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Eindrücke von der Intersolar Europe

Energiequelle Nummer Eins

Photovoltaik boomt – vor allem auf der Freifläche. Agri-PV soll den Flächendruck abbauen. Auf der Messe Intersolar ging es zudem viel um Batteriespeicher und bidirektionales Laden von Elektroautos – was die Photovoltaik als Energiequelle weiter stärken wird.

von Christian Dany erschienen am 08.09.2025
Das Rennen um die Aufträge für Photovoltaik-Anlagen ist in vollem Gange. In München traf sich die Branche auf der Messe „The smarter E Europe“. © Christian Dany
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Weltweit sind im vergangenen Jahr 500 Milliarden US-Dollar in Photovoltaik investiert worden. Das ist mehr als in alle anderen Stromerzeugungstechnologien zusammen. Dies gab der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) auf der Intersolar bekannt. Die Messe in München machte das neue Verständnis der Solarenergie als systembildende Technologie deutlich: Erneuerbare Energien sind nicht länger nur ergänzende Elemente des Energiesystems. Dieses gilt es nun, flexibler, digitaler und sektorübergreifend vernetzter zu gestalten. Die Intersolar gehört deshalb neben Teilmessen zu Stromspeicherung, Elektromobilität und Energiemanagement mittlerweile zu einem Messequartett unter der Dachmarke „The smarter E Europe“.

Viele Besucher, hohes Interesse

107.000 Besucher kamen im Mai zu den 2737 Ausstellern aus 57 Ländern auf dem vollständig belegten Münchner Messegelände. Damit wurden die Rekordzahlen vom Vorjahr zwar knapp verfehlt. Angesichts des brummenden Geschäfts bei Solarenergie und Batteriespeichern tat das der guten Stimmung aber keinen Abbruch.

Mit Abstand größte Solarnation ist China. Den Primus in Europa stellt nach wie vor Deutschland. Carsten Körnig vom BSW-Solar zählte die erreichten „Solaren Meilensteine“ auf: Nach einer Verdopplung in nur fünf Jahren waren Ende 2024 100 Gigawatt (GW) Photovoltaik (PV) in Betrieb. Der PV-Zubau hat sich in den vergangenen drei Jahren verdreifacht auf 17,5 GW. In Deutschland erzeugen jetzt mehr als fünf Millionen PV-Anlagen Solarstrom. Außerdem wurde in diesen Tagen die Schwelle von zwei Millionen installierten Speichern überschritten.

6 GW Zubau auf der Freifläche

Nach einem Rekord im Jahr 2023 waren PV-Installationen auf Wohnhäusern vergangenes Jahr leicht rückläufig. Anlagen auf Gewerbedächern und im Freiland legten jedoch kräftig zu. Rund 6 GW Freiflächen-PV wurden 2024 zugebaut. Fast alle Freiflächen-Ausschreibungen waren bisher deutlich überzeichnet. Im März bewarben sich 420 Gebote mit 3,8 GW auf das Auktionsvolumen von rund 2,6 GW. Der massive Ausbau von Solarparks führt mancherorts zu Akzeptanzproblemen und zu verstärkter Konkurrenz um landwirtschaftliche Pachtflächen. Einen Ausweg soll die Agri-PV mit kombinierter Flächennutzung bieten.

Für Agrar-Projekte

Next2Sun aus Dillingen/Saar sieht sich als Erfinder und Technologieführer der vertikalen bifazialen PV, die im System Fields2Sund eingesetzt wird. „Vertikale Anlagen nehmen typischerweise weniger als 1 % Fläche in Anspruch. Da bleibt viel Raum für landwirtschaftliche Nutzung“, erklärte Geschäftsführer Sascha Krause-Tünker. Für die Stromerzeugung werde nur die vertikale Dimension gebraucht: „Mit Ost-West Ausrichtung und bifazialen Modulen können wir die Morgen- und Abendsonne einfangen und Strom dann produzieren, wenn er gebraucht wird und an den Strommärkten teuer ist.“ Das stabilisiere die Netze und wirke dem Ungleichgewicht der Marktpreise entgegen. Eine Studie habe ermittelt, dass 70 bis 80 % „Vertikal-Zubau“ auf der Freifläche die Netze optimal auslasten und die Stromkosten in Europa senken könne. Bei den Landwirten komme die vertikale Agri-PV sehr gut an, denn man könne weiterhin mit großen Maschinen arbeiten und habe wenig Einschränkungen. „Auch in der Bevölkerung ist die Akzeptanz höher, weil wir eben nicht die landwirtschaftlichen Flächen wegnehmen“, sagte Krause-Tünker.

