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Nachwuchsforschergruppe Arzneipflanzen

Forschungsprojekte für Anis, Johanniskraut und Süßholz

Die Nachwuchsforschergruppe Arzneipflanzen, die im vergangenen Jahr gegründet wurde, hat ihre Arbeit aufgenommen. Die Gruppe besteht aus vier Doktorandinnen und Doktoranden, die innerhalb dieser Forschergruppe ihre Dissertationen anfertigen. Lesen Sie hier, was die vier vorhaben.

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Verbesserung der Anbautechnologie von Anis (Pimpinella anisum L.)

Eine in Deutschland nur in geringem Maß angebaute Arznei- und Gewürzpflanze ist Anis. Jedoch ist diese Pflanze trockentolerant, sodass sie wahrscheinlich im Zuge des Klimawandels für die deutsche Landwirtschaft an Bedeutung gewinnen wird. Vor diesem Hintergrund arbeitet Anne-Marie Stache, Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen, Quedlinburg, an der Verbesserung des Anbaus dieser Kultur.

Bei Anis handelt es sich um eine einjährige Pflanze mit dünnem und aufrechtem Stängel, an dem mit zunehmender Höhe stärker gefiederte Blätter sitzen. Es werden vielstrahlige Dolden mit gleich langen Doldenstrahlen gebildet. Aus den Blüten gehen charakteristische zweisamige Doppelspaltfrüchte hervor.

Der Ursprung des Anises liegt in östlichen Mittelmeerraum und Westasien. Angebaut wird er in klimatisch gemäßigten und warmen Regionen, insbesondere in Ost- und Südeuropa, Nordafrika, Vorder- und Zentralasien sowie Südamerika. In Deutschland liegt die Anbaufläche bei ungefähr 100 Hektar, auf der 0,6 bis 1,2 Tonnen pro Hektar von knapp 10 landwirtschaftlichen Betrieben produziert werden. Diesem Anbau von ungefähr 100 Tonnen steht ein Bedarf 1.500 Tonnen für die Gewinnung der Früchte und des ätherischen Öls gegenüber. Diese kommen als Tee, Gewürz, Spirituosen, Süßigkeit und Aromastoffe zum Einsatz.

Die Anisfrüchte enthalten laut Vorgaben des Europäischen Arzneibuchs mindestens 20 ml ätherisches Öl pro Kilogramm, das 87 bis 94 Prozent Trans-Anethol und 0,5 bis 5 Prozent Estragol enthält. Eingesetzt wird Anis zur Schleimlösung bei Erkrankungen der Atemwege und zur Entzündungshemmung und Darmentleerung bei Magen-Darm-Beschwerden; darüber hinaus hat Anis antimikrobielle, antivirale und insektizide Aktivität.

Der Anbau von Anis hat für die deutsche Landwirtschaft Vorteile. Er ist trockentolerant und vermag auch bei den zunehmend langen Trockenperioden im Frühjahr und Sommer zu wachsen. Er benötigt kaum Dünger, erweitert die Fruchtfolge und beugt Fruchtfolgeerkrankungen vor. Als Sommerfrucht erlaubt er eine mechanische Unkrautbekämpfung. Seine hohe Blütenzahl fördert Insekten, die als Bestäuber auch anderen Kulturen nützen. Außerdem stellt er eine Ware dar, die bei guter Qualität stark nachgefragt wird.

In dem Projekt wird ein Sortiment von Anissorten und -herkünften zusammengestellt, angebaut und bezüglich landwirtschaftlich relevanter sowie Ertragsmerkmale bewertet. Weiterhin wird eine sichere Kreuzungstechnik auf Basis verbesserter Linien mit verringerter Heterozygotie entwickelt.

