Anspruchslos bei gutem Wetter
Sie sind klein oder groß, rund oder oval und sorgen im Sommer in sehr vielen Haushalten für eine süße Erfrischung – Melonen. Wir haben Kerstin Mahler, Anbauberaterin vom Dienstleistungszentrum (DLR) RheinPfalz, in einem Interview zum Thema Melonenanbau in Deutschland befragt. Ist ein Anbau klimatechnisch möglich? Welche Ansprüche hat die Melone als Kultur generell? Und mit welchen Erträgen kann man rechnen?
»Gemüse«: Was sollten Gemüsebauer in Deutschland beachten, wenn sie Melonen anbauen möchten?
Kerstin Mahler: Beachtet werden sollte, dass die Melone sehr hohe Wärme- und Lichtansprüche hat. Die sind höher als beispielsweise bei der Gurke, die ja ebenfalls zu der Familie der Cucurbitaceae gehört. Erklären lässt sich das anhand der Herkunft der Melone. Die Früchte stammen aus dem tropischen und subtropischen Afrika. Das bedeutet für den Freilandanbau in Deutschland, das ich solche Bedingungen eigentlich nur im Weinbauklima finde. Die Zuckermelone benötigt zum Beispiel eine Tagesdurchschnittstemperatur von 18 bis 24 °C. Unter 12°C findet bei ihr überhaupt kein Wachstum statt. Da ist die Gurke wesentlich unempfindlicher. Bei Wassermelonen ist die Wärmebedürftigkeit noch größer. Hier spricht man von einem Tagesmittel zwischen 21°C und 30°C. Je nach Witterung und Sorte findet zwischen 15°C und 18°C bereits eine Wuchshemmung statt.
»Gemüse«: Empfiehlt sich hinsichtlich der Temperaturansprüche dann nur der Anbau im Gewächshaus?
Kerstin Mahler: Nicht zwangsläufig. Die benötigte Bodentemperatur bekommt man im Freiland durch den Anbau auf Mulchfolie oder mit Vliesbedeckung hin. Wenn man mit dem Melonenanbau allerdings etwas früher beginnen möchte, dann sollte man schon den Anbau im Folientunnel oder Gewächshaus in Betracht ziehen. Wobei gesagt werden muss, dass der Gewächshausanbau in den lichtarmen Monaten von November bis Februar nicht funktioniert. Da reicht die Lichtmenge einfach nicht aus. Ansonsten ist die verlängerte Anbausaison im Gewächshaus natürlich von Vorteil.»Gemüse«: Welche Vorteile bietet der Gewächshausanbau sonst noch?Vorteilhaft ist, dass das Anbaurisiko im Gewächshaus viel geringer ist als im Freiland. Das Gewächshaus bietet Schutz vor Hagel, Regen, Wind und die Temperatur- und Wasserschwankungen sind viel geringer als draußen auf dem Feld. Außerdem kann ich im Gewächshaus einfacher Nützlinge gegen Blattläuse und Spinnmilben ausbringen. Im Freiland würden die schneller abwandern. Nachteile vom Gewächshausanbau sind die hohen Kosten und dass sich durch eine falsche Belüftung schnell Krankheiten und Schädlinge ausbreiten können.
»Gemüse«: Welche Ansprüche stellt die Melone an den Boden?
Kerstin Mahler: Die Melone ist als Kultur nicht sonderlich anspruchsvoll, was den Boden betrifft. Da gleicht sie vielen anderen Gemüsesorten auch. Sie bevorzugt leichte bis mittlere Böden, am besten tiefgründig, leicht erwärmbar und wasserdurchlässig. Staunässe und vor allem Nässe zur Fruchtreife – und das ist das Problem, das wir in manchen Sommermonaten haben – ist tödlich für die Melone. Sie fängt dann sehr schnell an zu faulen. Und das ist der Grund, warum manche Anbaujahre nicht von Erfolg gekrönt sind und es hohe Ernteausfälle gibt. Denn es gibt immer wieder Jahre, in denen es ein bis zwei Wochen durchregnet.
»Gemüse«: Wann ist der beste Zeitpunkt für die Aussaat?
