Dem Boden wieder mehr Aufmerksamkeit schenken
Traditionell findet parallel zur Messe ExpoSE in Karlsruhe auch der Spargeltag auf dem Messegelände statt. In diesem Jahr war unter anderem Dr. Giusto Giovanetti aus Turin zu Gast. Der Bodenkundler beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Bodenleben. Im Zuge dessen hat er die Firma CCS Aosta gegründet, die das Produkt Microsat F entwickelte. Doch dazu später mehr.
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Um zu verstehen, dass Boden nicht nur ein Substrat ist, in dem pflanzliche Kulturen wurzeln, nahm Giovanetti die Zuhörer mit auf eine Reise unter die Erde. In 1?cm3 Boden leben 100 Mio. Mikroorganismen. Jeder dieser Organismen ist ein Spezialist, der bestimmte Aufgaben in einem großen Netzwerk erfüllt. Diese hohe Biodiversität lebt mehr oder weniger in Symbiose mit den Pflanzenwurzeln und wird benötigt, um den pflanzlichen Organismus zu erhalten und zu fördern.
„In den vergangenen 50 Jahren haben wir einen Krieg gegen alle Mikroorganismen und Pathogene geführt“, meint der Wissenschaftler und ergänzt: „Dabei haben wir auch all jene Organismen getötet, die der Pflanze helfen“. Die Folge: Bodenmüdigkeit. Landwirte hätten nicht verstanden, was die Bodenorganismen für unsere Pflanzen bedeuten. Ein Netzwerk symbiotischer Pilze verbindet beispielsweise unterirdisch Pflanzen über ihre Wurzeln miteinander. Auf diese Weise können sich diese gegenseitig vor Fraßfeinden oder Erkrankungen warnen. Über dieses Netzwerk werden auch Stoffe im Boden transportiert. Die Auswirkungen der Zerstörung dieses Systems verglich Giovanetti mit dem Einschlag eines Asteroiden auf der Erde.
Landwirtschaft muss sich ändern
„Wir müssen zurückfinden zu einer Landwirtschaft, die versteht, was das Bodenleben bedeutet“, so der Wissenschaftler. Er fordert eine drastische Reduktion von Pflanzenschutzmittel- und Düngereinsatz. Ein gesunder Boden mit einer hohen Biodiversität bei den Mikroorganismen sei auf lange Sicht dazu in der Lage, sich selbst zu regulieren. Mit der Auswahl der passenden Kulturpflanzen und -sorten könne der Landwirt oder Gärtner zusätzlich seinen Teil beitragen. So gebe es beispielsweise auch beim Spargel Sorten, die leichter mit der Mykorrhiza in Kontakt gehen können, als andere.
Um die Mikroorganismen im Boden zu regulieren, können auch entsprechende Präparate, wie das zu Beginn genannte Microsat F eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um eine Mischung verschiedener Bodenorganismen wie unterschiedlicher Pilze und Bakterien. Wichtig sei bei der Auswahl entsprechender Mittel, dass diese eine Mischung aus Mykorrhiza, Strahlenpilzen, Mikropilzen, Bakterien und weiteren Pilzen enthalten, die alle in Gemeinschaft ihre jeweiligen Aufgaben im Boden übernehmen. Dazu zählt im Übrigen auch die Fixierung von CO2 im Boden, welche durch entsprechende Mikroorganismen erfolgt.In einem Praxisversuch in Italien habe sich gezeigt, dass beim Baby-Leaf-Anbau unter Glas nach und nach der Pflanzenschutzmitteleinsatz heruntergefahren werden konnte und die Pflanzen kräftiger und gesünder gewesen seien. Auch die Haltbarkeit der geschnittenen Ware habe sich verbessert. Zudem konnten höhere Werte von Karotinoiden und Antioxidantien nachgewiesen werden.
Derzeit findet am LTZ Augustenberg in Karlsruhe ein Spargel-Versuch unter dem Einsatz von Microsat F statt, bei dem ebenfalls geprüft werden soll, ob das Produkt Auswirkungen auf die wertgebenden Inhaltsstoffe bei Spargel hat.Produkte mit Mikroorganismen werden in der Regel in geringer Menge direkt bei der Pflanzung oder Aussaat mit in den Boden gegeben. Im Zuge des Wurzelaufbaus wird das Mikrobiom so weiter im Boden verteilt. Die Wirksamkeit sei dabei weniger von der Bodenart abhängig, als von der ausgesäten oder ausgepflanzten Sorte, so Giovanetti. Bei Sorten-Selektionen sei jedoch die Mykorrhizierbarkeit der Wurzeln in der Vergangenheit nicht berücksichtigt worden.
Ab in die Wildnis
Die slownische Staudengärtnerin Mojca Rehar Klancic hat es sich zum Ziel gemacht, Wildspargel in Kultur zu nehmen. Dazu selektioniert sie wild gesammelte Samen und kultiviert die Pflanzen in ihrer Gärtnerei in der Nähe von Ljublijana in Töpfen. Die klimatischen Verhältnisse sind ähnlich zu Karlsruhe, sodass eine Kultur als Nischenprodukt auch in Deutschland möglich wäre.Asparagus acutifolis ist immergrün, kann in strengen Wintern zurückfrieren, treibt aber meist wieder zügig neu aus. Zu Beginn wachsen die Pflanzen recht langsam, können dann aber über viele Jahre in Kultur bleiben. Aufgrund seines ausgeprägten Wurzelwachstums ist der Wildspargel sehr trockenheitstolerant.
Die zarten Triebe werden mit dem Daumen dort abgebrochen, wo der Spross leicht nachgibt. Die Bündel werden in der Regel frisch vermarktet. Eine Konservierung ist vakuumiert oder eingelegt in Ölivenöl möglich. Derzeit prüft Klancic verschiedene Anbauformen unter Folie und mit Haselnüssen als schattenspendende Begleitsträucher. Zudem wurden die Jungpflanzen mit Mykorrhiza inokkuliert.
Kontakt: trajnice@trajnice.com (Englisch)
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