen. Andere ordern aber wieder Frühkartoffeln in Spanien, Ägypten oder Israel – vermutlich in einem Umfang, der angesichts der eigenen Erntemengen nicht nötig wäre. Der Südwesten Deutschlands lässt sich außerdem mit Lagerkartoffeln aus Frankreich versorgen.
Der schwierigen Marktlage sind sich viele bewusst und haben schon im August begonnen, so viele Kartoffeln wie möglich anderen Verwertungen wie Biogasanlagen oder dem Tierfutter zuzuführen. Der September sah dann eine Beimengung von Kartoffeln zur Maissilage, wie sie noch selten zu sehen war, heißt es. Ohne weitere Absatzventile wird es dennoch schwierig, den Speisekartoffelmarkt aus Sicht der Erzeuger wieder in eine gute Richtung zudrehen.
Exportzuwachs wird schwierig
Bis Juni 2025 flossen aus Deutschland mehr Speise- und Verarbeitungskartoffeln ab als je zuvor. Damit stellt das Wirtschaftsjahr 2024/25 einen Rekord auf. Im Jahr 2019/20 waren es 1,8 Mio. t, zuletzt innerhalb von zwölf Monaten 2,7 Mio. t. Es wurde jedes Jahr mehr. Ein Treiber war der immer weiter steigende Bedarf der Verarbeitung in den Niederlanden, wohin fast 1,1 Mio. t gingen. Ähnlich Belgien, das über 0,6 Mio. t aufnahm. Mit 280.000 t nahm Italien viel mehr auf als in den Vorjahren – dabei immer ein größerer Block Chips-Kartoffeln. Polen, Österreich und Tschechien sind Länder, die wohl wieder über 100.000 t aufnahmen. Länder mit großem Zuwachs auf Rekordniveau waren ansonsten Frankreich (58.000 t), Griechenland (15.000 t), Serbien (7.000 t), Oman (22.000 t), Thailand (26.000 t) und Indonesien (25.000 t).
Für das neue Wirtschaftsjahr stehen sicherlich größere Mengen günstigerer Kartoffeln für den Export bereit. Ob das aber noch mehr Ausfuhren schafft, ist die große Frage. Angesichts der genannten Hauptbestimmungen, die 2025 ebenfalls viele Kartoffeln ernten, aber nicht den erwarteten Bedarf an Verarbeitungskartoffel zu haben scheinen, und wegen der Konkurrenz aus diesen Ländern an anderen Bestimmungsorten für Exporte, darf daran stark gezweifelt werden. Riesige Kartoffelmengen, denen die zum Jahreswechsel noch erwartete Bestimmung fehlt, kommen vor allem aus Frankreich.
Absicherung ist alles
Diese Saison zeigt, wie riesig Verluste beim Anbau von Kartoffeln sein können, wenn rein spekulativ angebaut wird. Viele haben sich vom Hype der Vorjahre in die Irre leiten lassen und sich nicht genügend um ihre Absatzplanung gekümmert. Wer keinen Vertrag hat oder nicht zu Stammlieferanten von Abpackern oder auch Verarbeitern zählt, wird nicht nur gnadenlos mit Abwehrpreisen bestraft, er wird seine Kartoffeln womöglich nur im Futter oder in der Biogasanlage los oder hat sie vielleicht auch schon auf dem Acker vernichten müssen. Selbst beim Vertragsanbau muss teils nachjustiert werden. Wer so kalkuliert, dass nur der Absatz von nicht fest bepreisten Übermengen aus Lieferverträgen den Gewinn ausmacht, wird 2025/26 auch nicht glücklich.
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