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Hessischer Bauerntag 2012

Bundes- und Landespolitiker wollen sich bei den großen Themen Energiewende, Flächenverbrauch und Greening für die Landwirtschaft einsetzen

Hochkarätige Redner begrüßte Friedhelm Schneider, Präsident des Hessischen Bauernverbands (HBV) e.V., im Juni bei dem in zweijährigem Turnus veranstalteten Bauerntag dieses Bundeslands in Darmstadt.
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Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier war ein
fachlich kompetenter Gast beim Hessischen Bauerntag, der
sich mit drängenden Themen der Landwirtschaft auskennt.
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier war ein fachlich kompetenter Gast beim Hessischen Bauerntag, der sich mit drängenden Themen der Landwirtschaft auskennt.Fotos: Hormes
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Mehr als 600 Landwirte aus allen Landesteilen Hessens kamen ins Kongress -und Wissenschaftszentrum Darmstadtium, um die Reden des Hessischen Minister präsidenten Volker Bouffier, des Präsidenten des Deutschen Bauernverbands (DBV) e.V., Gerd Sonnleitner, und Ministerin Ilse Aigners, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) zu hören.
Der Hessische Bauerntag avancierte so fast zu einer Vorwegnahme des Deutschen Bauerntags eine Woche später in Fürstenfeldbruck. Für Gerd Sonnleitner war es die letzte Veranstaltung dieser Art. Zum Deutschen Bauerntag hatte er an gekündigt, nach 15 Jahren sein Amt zur Verfügung zu stellen.

Greening in Zeiten der Energiewende ist falsch
Die Themen des Tages wurden durch die Vorschläge der EUKommission zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 bestimmt. Die Pläne für das so genannte Greening stehen in der Kritik der Landwirte, sollen sie doch in Betrieben mit einer Größe ab 3 ha 7 % Fläche stilllegen.
Gegen diese beabsichtigte Extensivierung spricht die Zunahme der Weltbevölkerung, die Verknappung landwirtschaftlicher Flächen und die Realisierung der Energiewende.
„In einer solchen Situation können wir vieles gebrauchen, nur eines nicht, nämlich in jedem Betrieb über 3 ha auch noch 7 % Ackerflläche aus der Produktion zu nehmen“, betonte Präsident Gerd Sonnleitner. „Denn das bedeutet, es können 5 Mio. ha Fläche weniger in Europa und 600.000 ha Fläche weniger in Deutschland landwirtschaftlich genutzt werden“, fuhr er fort.
Kommt das Greening, wird automatisch die Pacht teurer, weil jeder Fläche braucht. „Von einem auf den anderen Tag müssten wir wohl rund 30 Mio. t Getreide mehr auf dem Weltmarkt einkaufen“, so der Präsident. Die Folgen wiederum seien klar: Rodungen von Urwäldern bis hin zum Preisanstieg in den Elendsgebieten der Entwicklungsländer.
Diesen Plan der EU-Kommission zum Greening bezeichnete Sonnleitner als unverantwortlich. 17 Länder zögen momentan bereits mit, gegen das Greening zu stimmen. Es sei falsch, in Zeiten der Energiewende immer mehr Fläche aus dem Anbau zu nehmen und noch mehr Flächen für Artenschutz und Streuobstanbau anzustreben.
Am Ende werde es aber doch gelingen, durch die Reform eine vereinfachte Agrarpolitik mit solider Finanzierung und Planungs sicherheit für die deutschen Betriebe zu gestalten, ist Sonnleitner überzeugt.

Die Landwirtschaft ist die wahre „New Economy“
„Wir Landwirte sind die wahre „New Economy“, alles, was wir produzieren, ernährt die Weltbevölkerung“, sagte er und stellte beispielhaft für Deutschland einen Vergleich zwischen Bayerns Landwirtschaft und der Automobil-Industrie an. Die Zulieferer eingeschlossen zieht die bayerische Auto-Industrie im Umsatz der Landwirtschaft gleich. Die Landwirtschaft beschäftigt aber drei Mal mehr Menschen als die Auto-Industrie.
Mit dem deutschen Modell der letzten Reform von Frau Fischer- Boel im Jahr 2004 und völlig entkoppelten und vereinheitlichten Direktzahlungen habe die deutsche Landwirtschaft den wichtigsten Schritt zu einer „gegreenten“ und gesellschaftlich akzeptierten Agrarpolitik längst getan, betonte Sonnleitner. Sie sei auch deshalb akzeptiert, weil sich der DBV sehr um eine flächendeckende Landwirtschaft mit Haupt- und Nebenerwerb engagiere und deshalb auch so sehr um den Erhalt der Ausgleichszulage, am besten in der heutigen Form, streite. „Wenn jetzt das EU-Parlament die harte Kritik der deutschen Bauern am völlig untauglichen Kommissionsvorschlag aufgreift, dann sind wir ein Stückchen weiter, aber längst nicht am Ziel.

