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Marktgärtnertagung

Von der regionalen Versorgung mit frischem Gemüse überzeugt

„Vom Wert der regionalen Versorgung mit frischem Gemüse in der Zukunft sind wir überzeugt“, bestätigte Gerhard Kiemle, Gemüseproduzent, Bietigheim-Bissingen, und erster Vorsitzender der Vereinigung Deutscher Marktgärtner e.V. die Position dieser Gruppe.
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Zu mehr als sechzig an der Zahl absolvierten die Mitglieder der Vereinigung Deutscher
Marktgärtner e.V. die traditionelle Jahrestagung mit Betriebsbesichtigungen und einem
Gespräch mit Bundesminsterin Ilse Aigner kürzlich in München.
Zu mehr als sechzig an der Zahl absolvierten die Mitglieder der Vereinigung Deutscher Marktgärtner e.V. die traditionelle Jahrestagung mit Betriebsbesichtigungen und einem Gespräch mit Bundesminsterin Ilse Aigner kürzlich in München.
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Neben der Besichtigung des Münchner Großmarkts und interessanten Betrieben im Raum München, fand im Rahmen der dreitägigen Jahrestagung ein Gespräch über die Vermarktung regional erzeugten Gemüses statt.
Dazu hatten die „Marktgärtner“ Bundesministerin Ilse Aigner, eingeladen. Und die Ministerin kam auch und schilderte ihre Meinung der von ihr vertretenen Ressorts Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, wie auf den Seiten der Bundesfachgruppe in dieser Ausgabe von »Gemüse« dargestellt.