Kerstin Mahler: Die Direktsaat im Freiland geht in Deutschland aufgrund der hohen Temperaturansprüche nicht. Dafür ist das Zeitfenster bei uns zu kurz. Also ist die Pflanzung die Regel. Im Freiland kann ab Mai damit begonnen werden. Am besten eignen sich Minitunnel oder Vliesabdeckung. Bei Letzteren sollte aber beachtet werden, dass man das Vlies abnimmt, sobald die weiblichen Blüten da sind, sonst können sie nicht von den Hummeln und Bienen bestäubt werden und der Fruchtansatz ist ungenügend. Mit der Anzucht fürs Freiland sollte schon Anfang/Mitte April begonnen werden. Sollen die Melonen im Gewächshaus angebaut werden, kann man bereits Anfang März mit der Anzucht starten und die Jungpflanzen ab Anfang April setzen. Ausschlaggebend für die Pflanzung ist die Bodentemperatur. Aber mit Vliesabdeckung im Freiland kriegt man das in der Regel gut hin.
»Gemüse«: Welche Abstände sollten in und zwischen den Reihen eingehalten werden?
Kerstin Mahler: Eine gute Faustregel ist eine Pflanze pro Quadratmeter. Der Reihenabstand sollte bei 1,5 m liegen, wie man ihn auch von Zucchini und Kürbissen kennt. In der Reihe sollte der Abstand circa 60 cm betragen, je nach Sorte. Wenn es sich um keine wüchsige Sorte handelt, kann man auch mal auf 45 cm runtergehen.
»Gemüse«: Welchen Nährstoffbedarf hat die Melone?
Kerstin Mahler: Wasser- und Zuckermelonen haben einen Stickstoffbedarf von ungefähr 185 kg N/ha bei einem errechneten Ertrag von 250 dt/ha. Der Stickstoffbedarf hängt vom Ertrag ab, wenn ich einen höheren Ertrag habe, kann ich auch mehr düngen. Da macht die Düngeverordnung ganz klare Vorschriften. Der Phosphatbedarf der Melone ist ähnlich hoch wie bi der Gurke. Man kann mit etwa 7 kg Phosphat pro ha rechnen, die pro 100 dt Ertrag entzogen werden. Was die Kalium- und Magnesiumversorgung angeht, ist der Bedarf bei der Melone höher als bei der verwandten Gurke. So ist bei Kalium mit einem Entzug von 30 kg und bei Magnesium mit 5 kg pro 100 dt Ertrag zu rechnen. In der Regel wird bei Melonen eine Grunddüngung mit Einarbeitung gemacht. Wenn man nicht mit Mulchfolie arbeitet, wird üblicherweise in der vierten oder fünften Kulturwoche – das ist zum Zeitpunkt der beginnenden Fruchtbildung – noch eine Kopfdüngung mit 40 bis 50 kg N pro ha gemacht. Wobei der Standard eigentlich der Anbau auf Mulchfolie mit Fertigation ist, wie bei der Einlegegurke. Nur, dass wir bei der Melone eine kürzere Erntezeit haben. Hier wird dann vor dem Folienlegen circa 80 kg N pro ha gedüngt und der Rest dann über die Bewässerung ausgebracht. Ab Kulturwoche vier oder fünf empfiehlt sich wöchentlich Harnstoff oder Kalksalpeter zu düngen. So ungefähr 15 kg N in mindestens 25 m³ Wasser. Etwa eine Woche vor Erntebeginn sollte man aber nicht mehr düngen, weil sonst das Risiko, dass die Früchte platzen, zu hoch ist. Generell ist zu der Düngung von Melonen noch zu sagen, dass sie wie der Kürbis auch sehr positiv auf Stallmistgaben und Gründüngung reagieren.
»Gemüse«: Gibt es Krankheiten oder Schädlinge, von denen Melonen häufig befallen werden?