Wer nutzt, der schützt! Verantwortung für die Flächen
Der deutsche Ackerbau, Obstund Gemüsebau wird nach Sonnleitner von Bauernfamilien getragen, die auch mit großen Flächen verantwortungsbewusst umgehen. Es gebe hier jedoch eine Meinung, dass der Nutzer der Fläche sozusagen auch der Schädiger ist. Richtig sei aber: Wer nutzt, der schützt! Das sei die Maxime.
Im Hinblick auf Biogasanlagen vertritt der Präsident die Ansicht, dass kleine Anlagen gut geregelt, die großen aber überfördert sind.
Sein Hauptaugenmerk ist es, alles in der Balance mit der Nahrungsmittelproduktion zu regeln.
Diese Balance gelte es zu verteidigen. Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) ist seit Jahresanfang in Kraft. Es wurde nochmals „angepackt“ dahingehend, dass bäuerliche Unternehmen weiter Energie und Rohstoffe produzieren können, jedoch mit der Priorität der Nahrungsmittelerzeugung.
Über diese Korrekturen bei der Fotovoltaik werde derzeit im Vermittelungsausschuss in Berlin gerungen. Dies sei notwendig, um Verzerrungen im Boden- und Pachtmarkt zu begrenzen. „Wir können und sollten auch nicht 110 m links und rechts der Autobahn alles mit Solarmodulen vollpflastern und werden das Bundesumweltminister Peter Altmaier verdeutlichen“, sagte Sonnleiter hierzu.

Energieleitungsausbau – ein Anschlag auf die Betriebe
Wie Sonnleitner befürchtet auch der Hessische Bauernpräsident Friedhelm Schneider einen „weiteren lebensbedrohlichen Anschlag auf landwirtschaftliche Flächen durch den Ausbau von Energieleitungen, unter anderem mehr als 4.000 km neue Hochspannungsleitungen. Der Flächenentzug durch Baumaßnahmen und damit verbundene Ausgleichsflächen für den Naturschutz ist nach wie vor zu groß.
Viel Applaus bekam Christian Bug, stellvertretender Vorsitzender der Hessischen Landjugend e.V., für seinen Appell an die Politiker, „uns Bauern das nötige Vertrauen zu schenken“. Hessen sei so vielfältig in den landwirtschaftlichen Strukturen wie kein anderes deutsches Bundesland.
Vertrauen sei zu fordern auf Grund der Super-Ausbildung der Landwirte, aber auch Vertrauen in die Produkte, die durch das Knowhow der Landwirte eine sehr gute Qualität erhalten. Und diese komme zu Stande durch den besonderen Umgang unter anderem mit dem Boden. „Wie kommt es“, fragte er, „dass heute 7 % der Nutzfläche stillgelegt werden sollen aus Gründen des Arten- und Naturschutzes, nachdem Landwirtschaft jahrhundertelang ohne diese Extensivierung funktioniert hat?“ Woher komme dieses Misstrauen?

Wertschätzung für Lebensmittel reicht nicht aus
„Sie schaffen die Flexibilität, sich immer wieder auf neue Dinge einzustellen“, sprach Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner die Landwirte an. Was von der Landwirtschaft heute verlangt wird, kommt der Quadratur des Kreises nahe, drückte sie die Lage aus.
Aigner fehlt heute die Wertschätzung für Lebensmittel in einem Land, in dem jährlich 11 Mio. t Nahrung auf den Müll geworfen werden. „Alles, was wir wegwerfen, erzeugt eine Nachfrage, die gar nicht vorhanden ist. Und das können wir uns in Anbetracht der Flächenknappheit nicht leisten“, mahnte sie.
Bezüglich des „Greening“ versprach die Ministerin, sich dafür einzusetzen, dass Nahrungsgüter- und Rohstoff auf der gesamten Fläche nachhaltig produziert werden – und nicht nur auf 7 % geforderten Stilllegungsflächen! Den Vorschlag der EU-Kommission zur Kappung und Degression der Direktzahlungen will Aigner nicht unterstützen, weil landwirtschaftliche Betriebe, im Hauptoder Nebenerwerb, Leistungen für das Gemeinwohl erbringen.
Auch auf der nationalen Ebene tritt Aigner für Verlässlichkeit und Planungssicherheit ein und führte Beispiele wie das der grundsätzlichen Übergabe von Höfen ohne Belastung durch Erbschaftssteuer, die Reform und langfristige Regelung des agrarsozialen Sicherungssystems, die Hofabgabeklausel oder die dauerhafte Verankerung der steuerlichen Ermäßigung des Agrardiesels an.
Positiv aufgenommen wurde das Bekenntnis Aigner, sie lege Wert auf eine Agrarpolitik, die Junglandwirte und Hoferben motiviere!