Reizthemen wie Mindestlohn und Sachkunde

Die Vereinigung Deutscher Marktgärtner (VDM) versteht sich nach Kiemle als Interessenvertretung aller selbstvermarktenden Gemüsebaubetriebe. Darin eingeschlossen sind Betriebe mit Hofladenabsatz genauso wie Wochenmarktbeschicker, Großmarktbetreiber und Betriebe, die den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) direkt beliefern.
Diese Betriebe erzeugen in der Region, oft mit engem lokalem Bezug und kurzen Transportwegen. „Wir tragen einiges zur Öffentlichkeitsarbeit bei, klären Verbraucher auf und schaffen so Vertrauen für unser gesundes, frisches, schmackhaftes, modernes, energiesparend und nachhaltig produziertes Gemüse“, betonte Kiemle gegenüber Ministerin Aigner.
Traditionelle Selbstvermarkter beschäftigen sehr viele feste, sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter. Und, ein nicht zu vernachlässigender Punkt: Die Ausbildung im Lehrberuf Gemüsegärtner findet überwiegend in den VDM-Mitgliedsbetrieben statt.
Selbstvermarktende Betriebe erfüllen daher viele heute wieder politisch gewollte und von den Endverbrauchern gewünschte Rahmenbedingungen in Sachen Ernährung.
Dennoch zählen die Marktgärtner einige Themen auf, die sie in der beruflichen Arbeit benachteiligen. Sie sehen es als Wettbewerbsverzerrung an, dass ihnen im Gegensatz zu Mitgliedsbetrieben von Erzeugerorganisationen (EO) lediglich die einzelbetriebliche Förderung (Säule II GAPReform) zur Verfügung steht. In manchen Bundesländern greife die Prosperitätsschwelle, in anderen werde die Landwirtschaft vor dem Gemüsebau priorisiert. EO-Betriebe erhalten unabhängig von Prosperitätsschwelle und Priorisierung 4,1 % Subventionen, festgehalten im Punkt Operationelle Programme der GAP-Reform.
„Wir brauchen gleiche Bedingungen, sonst verschwindet die regionale Erzeugung mehr und mehr zu Gunsten marktfern produzierender Großbetriebe und ausländischer Produzenten“, sagte Kiemle. Wettbewerbsgleichheit ist für ihn gegeben, wenn alle Gemüseerzeuger dieselben Subventionen erhalten, oder alle Subventionen entfallen. Dies fordere die VDM schon seit zehn Jahren. Eine Verteilungsgerechtigkeit könne es hierbei nicht geben. Aber das Wettbwerbsrecht sollte nach Kiemles Ansicht gelten.
Als „Reizthema“ bezeichnete Kiemle die neuen Bestimmungen zum Sachkundenachweis (dargelegt in »Gemüse« Nr. 3/2013, Seite 7).
Im Pflanzenschutz werden weitere Punkte diskutiert, zum Beispiel die zonale Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und die dadurch möglichen Übertragungen. Beim Verbundprojekt „Lückenindikation“ unter der Leitung des Julius Kühn-Instituts (JKI), Braunschweig, hat sich die Vereinigung Deutscher Marktgärtner zur Finanzierung über den Delegiertenschlüssel entschieden.
Diese Finanzierung ist bei einem Verband wie der VDM mit geringem Jahresetat nicht einfach zu stemmen.
Kiemle forderte alle deutschen Gemüsegärtner auf, sich über eine Flächenumlage an den Kosten von Rückstandsuntersuchungen zu beteiligen.
Intensiv diskutierten die VDM-Mitglieder die EEG-Umlage, die viele Betriebe sehr hart trifft und als absolut ungerecht empfunden wird.
Zu diesen Themen, aber auch zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns und der stufenweisen Erhöhung auf 8,50 Euro bis 2017 schließt sich die VDM dem Positionspapier an, das die Bundesfachgruppe Gemüsebau derzeit vorbereitet (siehe »Gemüse« Nr. 3/2013, Seite 44). In diesem Papier werden die Bitten auch der Marktgärtner formuliert: Weiter drei Wirkstoffe im Pflanzenschutz zur Verfügung zu haben und allseits Bürokratie-Abbau. Dass es beim landwirtschaftlichen Steuersatz von 7 % bleibt, versicherte Ministerin Aigner (siehe Seite 44).
Zu Sonderabschreibungen auf Gewächshauser und bewegliche Anlagegüter wurde intensiv mit der Ministerin und der Europa- Abgeordneten Dr. Angelika Niebler gesprochen. Die Politikerinnen nahmen die an sie herangetragenen Anliegen positiv auf und versprachen, sich dafür einzusetzen, dass die Betriebe durch Sonderabschreibungen eventuell entlastet werden können.

