Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Auftaktveranstaltung Projekt „GemüseWert“

Bio-Produktion rund um Nürnberg: Es dürfte ruhig etwas mehr sein

Zurzeit betreiben circa 10?% der Knoblauchsländer Betriebe aktiv Bioproduktion. Mindestens genauso viele Betriebsverantwortliche denken über eine Umstellung auf Bioanbau nach. Wenn nur sicher wäre, dass der Absatz klappt und auch zufriedenstellende Preise zu erzielen wären!

Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Das Logo des Projektes „GemüseWert“.
Das Logo des Projektes „GemüseWert“.
Artikel teilen:

Um das sicherzustellen und damit Betriebe zur Umstellung zu ermutigen, sollten am besten alle Beteiligten der Bio-Wertschöpfungskette miteinander kommunizieren und an einem Strang ziehen: „Networking“ ist angesagt. Genau das will das Projekt „GemüseWert“ erreichen. Die Auftaktveranstaltung dazu fand im Juli in Nürnberg statt.

Ein erstes Kennenlernen und Vernetzen

Wie bereits in »Gemüse« 6/2021 kurz berichtet, wird das Projekt „GemüseWert“ im Rahmen des „Bundesprogrammes Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft“ (BÖLN) vom Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung für eine Laufzeit von drei Jahren gefördert. Ziel ist, bis Juli 2023 mindestens drei Gemüseerzeuger*innen im Knoblauchsland und den angrenzenden Öko-Modellregionen Nürnberger Land und Roth bei der Öko-Umstellung zu begleiten und den genossenschaftlichen Öko-Anteil bei der Erzeugergenossenschaft Franken-Gemüse Knoblauchsland eG mindestens zu verdoppeln.

Gemanagt wird „GemüseWert“ von Felix Schmidling, einem Fachmann des Öko-Agrarmanagements, angestellt bei der Franken-Gemüse Knoblauchsland eG., die zusammen mit dem Gemüseerzeugerverband Hauptprojektnehmer ist. Weitere Partner sind die Technische Hochschule Nürnberg und die Biometropole Nürnberg.

Bei der Auftaktveranstaltung konnten sich Vertreter der verschiedenen Bio-Wertschöpfungsstufen kennenlernen und vernetzen. Informationen aus der Wissenschaft gab es auch: Prof. Dr. Jan Niessen, Leiter des Studiengangs „Management in der Ökobranche“ an der Technischen Hochschule Nürnberg, präsentierte die ersten Forschungsergebnisse zum momentanen Stand der heimischen Bio-Gemüsewertschöpfungsketten. Ergänzend stellte Dr. Philipp Stierand in einem Online-Vortrag die Berliner „Kantine Zukunft“ dar, ein Leuchtturmprojekt hinsichtlich Workshops für Küchenpersonal und mehr Bioeinsatz in der Außer-Haus-Verpflegung. Dr. Stierand leitet die „Kantine Zukunft“ und fungiert als Geschäftsführer der Forschungs- und Beratungsgesellschaft „Speiseräume“. Eine Podiumsdiskussion mit Akteuren aus unterschiedlichen Bereichen der Wertschöpfungsstufe thematisierte Rahmenbedingungen für mehr bio-regionales Gemüse im vor- und nachgelagerten Bereich der Lieferkette.

Als Ergebnis der Veranstaltung konnte festgehalten werden, dass sich alle Glieder der Bio-Wertschöpfungskette zuerst die Frage stellen müssen „Was ist uns eigentlich gutes, biologisches und sozialverträglich hergestelltes Gemüse wert?“, um dann im nächsten Schritt im Dialog Kriterien des „fairen und sozialen Miteinanders“ zu etablieren. Dafür soll je Handelsstufe ein eigenes Positionspapier erarbeitet und mit den anderen Stufen der Wertschöpfungskette ausgehandelt werden, begleitet durch Workshops zum Wissenstransfer.