Kerstin Mahler: Im Freilandanbau hatten wir in der Pfalz in warmen nassen Jahren immer mal Phytophthora (Phytophthora capsici). Der Pilz befällt Stängel, Blätter und auch Früchte. Bei starkem Befall können die Pflanzen auch komplett absterben. Wie auch bei dem Phytophtora-Pilz, der Kartoffeln befällt, überdauern die Sporen im Boden und befallen auch alle anderen Cucurbitaceae-Kulturen wie Zucchini, Kürbis und Gurke, aber auch Nachtschattengewächse, Radies, Bohnen, Zwiebeln und Möhren. Und es sind keine Fungizide ausgewiesen. Der Anbauer ist da hoffnungslos allein mit dem Problem. Es gibt theoretisch eine Nebenwirkung von Falschem Mehltau-Fungiziden, aber wenn es ältere Bestände sind, ist es schwierig, die ganze Pflanze zu benetzen. Das Einzige, das vorbeugend hilft, ist, die Fruchtfolge einzuhalten und mindestens eine Anbaupause von drei Jahren einzulegen. Wichtig ist auch die Maschinenhygiene, also nicht mit der Hacke, mit der man schon in anderen befallenen Beständen war, das Melonenfeld bearbeiten. Bei Zuckermelone haben wir im Einzelfall auch mal falschen Mehltau. Meistens tritt er kurz vor Reifebeginn auf. Hier gibt es eine Möglichkeit der Vorbeugung mit dem Pflanzenschutzmittel Roubaix. Das ist für Melonen zugelassen. Resistente Sorten gegen die Pilzkrankheit gibt es leider nicht. Ansonsten kommt es in den wärmeren Zeiten oft zu Problemen mit Blattläusen. In Zuckermelonen kann Karate Zeon angewendet werden. Weitere Mittel, die zugelassen sind, sind Kantaro, Micula – ein Rapsöl - und Neudosan Neu. Kantaro und Neudosan Neu können ebenfalls bei einem Befall mit Spinnmilben ausgebracht werden. Die Ausbringung des Pflanzenschutzmittels ist aber nicht einfach, weil man die Blattunterseite treffen muss. In jungen Beständen geht das noch relativ einfach, aber in älteren Beständen ist der Befall kaum in den Griff zu kriegen.
»Gemüse«: Wie pflegeintensiv ist die Kultur im Allgemeinen?
Kerstin Mahler: Eigentlich ist die Melone wenig pflegeintensiv. Der Mulchfolienanbau ist meist Standard und da habe ich, was die Unkrautbekämpfung angeht, eigentlich nur noch dieZwischenreihen, die ich bearbeiten muss. Entweder mit Herbiziden oder durch Hacken, wobei üblicherweise die meisten Gemüseanbauer auf die Herbizidbehandlung setzen. Ansonsten müssen die Melonen nur regelmäßig bewässert werden und es gibt die eine oder andere Pflanzenschutzbehandlung.
»Gemüse«: Welche Sorten eignen sich für den Anbau in Deutschland?
Kerstin Mahler: Wir haben in Rheinland-Pfalz eine Anbau- und Sortenlisten, die wir jedes Jahr aktualisieren. Da sind wir auch immer im Gespräch mit den Saatgutfirmen, was sie so empfehlen und was sie an Neuheiten haben oder welche Sorten rausfallen. Wir haben viele Melonensorten aufgeführt, die aufgrund der hiesigen klimatischen Bedingungen unter die Kategorie frühreif und kleinfrüchtig fallen. Bei der Zuckermelone – es sind übrigens alles Hybriden – unterscheiden wir zwei Gruppen. Das eine ist die Cantaloupensis-Gruppe, dazu gehören alle Typen, die klimakterisch sind, d.h. die nach der Ernte nachreifen. Die Charentaismelonen oder auch Cantaloupemelonen sind im Anbau relativ sicher. Für sie gibt es auch die meisten Sortenempfehlungen wie zum Beispiel ‘Anasta’, ‘Artemis’, ‘Torum’ oder die sehr frühe Sorte ‘Cezanne’. Die Galiamelone fällt ebenfalls in die Cantaloupensis-Gruppe. Jedoch ist sie nicht ganz so anbausicher, weshalb es auch weniger Sortenempfehlungen gibt. Als Hauptsorte empfehlen wir die ‘Exelor’ und die ‘Lille’. Letzteres ist eine sehr kleinfrüchtige Sorte von nur 0,5 kg. Aber je kleiner die Frucht, desto schneller ist sie auch reif. Die zweite Gruppe ist die Inodorus-Gruppe. Darunter fallen die nicht-klimakterische Typen, wie beispielsweise die Wassermelone, die Honigmelone oder die Piel de Sapo, auch Krötenhaut genannt. Sie müssen möglichst vollreif geerntet werden. Bei der Wassermelone geht der Trend eindeutlich zu den kleinfrüchtigen, kernarmen und kernlosen roten Sorten, also Früchte mit 1,5 bis 3,5?kg. Zu den roten kernarmen Melonensorten zählen ‘Conguita’, ‘Gatinho’, ‘Premium’ und ‘Tigrimini’. Kernlose Sorten sind ‘Vanessa’, ‘Lynx’ und ‘Master’. Gelbe Wassermelonensorten gibt es nur wenige. Wir empfehlen ‘Luteo’ oder ‘Pekin’. Wobei die ‘Luteo’ Kerne besitzt.
