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Interview mit Fred Eickhorst

Den Dialog mit den Verbrauchern suchen

Die Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer e. V. mit knapp 500 Mitgliedsbetrieben aus Niedersachsen und ganz Deutschland setzt sich für die Verbraucheraufklärung ein. Informationstafeln sollen Verbrauchern Themen zum Spargelwachstum, Spargelstechen, zur Spargelsortierung, -gesundheit sowie zum Folieneinsatz im Spargelanbau erklären. In unserer Mai-Ausgabe haben wir das Interview in Teilen angeteasert. Lesen Sie nun hier das Interview in voller Länge.  

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Gemüse: Herr Eickhorst, die Spargelvereinigung hat ein Konzept entwickelt, um Verbraucher mitzunehmen in die Spargelsaison. Können Sie das Konzept kurz erläutern?

Fred Eickhorst: Wir müssen in Zukunft nicht nur Spargel, sondern auch allen anderen Kulturen dem Verbraucher näherbringen und erklären, was wir tun. So sind wir auf die Idee gekommen, sechs Informationstafeln mit Unterstützung einer Werbeagentur und eines Mitgliedsbetriebs zu den Themen „Warum ist Spargel so gesund“, „Wie wächst Spargel“, „Wie sticht man Spargel“, „Wie wird Spargel sortiert“, „Warum liegen Folien auf den Feldern“ und „Warum ist Johanni Schluss mit der Spargelernte“ zu entwickeln. Speziell der Folieneinsatz ist bereits negativ in der Diskussion. Wenn wir es als Spargelproduzenten nicht schaffen, den Folieneinsatz mit seinen Vorteilen zu kommunizieren, wer kann es dann? Im Spargelanbau haben wir mit den Dreifachfolien alle Vorteile auf unserer Seite: Wir benötigen durch die Folien weniger Herbizide sowie auch Fungizide und verhindern die Erosion. Auch der CO2-Fußabdruck ist selbst bei Kultur unter Dreifach-Folie noch besser als der von importiertem Spargel. Das sind gute Gründe, die müssen wir den Verbrauchern kommunizieren. Natürlich weiß ich, dass irgendwann, nach zehn Jahren, die Folie vom Feld entsorgt werden muss. Wir arbeiten daran, die Recycling-Quote zu erhöhen.

Gemüse: Was versprechen Sie sich davon?

Fred Eickhorst: Ziel ist, dass der Verbraucher die Spargelflächen akzeptiert, den Spargel möglichst lange als saisonales Gemüse sieht und sich sogar mit „seinem“ Produzenten identifiziert. Spargel ist das Gemüse überhaupt, was zu einem großen Teil direkt beim Produzenten gekauft wird. Obwohl das Wachstum im Spargelabsatz beim Discounter stattfindet, haben wir einen hohen Anteil Direktvermarktung. Damit sind wir nah am Kunden und haben die Möglichkeit, den Verbraucher von deutschem Spargel zu überzeugen. 

Gemüse: Was geben Sie den Betrieben zu Umsetzung an die Hand?

Fred Eickhorst: Wir haben über das Grüne Medienhaus Presseartikel, die wir den Betrieben zu Verfügung stellen. Damit können diese anhand ihrer Kulturen regionale Pressearbeit betreiben und den Verbrauchern kommunizieren, was in den Betrieben getan wird. Wir haben 30 Jahre vergessen, den Verbrauchern zu erzählen, was wir auf den Betrieben machen. Früher wusste nahezu jeder, wie beispielsweise Gemüse produziert wird. Bereits auf dem Schulweg konnten Kinder in die Backstube oder den Schweinestall gucken. Heute produzieren wir anonym in sterilen Betrieben und kaum ein Kunde weiß, was in den Betrieben passiert. Warum, wieso und weshalb wir etwas machen, muss auch in einer Großstadt wie Berlin jeder mitbekommen und verstehen. Heute wissen immer weniger Leute, wann welches Gemüse oder wann Erdbeeren Saison haben. Was wir als selbstverständliches Wissen sehen, ist nicht für alle selbstverständlich. Das Verbraucherverhalten hat sich total verändert. Wir müssen Verbrauchern erklären, welche Vorteile unser saisonales, regionales Gemüse hat. Dafür gibt es eine Masse an Argumenten. Es wird definitiv nicht reichen, nur auf die Verbände zu setzen. Jeder Betrieb ist hier gefordert. 

Gemüse: Wie groß ist das Interesse an der Kommunikationsstrategie?

Fred Eickhorst: Erst einmal haben wir allen unseren Mitgliedsbetrieben angeboten, diese Informationstafeln zu bestellen. Das wurde sehr gut angenommen. Im zweiten Schritt haben wir die in unserem Presseverteiler enthaltenen Adressaten wie Tageszeitungen angeschrieben mit der Bitte einer redaktionellen Begleitung der Kultur Spargel zu den auf den Tafeln genannten Themen. Das wurde ebenfalls gut aufgenommen. Anschließend sind wir über den deutschen Gaststättenverband an die Gastronomie herangetreten und bieten diesen die 60 x 80 cm Tafeln an, um sie beispielsweise im Eingangsbereich passend zu den Spargelangeboten auf der Speisekarte aufzustellen.Ein kompletter Satz der sechs Informationstafeln ist bei uns frei Haus für 120 Euro zu beziehen. Wir wollen nicht daran verdienen, sondern Werbung für Spargel betreiben.