Noch Luft nach oben bei „Bio“ in allen Stufen der Kette

Wie schaut’s im Moment aus mit der Bio-Wertschöpfungskette in der erweiterten Metropolregion Nürnberg? Prof. Dr. Jan Niessen, Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, hat den momentanen Stand der Bio-Wertschöpfungskette erfasst, analysiert und die Ergebnisse in Empfehlungen münden lassen. Befragt wurden aktive und interessierte Erzeuger, Verarbeiter, Vertreter des Groß- und Einzelhandels und der Außer-Haus-Verpflegung (AHV). Es stellte sich heraus, dass die Bio-Produzenten hoch motiviert sind, aber Bedenken wegen der Umstellungsphase haben. Unsicherheit besteht auch darüber, ob die Nachfrage nach Bio-Produkten und der mit ihnen erzielte Preis ausreichen. Konventionell erzeugte Lebensmittel werden stärker regional vermarktet als Bio-Ware.

Auf Verarbeiterseite wird zurzeit wenig mit Bio-Ware gearbeitet, da oft langjährige feste Lieferantenbeziehungen bestehen und auch mit Logistikproblemen gerechnet wird. Eine Umstellung auf Bio-Lebensmittel, nach Schulung des Personals, wäre gut machbar. Allerdings müsste erst die Nachfrage der Kunden größer und deren Bereitschaft zu höheren Kosten gegeben sein, was zurzeit nicht der Fall sei.

Im Außer-Haus-Markt wird bereits öfters Bio-Ware ohne Zertifizierung verwendet. Probleme werden befürchtet, hinsichtlich des Preises, der Warenverfügbarkeit, und des internem Zusatzaufwands bei parallelen Angeboten (Bio-Menüs neben herkömmlichen Menüs). Noch hat „Regionalität“ hier einen größeren Stellenwert als „Bio“.

Der Handel forciert den Absatz von Bio-Ware nicht besonders, zeigt sich aber aufgeschlossen, sollte die Nachfrage stimmen und kontinuierliche Lieferfähigkeit vorhanden sein. Besonders die Nachfrage nach regionalem Bio-Obst und -Gemüse nimmt zu. Der Sortimentseinzelhandel bietet für kleinere regionale Bio-Produzenten Absatzchancen.

Zusammengefasst sieht Dr. Niessen das „Henne-Ei-Problem“ als Hinderungsgrund für „Bio“ in allen Stufen der Wertschöpfungskette. Potenzial haben regional erzeugte Bio-Lebensmittel. Was noch fehlt, ist die Information darüber, wer in der Region Bio-Ware produziert, bündelt, liefert und benötigt.

Vorbild: „Kantine Zukunft“ – Berlin?

Dem Klimawandel und dem Verlust der Diversität kann man sich auch durch Veränderung der Ernährungsgewohnheiten entgegenstemmen. Da sich im Großstadtbereich viele Menschen über Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen ernähren, kann man hier sehr gut ansetzen. Dr. Stierand, Leiter der „Kantine Zukunft“ und Geschäftsführer der Forschungs- und Beratungsgesellschaft „Speiseräume“, berichtete, wie das in Berlin funktioniert. „Die Kantine Zukunft“ bietet den Kantinen mit ihrem Blick von außen und der Schulung des Personals praktische Begleitung in den Küchen und stößt auf längere Sicht Veränderungsprozesse an.

Die „Berliner Methode“ besteht darin, beim Einkauf den Anteil an Bio-Lebensmitteln bei gleichem Budget zu erhöhen. Damit verändert sich der Speiseplan automatisch Richtung frischer, einheimischer Saisonware und Lebensmittelabfälle werden reduziert. Basis des Kantinenessens sind pflanzliche Rohstoffe, vor allem Gemüse, begleitet von sättigenden Kartoffeln, Getreide oder Hülsenfrüchten, ergänzt durch Fisch, Fleisch oder Milchprodukte. Dabei muss es keinen Verzicht auf Kantinenklassiker geben, sie werden einfach zeitgemäß interpretiert.