Bislang wurde eine Anissammlung erstellt, die 22 Akzessionen der Genbank des Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben sowie verschiedene anbaurelevante Herkünfte umfasst. Es sind Linien aus Europa, Nordafrika, Südamerika und Indien vertreten. In 2021 werden diese Linien in Quedlinburg und Klein-Altendorf in Mikroparzellen angebaut. Es werden Entwicklungsparameter wie Blühdauer, Gleichmäßigkeit der Blüte, Dauer der Abreife, Reifegrade und der Befall mit Krankheitserregern sowie Ertragsparameter wie Ertrag, Tausendkornmasse, Ätherisch-Öl-Gehalt, Ölzusammensetzung und Geschmack erfasst. Darüber hinaus wird der Einfluss des Aussaattermins auf die Entwicklungs- und Ertragsparameter an einem geschützten und einem ungeschützten Standort in Quedlinburg bestimmt; es werden zehn Aussaattermine zwischen Ende Februar und Mitte Juni angestrebt.

Bei Anis handelt es sich um einen Fremdbefruchter mit heterozygoten Pflanzen und inhomogenen Populationen. Die Züchtung dieses Fremdbefruchters kann über eine Populationszüchtung erfolgen. Hierbei werden die visuell besten Pflanzen aus einer Population ausgelesen, die die Grundlage für die nächste Generation bilden. Gute Selektionsergebnisse werden nur für Merkmale mit hoher Erblichkeit erzielt.

Erfolgversprechender ist die Züchtung einer synthetischen Sorte, wobei selektierte Elternkomponenten für die Saatgutproduktion durch offenes Abblühen zusammengestellt werden. Diese Vorgehensweise umfasst die Linienentwicklung und Vorselektion der Eltern, die Durchführung von Testkreuzungen, die Bestimmung der allgemeinen Kombinationseignung bei den erzeugten Komponenten sowie die Auswahl der geeigneten Eltern anhand der Daten.

Die Linienentwicklung zielt auf die Minderung der Heterozygotie und kann über eine sieben Generationen umfassende Selbstung erfolgen. Schneller ist die Bildung von homozygoten Doppelhaploiden. Hierfür werden in der Gewebekultur haploide Pflanzen aus haploiden Zellen unreifen Pollens gezogen. Die Aufdopplung des Chromosomensatzes erfolgt spontan oder durch Colchizinbehandlung.

Im Projekt wird der letztgenannte Weg für die Linienentwicklung beschritten. Bis Ende 2021 wird ein Protokoll zur Gewinnung von Doppelhaploiden bei Anis erstellt, das auf bekannten Verfahren zur Doppelhaploidenbildung bei Apiaceen beruht und mit dem doppelhaploide Pflanzen erzeugt werden konnten.

Bei erfolgreicher Durchführung des Projekts können krankheitsresistente Anislinien mit einem guten Ertrag sowie einer guten Qualität der Früchte und des ätherischen Öls entstehen. Diese bieten Landwirten die Möglichkeit, ihr Pflanzenspektrum zu erweitern. Diese verfügen dann über eine Kultur, die sich in Deutschland auch bei höheren Temperaturen und geringerer Bodenfeuchtigkeit in Folge des Klimawandels mit wirtschaftlichem Erfolg produzieren lässt.

Evaluierung und Optimierung des Johanniskrauts (Hypericum perforatum L.)

Eine interessante Arzneipflanze ist Johanniskraut. Mit Johanniskrautpräparaten lässt sich eine milde Depression behandeln; auch gibt es Hinweise auf weitere medizinische Wirkungen. Generell kann Johanniskraut in Deutschland angebaut werden, jedoch führt die Rotwelke, die durch den Befall des Johanniskrauts mit dem Pilz Colletotrichum gloeosporioides hervorgerufen wird, oft zum Zusammenbruch der Pflanzenkulturen. Mit diversen Aspekten zu Johanniskraut befasst sich Ahmed El Menuawy, Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen, Quedlinburg.