Viele Ideen für Agri-PV

Viele Solarunternehmen setzen bei Agri-PV auf nachgeführte Solar-Tracker, die bei der extensiven Flächennutzung einen relativ hohen Solarertrag erzielen. Die IBC Solar AG hat in Veringenstadt/Baden-Württemberg ihre erste Agri-PV-Anlage mit 8,5 MW Solartrackern gebaut. Für das Projekt haben drei Landwirte 13,4 ha Fläche zusammengelegt. Auf dem eingezäunten Solarfeld sind zwei Varianten von einachsigen Trackern in unterschiedlicher Himmelsrichtung installiert. „Den Landwirten steht noch mehr als 85 % der ursprünglichen Ackerfläche zur Verfügung“, sagte Eric Hermann von IBC Solar. Die Module ließen sich von 60 bis 90° neigen und somit an die Bewirtschaftung der Felder anpassen.

Auf dem Stand von Goldbeck Solar hielten Agri-PV-Spezialistin Patricia Gese und Projektmanager Maximilian Weber Vorträge. Das Unternehmen projektiert PV-Großanlagen und hat über 200 MW Agri-PV in Deutschland und Österreich in der Realisierung. Am Firmenstandort in Hirschberg an der Bergstraße betreibt Goldbeck Solar seine eigene Agri-PV-Pilotanlage. Gese berichtete über Planungen und Versuche zu Systemvarianten, Reihenabständen, Fruchtfolgen und Einfluss auf die Feldarbeit. Ansonsten war Agri-PV bei vielen Montagesystemherstellern ein starkes Thema, wie bei Arausol aus Schorndorf bei Stuttgart: Der Hersteller hat vertikale und 15° geneigte Zaunsysteme sowie süd- und ostwest-orientierte Überdachungen im Sortiment.

Bei der Errichtung ebenerdiger Solarparks rechnen wir ebenso wie bei Solarstromanlagen auf Firmendächern mit einem kleinen Zuwachs gegenüber dem Vorjahr Carsten König

Für Agri-PV und die Solar-Architektur werden zunehmend teiltransparente Module entwickelt, wie auch von der Solarfabrik Freiburg. Der Hersteller Mingyang/China schafft mit Cadmium-Tellur-Dünnschichttechnik extreme Lichtdurchlässigkeiten: Bei 60 % Transparenz hat das Modul aber immer noch 50 Watt/m2. Mit den gängigen Technologien Heterojunction und Topcon erreichen PV-Module inzwischen Wirkungsgrade um die 24 %. Einen besonderen Kniff zeigte der chinesische Hersteller Aiko mit seiner Teilverschattungsoptimierung: Die Technologie von Neostar-Modulen hält den Widerstand in verschatteten Zellen so gering, dass der Strom weiter durch den Zellstring fließen kann. Das soll den Leistungsverlust erheblich reduzieren. Beim neuen Infinite-Modul von Aiko werden Zellzwischenräume eliminiert. In Verbindung mit weiteren Verbesserungen steigt der Modulwirkungsgrad auf über 25 %.

Ob technische Feinheiten oder große Kompaktlösungen: Auf der Messe „The smarter E europe“ in München gab es eine große Bandbreite an Informationen.
Ob technische Feinheiten oder große Kompaktlösungen: Auf der Messe „The smarter E europe“ in München gab es eine große Bandbreite an Informationen. © Solar Promotion GmbH

Kombi mit Solarthermie

Altbekannt und doch neu erfunden sind PV- und Solarthermie-Kombimodule: Befördert wird der Trend durch eine höhere Wertigkeit erneuerbarer Wärme und Effizienzsteigerungen in Verbindung mit Wärmepumpen. Sunmaxx PVT aus Ottendorf-Okrilla in Sachsen präsentierte sein Modul PX-1, das TopCon-Solarzellen und einen Flachkollektor kombiniert. Es leistet 440 Wel und 1522 Wth. Mit 29 kg wiegt es nur geringfügig mehr als vergleichbare PV-Module und erlaubt eine standardisierte PV-Montage. Der Automobilzulieferer Mahle, der selbst in die Sunmaxx PVT GmbH investiert hat, installiert zurzeit 1000 PVT-Module an seinem Produktionsstandort Vaihingen/Enz. Auch der Kollektorhersteller Greenonetec bringt ein PVT-System auf den Markt mit vergleichbaren Leistungsdaten. Die Österreicher bieten zudem an, PV-Module nachträglich mit dem aus Alu-Lamellen bestehenden Wärmetauscher PV*T-Flex nachzurüsten.