Gemüse: Sind weitere Maßnahmen in der Diskussion oder Vorbereitung, um den Kontakt zu den Verbrauchern in positiver Weise zu beeinflussen? 

Fred Eickhorst: Wir, die Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer, sind bereits vor drei Jahren mit einer Initiative zur Förderung der Wild- und Honigbienen gestartet und haben 2018 unser Pilotjahr hinter uns gebracht. Wir mussten sehr viel lernen. Weniger die Honigbiene hat das Problem, sondern vielmehr leiden die Wildbienen und andere Insekten unter einem Rückgang der Bevölkerung und der Artenvielfalt. Bei dem Projekt geht es neben dem Anlegen von einjährigen hauptsächlich um das Anlegen mehrjähriger Blühstreifen. Diese sollten im Spätsommer bis Herbst angelegt werden, um die im Boden lebenden Wildbienen zu schonen. Es geht auch darum, die Betriebsleiter zu sensibilisieren, einfach einmal den Mulcher stehen zu lassen oder zeitlich versetzt die Fläche zu bearbeiten. So bleiben immer Rückzugsorte für die Insekten und Wildbienen. 75 % der Wildbienen nisten im Boden. Totholz, alte Pflanzenstängel und offene Bodenbereich unterstützen viele Insekten. Bei Zwischensaaten im Spargel kommt es darauf an, dass diese zur Spargelblüte blühen. Denn sobald Blüten vorhanden sind, darf kein chemischer Pflanzenschutz betrieben werden. Die Maßnahmen müssen gut abgestimmt zueinander passen, was viel Aufklärungsarbeit erfordert. Jeder Betrieb kann sich die für ihn passenden Maßnahmen heraussuchen. 

Gemüse: Haben Sie weitere Tipps, wie die Betriebe auftreten und ihr Image verbessern können? 

Fred Eickhorst: Die Betriebe müssen alles dafür tun, an die Öffentlichkeit zu treten. Es beginnt mit Einladungen an Kindergärten und Schulklassen sowie weitere Gruppen. Es muss jede Chance für Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden, um dem Verbraucher zu erzählen, was in dem Betrieb gemacht wird. Dabei geht es nicht um Beschönigung, nicht um den Streichelzoo auf dem Hof. Man sollte realistische Führungen machen und real das zeigen, was man macht. Fast besser als Hoffeste eignen sich Führungen von Gruppen, weil diese einen Dialog fördern. Natürlich darf man den Kindern einen Spielplatz anbieten. „Bürger fragt Bauer“-Veranstaltungen wird unser nächstes Projekt werden. Wir wollen Treffpunkte auf den Betrieben für Verbraucher anbieten, um mit diesen in den Dialog zu treten. 

Gemüse: Eine abschließende Frage zu einem ganz anderen Thema. Erhalten Ihre Betriebe ausreichend Saison-Arbeitskräfte (SAK)? 

Fred Eickhorst: Nein. Das wird die größte Herausforderung der nächsten Jahre werden. Zeitgleich ereilen mich dann noch Vereinigungen, die dafür kämpfen, dass im Agrarbereich der Mindestlohn eine Sonderregelung bekommt. Das kann ich nicht nachvollziehen. Wir kriegen keine Sondergenehmigung und können auch keine kriegen. Unsere Arbeitsbedingungen und Arbeitszeitregelungen sind eh nicht die besten. Spargel stechen und Erdbeeren pflücken ist nicht attraktiv. Für den Mindestlohn kann ich das Geld anderswo einfacher verdienen, Alternativen gibt es genug. Das ist ja unser Problem. Selbst die Rumänen sprechen, nachdem sie dreimal bei uns waren, ein paar Worte Deutsch und bewerben sich dann woanders. Es kommt darauf an, dass die Betriebsleiter sich Gedanken machen, wie sie die Fluktuation der Mitarbeiter stoppen können. Betriebe mit geringer Fluktuation von bis zu 25% kommen auch die nächsten Jahre zurecht. Es gibt sogar Betriebsleiter, die immer genügend Saison-Arbeitskräfte haben. Das hat einen Grund. Dahinter stehen Dienstleistungen für die Arbeitskräfte wie kostenloses Trinkwasser auf dem Feld, organisierte Fahrten zum Einkaufen oder zur Kirche, und und und … Die Betriebe, die das gewährleisten, werden auch die nächsten Jahre genügend Erntekräfte haben. Jedem Betriebsleiter muss klar sein, dass die Arbeitsbedingungen und Unterkünfte heute viel besser sein müssen als noch vor Jahren. Obwohl es immer noch schwarze Schafe gibt, ist die Situation jedoch heute schon sehr viel besser geworden. 

Das Interview führte Dr. Gisela Fischer-Klüver,
Hannover


Alle Informations-Tafeln finden Sie in unserer Galerie weiter unten. 

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