Echtes Johanniskraut ist in den gemäßigten Zonen und somit in Europa, Eurasien und Nordafrika verbreitet. Generell findet sich die Gattung Hypericum weltweit, Beispiele für entsprechende Arten sind Hypericum gramineum in Australien, Hypericum aethiopicum in der Südhälfte Afrikas, Hypericum gymnatum in Nord- und Mittelamerika und Hypericum silenoides im nördlichen Teil Südamerikas. Johanniskraut wächst auf stickstoffarmen, sandigen und steinigen Böden und ist daher eine Pionierpflanze.

Wichtige Inhaltsstoffe des Johanniskrauts sind Hypericin, Hyperforin und Apigenin. Hypericin als rotes Anthrachinonderivat findet sich in den Knospen und frühen Blüten und hat eine starke antivirale Wirkung. Im Vergleich hierzu tritt Hyperforin im Pistill und in den Früchten auf und ist ein Neurotransmitter und potenter Wiederaufnahmehemmer für Serotonin, Dopamin und Noradrenalin - somit ist diese Substanz an der antidepressiven Wirkung des Johanniskrauts beteiligt. Bei Apigenin handelt es sich um einen hellgelben Pflanzenwirkstoff mit schmerzlindernder und entzündungshemmender Wirkung sowie Aktivität gegen Pilze.

Der Johanniskrautbedarf für die Herstellung von Phytopharmaka konnte Anfang der 1990iger Jahre in Deutschland nicht mehr durch die Wildsammlung gedeckt werden, die Arzneipflanze wurde in den Anbau genommen. Die Anbaufläche erreichte 1999 ihre maximale Größe von 800 Hektar. Aufgrund des Ausschlusses von Johanniskrautpräparaten aus der Erstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen, des Bekanntwerdens von Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sowie des Auftretens der Rotwelke in den Johanniskrautbeständen kam es zu einem Zusammenbruch des Johanniskrautmarkts, so dass Johanniskraut 2002 nur noch von elf landwirtschaftlichen Betrieben auf zwölf Hektar angebaut wurde. In 2011 lag der Johanniskrautbedarf der phytopharmazeutischen Industrie bei 580 Tonnen; dieser Bedarf konnte nicht annähernd vom deutschen Arzneipflanzenanbau gedeckt werden. Bei einer nahezu unveränderten Anbaufläche von 110 Hektar war Johanniskraut 2019 Heilpflanze des Jahres. Über den gesamten Zeitraum bestand wissenschaftliches Interesse an der Pflanze mit einer steigenden Zahl an Veröffentlichungen.

In 2011 wurden Dreiviertel der in Deutschland verarbeiteten Arzneipflanzen zu Phytopharmaka für den Humanbereich umgesetzt. Das Marktvolumen des Johanniskrauts lag bei 580 Tonnen. Im Arzneipflanzenanbau erzielte Johanniskraut - zusammen mit Sonnenhut - bei bester Qualität den höchsten Preis von 9.000 Euro pro Hektar. Aktuell sind 52 johanniskrauthaltige pflanzliche und 26 homöopathische Arzneimittel auf dem Markt.

Für den Anbau wird Johanniskraut zunächst im Gewächshaus ausgesät und über acht Wochen angezogen. Nach einer Anpassung der Pflanzen an die natürlichen Lichtverhältnisse erfolgt die Pflanzung mit 100.000 Johanniskrautpflanzen pro Hektar. Im ersten Standjahr ist die Unkrautbehandlung sehr wichtig; dieser Aspekt verliert im zweiten Standjahr aufgrund des Bestandsschlusses an Bedeutung. Geerntet wird der Blühhorizont ca. 10 cm über dem Boden als ein Kompromiss aus Technik, Qualität und Ertrag. Der Zeitpunkt der Ernte bestimmt den Inhaltsstoffgehalt. So bedeutet eine späte Ernte einen hohen Ertrag und Hyperforingehalt, während eine frühe Ernte mit 70 Prozent geöffneten Blüten eine hohe Hypericinkonzentration ermöglicht. Das geerntete Pflanzenmaterial wird aufgrund der Lichtempfindlichkeit der Inhaltsstoffe möglichst unter Lichtausschluss getrocknet und sodann extrahiert. Darüber hinaus ist der Johanniskrautbestand nach der Ernte zu kontrollieren, da die Ernte das Auftreten der Rotwelke fördert.