Kommt das bidirektionale Laden?

Große Aufmerksamkeit hat die Sonderschau zu bidirektionalem Laden auf dem Messeteil Power2Drive bekommen. Elektroautos können zu mobilen Speichern werden, die Strom nicht nur aufnehmen, sondern auch in Gebäude oder ins Netz abgeben (Vehicle2Home, Vehicle2Grid). Durch Bidirektionalität könnte mehr Solarstrom integriert, dieser optimiert genutzt und der Bedarf an Stationärspeichern gesenkt werden. Neben Volkswagen arbeiten weitere namhafte Hersteller an der V2G/V2H-Fähigkeit ihrer E-Autos. „Eine Batterie schafft heute mehr als 10.000 Ladezyklen“, sagte Ex-VW-Chef Herbert Diess vor Journalisten, „das sind drei oder vier ‚Autoleben‘.“ Es sei höchst sinnvoll, E-Autos mit Zusatzfunktionen fürs Energiesystem auszustatten. Außerdem verbessere sich die Schnelladefähigkeit. „Laden wie Tanken ist am Horizont“, verkündete er.

Diess berichtete über ein V2G-Pilotprojekt in Frankreich: Dort können Kunden eines Renault 5 mit bidirektionaler Batterie im Gegenzug für die Rückspeisung von Strom annähernd kostenfrei fahren. An dem Projekt ist die Münchner Softwareschmiede The Mobility House beteiligt, bei der Diess dem Verwaltungsrat vorsitzt. Der Top-Manager beklagte die in Deutschland hinterherhinkende Regulatorik mit doppelten Netzentgelten und fehlendem Smartmeter-Rollout. Er hofft, dass die neue Bundesregierung hier ansetzen wird – wie es im Koalitionsvertrag schon angekündigt ist.

Noch mehr Neues von der Messe
  • Solar-Carports: Neben Agri-PV verbreitet sich eine weitere Flächen-Doppelnutzung: Solar-Carports. Sechs Bundesländer haben hierfür bereits eine Pflicht bei bestimmten neu errichteten Parkplätzen eingeführt, weitere werden voraussichtlich folgen. Dies treibt Entwicklungen in der Solarbranche an. IBC Solar zum Beispiel bietet jetzt eine große Variantenbreite an maßgeschneiderten Carportlösungen an. Mit einem Messeaward gekürt wurde das Urbanroof der Friedrich GmbH aus Zainingen/Schwäbische Alb. Es kann bis zu 40 Stellplätze überdachen. Die Holzkonstruktion mit einer Durchfahrtshöhe von 4,2 m zeugt von dem Nachhaltigkeitsfokus des Carport-Systems. Mit Ost-West-Orientierung der PV-Module lässt sich das Dach vollflächig belegen und die Solarausbeute maximieren.
  • Solar-Gewächshäuser: Der Solarmontagespezialist J-Systems aus Taiwan liefert neben Agri-PV-Systemen auch komplette Solar-Gewächshäuser mit teiltransparenten, bifazialen Modulen. Laut Auskunft am Stand begünstige das System besonders halbschattenliebende Kulturen. Es baue auf ein Grundraster, abhängig vom Modulmaß, das beliebig multipliziert werden könne. J-Systems hat 2024 in Rumänien eine Niederlassung eröffnet, die den deutschen Markt bedient. Die Module kommen von Motech, ebenfalls Taiwan. Motech liefert auch Glas-Glas-Module mit reduzierter Blendwirkung, die in der Architektur und an Verkehrswegen sehr vorteilhaft sind.
  • Reinigungs-Brücke: Funkferngesteuerte Raupen und Bürstensysteme, handbetrieben oder an Trägergeräte angebaut, dominieren die Solarreinigung. Solarcleano aus Luxemburg hat nun ein neuartiges Gerät entwickelt: Eine ferngesteuerte Brücke auf Rädern, die über die Modultische von Solarparks fährt. Das System B1 SolarBridge reinigt nass oder trocken. Es soll die Höhe und Neigung der Solarmodule automatisch verfolgen und sich daran anpassen können. Außerdem lasse es sich mit Bürsten bis zu 6 m Länge ausstatten, was ihm eine Reinigungskapazität von 8 MW pro Tag verleihe. Solarmodule auf dem Brückendach ermöglichen einen autonomen Betrieb.
Autor:in
Christian Dany
Freier Journalist
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