»Gemüse«: Woran erkennt man, dass die Früchte erntereif sind?
Kerstin Mahler: Die reife Melone ist tatsächlich gar nicht so einfach zu erkennen. Vor allem wenn man neu in den Melonenanbau eingestiegen ist. Die Ernte der Zuckermelonen beginnt circa 65 bis 80 Tage nach der Pflanzung. Die Erntereife erkennt man daran, dass die Blätter unmittelbar vor der Frucht absterben. Das ist schon mal ein Indiz. Je nach Sorte gibt es auch leichte Verfärbungen von der Fruchtschale. Da braucht man etwas Erfahrung, weil die Sorten unterschiedlich reifen. Ein relativ gutes Indiz ist, wenn am Stängelgrund feine Risse entstehen und die Melone einen aromatischen Duft verströmt. Man kann natürlich bei Früchten, wo man denkt, dass sie reif sind, zur Kontrolle den Brix-Wert messen. Bei der Wassermelone sollte dieser bei mindestens neun liegen. Die Wassermelone muss reif geerntet werden, da sie nicht nachreift. Hier erkennt man die Erntereife an der Schalenfarbe. Wenn die gut ausgefärbt ist und der Bauch gelblich ist, ist die Frucht meist reif und klingt beim Klopfen hohl.
»Gemüse«: Wie hoch fällt der Ertrag in einem normalen Erntejahr aus und rentiert sich der Anbau hierzulande überhaupt?
Kerstin Mahler: Das lässt sich gar nicht so leicht zu beantworten. Wir haben 2022 für Zucker- und Wassermelonen eine Preiskalkulation veröffentlicht und rechnen bei der Zuckermelone mit einem vermarktungsfähigen Ertrag von circa 11.500 Stück pro ha. Das sind ungefähr 150 t. Da sind wir relativ vorsichtig, eben weil es im Sommer durch längere Regenfälle auch zu Ernteeinbußen kommt. Wir rechnen ungefähr mit 1,5 Stück pro Pflanze. Mit einem Gewicht von 1,3 kg pro Stück. Dann liegen wie bei den Erzeugungskosten schon bei 1,38 EUR pro Stück. Wenn man dabei etwas verdienen möchte, müsste der Endpreis bei ungefähr 1,75 EUR pro Stück liegen. Bei der Wassermelone ist es ähnlich, nur wird hier davon ausgegangen, dass die Melone als Gewichtsware verkauft wird. Hier sind wir von 250 dt Ertrag pro ha ausgegangen und Erzeugungskosten von 68 Cent das Kilo. Da ich als Betrieb natürlich auch Gewinn machen möchte, muss ich circa 20 % draufrechnen. Dann liege ich bei einem Endpreis von 1,10 EUR/kg. Und das ist die Frage: Bekomme ich den Preis von meinem Abnehmer?
»Gemüse«: Gibt es noch etwas Wichtiges über die Melone zu wissen?
Kerstin Mahler: Ja, man sollte wissen, dass kernlosen Wassermelonen triploid und steril sind. Das bedeutet, man muss immer darauf achten, dass eine Befruchtersorte in der unmittelbaren Umgebung steht. Sonst bleibt der Fruchtansatz aus. Die Befruchtersorte sollte in einem Umkreis von 50 m stehen und einen Anteil von 25 bis 30 % auf dem Feld ausmachen.