Das in der Nachwuchsforschergruppe Arzneipflanzen zu Johanniskraut durchgeführte Projekt „Evaluierung und Optimierung des Johanniskrauts“ zielt auf die Verbesserung der Anbausicherheit, die Verbesserung der Züchtungstechnik sowie die Stabilisierung der Nachfrage für diese Kultur. 

Hierfür wird im ersten Schritt eine Johanniskrautsammlung zusammengestellt. Die Linien werden bezüglich landwirtschaftlicher Parameter sowie der Gehalte der Inhaltsstoffe Hypericin, Hyperforin und Apigenin bewertet. Betrachtet wird auch der Reproduktionsmodus der Pflanzen, da die teilweise auftretende apomiktische Fortpflanzung Probleme bei einer Kreuzungszüchtung bereitet. Außerdem werden die Erntezeiträume beurteilt. Darüber hinaus werden Marker für interessante Merkmale wie die Resistenz gegen Colletotrichum gloeosporioides als Erreger der Rotwelke und die Synthese der Inhaltsstoffe Hypericin, Hyperforin und Apigenin gesucht.

Zur Verbesserung der Züchtungstechnik wird die Protoplastenfusion optimiert, mit der apomixisbedingte Schwierigkeiten bei den Kreuzungen überwunden werden können. Es wird eine sichere Technik etabliert, mit der Proplasten in großer Zahl gewonnen und fusioniert werden können.

Weiterhin werden in dem Vorhaben medizinisch-pharmazeutische Aspekte in Zusammenarbeit mit auswärtigen Forschungsgruppen bearbeitet. So wird am Universitätsklinikum Rostock die Wirkung von Johanniskrautinhaltsstoffen wie Naphtodianthronen, Phloroglucinen, Flavonoiden und Biflavonoiden auf Krebszellen untersucht; dabei wird zwischen einem nekrotischen und apoptotischen Sterben der Krebszellen unterschieden. Weiterhin wird in Kooperation mit dem Labor „Translational Neurodegeneration Research & Neuropathology“ an der Universitätsklinik in Oslo die in-vivo-Wirkung diverser Johanniskrautinhaltsstoffe wie Flavonoide, Biflavonoide und Tannine auf krankheitsbedingte Gewebeveränderungen bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer untersucht.

Im Zuge des Projekts können bei erfolgreicher Durchführung Johanniskrautlinien mit Resistenz gegen die Rotwelke sowie Inhaltsstoffen zur Behandlung von mittelschweren Depressionen, Demenz oder Krebs entstehen. Diese Linien stellen interessante Rohstoffe für die phytopharmazeutische Industrie dar und können für die Landwirte das Spektrum der angebauten Pflanzen deutlich erweitern.

Pilzliche Schaderreger an Johanniskraut und Anis

Im Zuge der Klimaveränderung sind in den letzten Jahren verstärkt neue pilzliche Schaderreger an landwirtschaftlichen Kulturen aufgetreten. Diese können in den Blättern, Stängeln, Wurzeln und Samen vorkommen. Sie verursachen Ernteausfälle und stellen durch die Bildung toxischer Stoffwechselprodukte eine Gesundheitsgefahr für den Menschen dar. Im Falle der Arzneipflanzen ist die Situation eine besondere Herausforderung, da nur begrenztes Wissen zu den Wirt-Pathogen-Kombinationen vorliegt und kaum Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen. stellen. Vor diesem Hintergrund befasst sich Lana-Sophie Kreth, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst, Braunschweig, mit pilzlichen Schaderregern an Johanniskraut und Anis sowie möglichen Pflanzenschutzmaßnahmen zu deren Bekämpfung.

