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Pflanzenschutz

Schadensersatzanspruch für Biobauern wegen Abdrift von Pflanzenschutzmitteln

Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zeigt auf, wie schwierig das Miteinander von ökologischer und konventioneller Landwirtschaft sein kann.

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Alber
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Ein Biolandwirt hatte auf seinem Feld Staudensellerie angepflanzt. Bei einer Routinekontrolle stellte er in seinen Pflanzen Reste eines Pflanzenschutzmittels fest, welches den Wirksstoff Pendimethalin enthielt. Dieses stammte von Nachbargrundstücken, die konventionell bewirtschaftet wurden. Dort wurde das Pflanzenschutzmittel Malibu verwendet. Der Wirkstoff Pendimethalin war in den ökologisch erzeugten Pflanzen über dem zulässigen Grenzwert enthalten. Der Biobauer nahm seinen Grundstücksnachbarn wegen Schadensersatz in Anspruch, zum einen wegen der Kosten der Laboruntersuchungen, zum anderen wegen der Kosten des Ausfalls der Vermarktungsmöglichkeit der erzeugten Pflanzen. Er berief sich dabei zurecht auf § 906 BGB welcher normiert, dass ein Grundstückseigentümer für Emissionen, die von seinem Grundstück ausgehen, haftbar gemacht werden kann. Voraussetzung ist, dass der betroffene Grundstückseigentümer die Emissionen nicht verhindern kann und einen Schaden dadurch erleidet.

Schadensersatz in Geld

Erleidet ein angrenzender Grundstücksnachbar durch Emissionen eines Nachbargrundstücks einen Schaden, was in diesem Fall gegeben war, da die ökologisch produzierten Pflanzen nicht mehr am Markt verwertbar waren, dann muss der Schädiger, in diesem Fall der konventionell produzierende Gartenbauunternehmer, für die Schäden aufkommen, die aus seiner Verantwortung herrühren. Das sind dann, neben dem Schaden der durch die nicht mehr mögliche Vermarktung entstehen kann, auch die Kosten der Laboruntersuchung aber auch die möglichlichen Aufwendungen zur Dekontaminierung des Feldes, je nachdem wie stark die Kontaminierung gewesen ist.

Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch

Der geschädigte Landwirt muss nachweisen, dass ihm durch den Abdrift eines Pflanzenschutzmittels ein Schaden entstanden ist und wer der Verursacher des Schadens ist. Das kann bei mehreren nebeneinander liegenden Feldern im Einzelfall schwierig sein, zumal, wenn ein Landwirt viele Felder hat, da er nicht jeden Tag jedes Feld kontrollieren kann. Wird eine Belastung mit Pflanzenschutzmitteln bemerkt , können jedoch Proben auf den angrenzenden Feldern von konventionellen Landwirten genommen werden um mögliche Bewiese zu sicherun und Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

Pflichten des konventionellen Landwirts

Der konventionell produzierende Landwirt ist dazu verpflichtet, Sorge zu tragen, jeglichen Abdrift zu vermeiden. Das betrifft im Übrigen nicht nur angrenzende Felder von Biobauern, sondern auch angrenzende privat genutzte Grundstücke. Ein Abdrift ist in keinem Fall zulässig. Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht vor, dass ein Grundstückseigentümer auch im privaten Bereich jegliche Emissionen vermeiden muss, die einen angrenzenden Grundstückeigentümer schädigen könnten.

Nachweis von Vorkehrungen zur Vermeidung von Abdrift

Der konventionelle Landwirt muss im Einzelnen darstellen, dass er alle erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung von Abdrift ergriffen hat. Selbst wenn er technisch alle notwendigen Mittel ergriffen hat, dann aber erkennen muss, dass durch ungünstige Windverhältnisse trotzdem ein Abdrift drohen kann, muss er es unterlassen die Pflanzenschutzmittel auszubringen. Andernfalls haftet für sein Handeln gegenüber dem Biolandwirt, mit allen entsprechenden finanziellen Folgen.

Maßnahmen zur Vermeidung von Streit 

Auch für diese umgekehrte Fallkonstellation gilt das Rücksichtnahmegebot, welches im Zivilrecht normiert ist. Niemand sollte versuchen, seine Sichtweise dem Nachbarn aufzudrücken, gerade wenn Felder von ökologisch und konventionell produzierenden Landwirten nahe beieinadner liegen, bedarf es der Rücksichtsnahme. Dabei kann es auch empfehlenswert sein, nicht bis an die Grundstücksgrenze die Felder zu bepflanzen. Wissend, dass Ackerland rar ist und dass auf unbepflanzten Streifen auf Grundstücken gerne Unkraut wuchert, bleibt es doch bei der Empfehlung, Abstand zu halten und den Abdrift auf jeden Fall zu vermeiden. Denn wenn sich Pflanzenschutzreste im Biolandbau nachweisen lassen, ist der Biobauer der Geschädigte und wird den Schaden geltend machen.

Für den Biobauern bleibt im Einzelfall die Schwierigkeit, den Nachweis zu führen, von wem der Abdrift stammen könnte, der sein Feld geschädigt hat. Um Streit unter Feldnachbarn zu vermeiden, sollte dann, wenn der konventionell produzierende Landwirt merkt, dass er gegebenenfalls Abdrift verursacht hat, den Biobauern darauf aufmerksam machen, um Schäden so gering wie möglich zu halten. Gegebenenfalls gilt es auch zu überlegen, ob der Abdrift durch eine entsprechenden Haftpflichtversicherung abgedeckt sein könnte.

Lesen Sie in unserem Artikel "Wirkstoffeinträge verhindern – gewusst wie!" in der »Gemüse«-Ausgabe 2/2022 was die Risikofaktoren für einen Eintrag von ungewollten Wirkstoffen sind und wie diese vermieden werden können. 

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