Was es heißt, ein Gemüse-Selbstvermarkter zu sein

Es ist morgens um 6.00 Uhr. Es schneit. Ein sehr kalter Wind weht um die Ecken... Gemüse am Großmarkt verkaufen, das bedeutet, gegen Abend den Lastwagen beladen, sozusagen mit den Hühnern ins Bett gehen und zu nachtschlafender Zeit wieder aufstehen, zum Großmarkt fahren, das Gemüse-Angebot am Stand schön präsentieren und die Kundschaft gut bedienen, wenn der Rest der Welt noch in den Federn liegt.
Wer auf dem Wochenmarkt verkauft, kennt diese Tagesstruktur ebenfalls, mit der Ausnahme, dass der Verkauf morgens um 8.00 Uhr beginnt. Viele Städte erwarten allerdings, dass nach Verkaufsschluss circa um 12.00 Uhr die angemietete Standfläche (Parkplätze, Flaniermeilen, Passagen) spätestens um 14.00 Uhr für die Öffentlichkeit wieder zur Verfügung steht. Dadurch ebbt der Stress beim Verkaufen nur vorübergehend ab, bevor der Abbaustress beginnt.
Auch die Kunden des Großmarktbeschickers müssen sich früh auf den Weg machen. Sie sind Wiederverkäufer aller Art, Einzelhändler, Besitzer und Angestellte von Gemüse-Fachgeschäften, Gastronome.
Alle haben gemeinsam, dass sie Endverbraucher mit den frischen Waren bedienen oder die am Großmarkt gekauften Produkte in Mittagsmahlzeiten verwandeln. In vielen Betrieben, die heute schon in der vierten und fünften Generation über Großmärkte absetzen, ist es „die Aufgabe“ des Chefs eines selbst vermarktenden Gemüsebaubetriebs, ordentliche Preise einzufahren.
Andere decken mit den Familien- Arbeitskräften im Wechsel und weiteren Beschäftigen die Großmarkttage ab. Große spezialisierte Betriebe, in denen sich ohnehin vieles auf den Schultern des Betriebsleiterpaars ablädt, leisten sich eigens Personal, das den Verantwortungsbereich Großmarkt als einem von mehreren Absatzwegen abdeckt. Das Vertrauen in bezahlte Kräfte muss jeder selbst entwickeln und entscheiden, wie und von wem im Betrieb diese Aufgabe am besten zu bewältigen ist.
Und die Verantwortung ist nicht klein zu reden. Der Erfolg des Selbstvermarkters am Großmarkt steht und fällt mit dem jahreszeitlich stark wechselnden Angebot, mit den Preisen und der Kundenbeziehung. Jeder Großmarktbeschicker betreibt hohen Zeitaufwand, um sich Stammkundschaft aufzubauen. Es bedarf der richtigen Einschätzung, wie wetter- und winterbedingte Durststrecken mit Zukaufsprodukten ausgeglichen werden können. Der Bedarf der Stammkunden will auch in den Monaten einigermaßen gedeckt sein, in denen die Eigenproduktion verringert ist. Hier ist das „richtige Händchen“ wichtig, damit sich alles auch ökonomisch rechnet.
Auf dem Großmarkt verkaufen ist keine Männerdomäne. Viele Frauen haben diesen Job im Unternehmen übernommen, weil es sich, aus welchen Gründen auch immer, in der Arbeitsteilung des Betriebsleiterpaars so ergab. Bewunderswert die Frauen, die nachts um eins mit dem vollbepackten 7,5 Tonner die Markthalle ansteuern.
„Am Tag Gemüse produzieren und nachts verkaufen. Das muss man mögen. Wir sind schon ein besonderes Völkchen“, drückte es ein Teilnehmer aus.

Wert frischen Gemüses für die Gesundheit unbestritten

Der Bundestagsabgeordnete mit Wahlkreis München und stellvertretender Vorsitzender der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion für die Bereiche Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Johannes Singhammer, wie Ministerin Ilse Aigner ebenfalls in München zu Hause, hatte es sich nicht nehmen lassen, an der Besichtigung des Betriebs Erwin Hausler in Feldmoching teilzunehmen.
Singhammer schätzt frisches Gemüse, dessen Wert für die Gesundheit unbestritten sei und dies auch bleibe. An die Gemüseerzeuger gewandt, sagte er: „Sie haben viele Schwierigkeiten. Aber ich möchte Sie ermuntern, mit der Gemüseproduktion weiter fortzufahren. Nicht nur ich, sondern alle politischen Vertreter in Berlin sind von der regionalen Versorgung mit Gemüse und von der Zukunft dieser regionalen Versorgung überzeugt. Sie haben das Vertrauen. Die Verbraucher kennen Sie, und Sie kennen die Verbraucher.
Ortsnähe ist hier ein unschätzbarer Vorteil.“ Für Singhammer ist klar, dass mehr Verbraucher sich beim regionalen Angebot umorientieren nach dem Motto: „Ich will dem in die Augen schauen, der diese Waren produziert hat.“
Die Region kam durch die Besichtigung ihrer Betriebe zur Geltung. Über den Betrieb Wilhelm Böck, Neufarn, wurde in »Gemüse« Nr. 10/2011) berichtet. Über Erich Hanuschke gab es ein Porträt in »Gemüse« Nr. 12/2005. Reportagen über die Betriebe Erwin Hausler, Feldmoching, und Georg Kiening, Karlsfeld, sowie über den Großmarkt folgen in weiteren »Gemüse«-Ausgaben.