Im Falle der Gewinnung von blattpathogenen Pilzen wurden die Blätter zur Entfernung anhaftender und nicht an Infektion beteiligter Mikroorganismen gesäubert und einer Oberflächensterilisation mit Natriumhypochlorit unterzogen. Nach Überprüfung des Sterilisationserfolgs wurden die Blätter angeschnitten und auf Agar ausgelegt. Nach drei bis fünf Tagen Inkubation im Dunkel wurden die auftretenden Pilzkulturen gewonnen und zu Reinkulturen entwickelt. Diese wurden molekularbiologisch mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) unter Verwendung der Primer ITS1/ITS4 und TEF1 sowie der Sangersequenzierung identifiziert. Bislang fanden sich in den Blättern von Anis zwölf Pilze, von denen sechs als Schaderreger bekannt waren; zu diesen zählten unter anderem Botrytis cinerea sowie die Gattungen Fusarium, Phoma und Puccinia. Im Falle von Johanniskraut wurden in den Blättern elf Pilze gefunden, von denen sechs als Schaderreger bekannt waren; hierzu gehörten Colletotrichum gloeosporioides, Erysiphe hyperici, Seimatosporium hypericinum und Botrytis cinerea.

Im Vergleich hierzu wurden für die Gewinnung samenbürtiger Pilze die Samen von Anis und Johanniskraut nach der Oberflächensterilisation auf Selektivmedien ausgelegt; im Falle von Anis handelte es sich um 3580 Samen aus zehn Saatgutchargen und im Falle von Johanniskraut um 1380 Samen aus vier Saatgutchargen. Wie bei den blattpathogenen Pilzen wurden die auftretenden Pilzkulturen zu Reinkulturen entwickelt und molekularbiologisch identifiziert. Bislang fanden sich in den Anissamen neun Pilze, von denen drei als Schaderreger bekannt waren; hierbei handelte es sich um Botrytis cinerea und die Gattungen Fusarium und Puccinia. Im Falle des Johanniskrauts fanden sich in den Samen neun Pilze; zu den bekannten Schaderregern zählten Colletotrichum gloeosporioides, Botrytis cinerea und die Gattung Alternaria.

Die gewonnenen samen- und blattbürtigen Pilze von Anis und Johanniskraut wurden in eine Pathogenbank überführt.

Obwohl gesundes Saatgut für den Aufbau gesunder Arznei- und Gewürzpflanzenbeständen unerlässlich ist, liegen seitens der International Seed Testing Association (ISTA) keine Vorschriften für die Saatgutprüfung bei diesen Kulturen vor. Daher wird ein sicheres Verfahren für den Nachweis samenbürtiger Pilze bei Arznei- und Gewürzpflanzen entwickelt. Dieses Verfahren umfasst die Pilzanzucht auf Selektivmedien sowie die molekularbiologische Identifizierung der Pilze mittels real-time PCR unter Verwendung artspezifischer Primer. Dieses Verfahren ermöglicht auch eine Quantifizierung der Schaderreger. Beispielweise lässt sich mit diesem Verfahren der Pilz Colletotrichum gloeosporioides nachweisen, der bei Johanniskraut die Rotwelke hervorruft. Diese ist charakterisiert durch schlaffe Triebspitzen, Läsionen am Stängel sowie eine Rotfärbung der Pflanzen und deren Welke. Befinden sich Sporen des Pilzes im Boden, ist das entsprechende Feld für den Johanniskrautanbau nicht zu nutzen. Generell tritt die Gattung Colletotrichum weltweit auf und ruft Anthraknosen hervor.

Ebenfalls von Interesse ist die Lokalisierung des Schaderregers im Samen. Hierfür werden die Samen nach Entwässerung in einen Kunststoff eingebettet und es werden Dünnschnitte für die mikroskopische Untersuchung erstellt. Bislang ist es gelungen, den Embryo und die Samenschale sichtbar zu machen.

Der Schutz der Arznei- und Gewürzpflanzen gegen Schaderreger ist aufwändig, da es nur eine geringe Zahl an Pflanzenschutzmitteln gibt. Heute erfolgt der Pflanzenschutz integriert,das heißt unter weitgehendem Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel. Damit umfasst der integrierte Pflanzenschutz vorbeugende Maßnahmen wie die Verhinderung der Schädlingseinschleppung, eine frühzeitige Erkennung des Schädlingsbefalls anhand charakteristischer Befallszeichen einschließlich der Schadensabschätzung, eine nichtchemische Bekämpfung der Schädlinge sowie final den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel. Für chemische Pflanzenschutzmittel gelten Rückstandshöchstmengen; im ökologischen Arznei- und Gewürzpflanzenanbau ist ihr Einsatz nicht gestattet. Vor diesem Hintergrund werden neue Pflanzenschutzkonzepte wie die Nutzung von mikrobiologischen Präparaten, Arznei- und Gewürzpflanzenextrakten und ätherischen Öle entwickelt. Aktuell wird an die Behandlung von blattpathogenen Pilzen mit Extrakten aus Süßholz und den ätherischen Ölen aus Thymian und Oregano gedacht; für die Bekämpfung samenbürtiger Pilze werden die Heißwasser- und Heißluftbehandlung sowie die Saatgutpillierung avisiert. Letztendich ist auch eine Resistenzzüchtung der Arznei- und Gewürzpflanzen zu erwägen.

Bei erfolgreicher Durchführung des Projekts werden die Kenntnisse zu pilzlichen Schaderregern an Anis und Johanniskraut deutlich erweitert; es steht eine Bank mit diesen Pilzen zur Verfügung. Weiterhin werden umweltfreundliche Möglichkeiten zur Bekämpfung dieser Schaderreger aufgezeigt.

Evaluierung pflanzengenetischer Ressourcen in der Gattung Glycyrrhiza für den biobasierten Pflanzenschutz

Mit der Nutzung von Pflanzenextrakten für den biobasierten Pflanzenschutz und insbesondere die Behandlung pilzlicher Pflanzenkrankheiten befasst sich Sophie Bliedung, Institut für Ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Berlin. Aktuell liegt der Fokus auf der Gattung Glycyrrhiza (Süßholz); 2021 soll Hopfen als weitere Arzneipflanze in die Studie einbezogen werden.

In der Untersuchung werden die Arzneipflanzen kultiviert und sodann Extrakte aus den Pflanzenteilen mit antimikrobieller Wirkung gewonnen. Die Extrakte werden mittels präparativer Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) fraktioniert. Sodann wird in einem Bioassay die antimikrobielle Wirkung einer jeden Extraktfraktion gegen Schadpilze sowie weitere Erreger von Pflanzenkrankheiten untersucht. Die Inhaltsstoffe der aktiven Fraktionen werden mittels hochauflösender massegenauer Tandem-Massenspektrometrie (RAM-MS/MS) sowie ein- und zweidimensionaler Kernspinresonanzspektroskopie (1D/2D NMR) identifiziert; anhand der Daten werden die Substanzen mit der antimikrobiellen Wirkung ermittelt. Nach diesen Laboruntersuchungen werden die aktiven Extraktfraktionen und -inhaltsstoffe für die Anwendung im Pflanzenanbau formuliert. Es folgen Biotests an Versuchspflanzen sowie die Erarbeitung von Anwendungsstrategien im Anbau.

Die zum jetzigen Zeitpunkt in Bearbeitung befindliche Pflanzengattung ist Glycyrrhiza (Süßholz), die zur Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae) gehört. Die Süßpflanzenarten unterscheiden sich deutlich bezüglich Wuchshöhe und -form und nicht alle Arten bilden die für Süßholz typischen bis zu zehn Meter langen und flachwachsenden sowie aufgrund ihres Glycyrrhizinsäuregehalts süßen Wurzelausläufer. Zu den süßen Arten zählen Glycyrrhiza glabra ssp. glabra, Glycyrrhiza uralensis und Glycyrrhiza inflata. Die Wurzeln und Wurzelausläufer kommen in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) sowie als Zusatzstoff für Getränke, Süßwaren, Lakritze und Tabakprodukte zum Einsatz. 2009 lag das Handelsvolumen bei ca. 42 Mio. US Dollar.

Die Gattung Glycyrrhiza ist mit ca. 20 Arten in den gemäßigten und subtropischen Zonen der Erde verbreitet, wächst häufig in semiariden und ariden Gebieten mit sandigen Böden und toleriert starke Schwankungen von Temperatur und Wasserverfügbarkeit. Anhand des Verbreitungsgebiets werden fünf Gruppen unterschieden. So finden sich in Russland und China eine Gruppe mit den Arten Glycyrrhiza glabra, Glycyrrhiza uralensis und Glycyrrhiza inflata, in Zentralasien eine Gruppe mit den Arten Glycyrrhiza glabra und Glycyrrhiza aspera sowie um das Mittelmeer und Schwarze Meer eine Gruppe mit den Arten Glycyrrhiza glabra und Glycyrrhiza asymmetrica. In Australien findet sich die Art Glycyrrhiza astragalina, in den USA die Art Glycyrrhiza lepidota und in Südamerika die Art Glycyrrhiza acanthocarpa.

Kommerziell erhältliches Süßholzwurzelmaterial stammt häufig aus Wildsammlungen - bevorzugt in Afghanistan -, da die Qualität an den Wildstandorten in der Regel besser ist als im Anbau. Obwohl Süßholzvorkommen bei vorsichtiger Materialentnahme über Jahrzehnte für die Gewinnung der Wurzeln genutzt werden können, stehen die Süßholzpopulationen in Russland auf der Roten Liste der bedrohten Pflanzenarten und in China unter Naturschutz. Jedoch lässt sich Süßholz auch im mitteleuropäischen Raum auf Dämmen produzieren; Produktionskonzepte wurden bereits entwickelt.

In der Studie kommen die Süßholzarten Glycyrrhiza glabra var. glabra, Glycyrrhiza glabra var glandulifera, Glycyrrhiza uralensis x glabra, Glycyrrhiza uralensis, Glycyrrhiza echinata, Glycyrrhiza aspera und Glycyrrhiza pallidiflora zum Einsatz, wobei die Linien von der Genbank des IPK Gatersleben bereitgestellt wurden. Die Süßholzarten wurden angebaut und die für ihre fungizide Wirkung bekannten Blätter geerntet, gefriergetrocknet, vermahlen und bei -20 °C gelagert. Aus diesem Material wurden Extrakte gewonnen und ihre hemmende Wirkung auf pilzliche Erreger von Pflanzenkrankheiten wie Fusarium culmorum, Fusarium sambucinum und Colletotrichum gloeosporioides wurde quantitativ bestimmt. Erste Inhaltsstoffprofile wurden mittels Flüssigchromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung (LC-MS) erstellt. Es stehen nun die Bestimmung der Extraktinhaltsstoffe sowie die Korrelation der Inhaltsstoffprofile mit den Hemmwirkungen gegen die pilzlichen Erreger an, gefolgt von Untersuchungen zum Pflanzenschutz im Pflanzenbau und zur Beständigkeit der Substanzen in der Umwelt.

Bei erfolgreicher Durchführung des Projekts stehen den Landwirten biobasierte Pflanzenschutzmittel auf Basis von Süßholz zur Behandlung von pilzlichen Schaderregern im Arznei- und Gewürzpflanzenanbau zur Verfügung. Darüber hinaus bietet sich ihnen die Möglichkeit, den Rohstoff Süßholz auf minderwertigen Böden zu produzieren und so ihr Spektrum der angebauten Pflanzen zu erweitern.

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