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30. Pfälzer Gemüsebautag

Weniger Fläche kann mehr sein

„Kein Jahr gleicht dem anderen“. „Während die Gemüsegärtner gelernt haben, mit Trockenheit und Frösten umzugehen, hat die EHEC-Krise des Jahres 2011 den Gemüsebau stark erschüttert“. So eröffnete Dr. Günter Hoos, der neue Leiter des Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz kürzlich den 30. Pfälzer Gemüsebautag in Mutterstadt.
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„Geistige Grippeschutz-Impfung“ gegen nächste Krise
Hoos fasste vor einem gut gefülten Saal im Palatinum zwei Erkenntnisse zusammen. Erstens hatten Hygieneprobleme, die außerhalb Deutschlands und in Norddeutschland ihre Ursache hatten, starke Auswirkungen auf den Gemüseanbau in der Pfalz. Zweitens müsse jeder in seinem Bereich bestmöglich seinen Beitrag zur Abarbeitung dieser Probleme leisten.
Die Branche müsse selber handeln, vergleichbar einer „geistigen Grippeschutz-Impfung“ sollten Denkprozesse angeregt und Entscheidungen vorbereitet werden, damit sich eine eventuelle nächste Krise nicht so stark auf den Gemüsebau auswirke.
Das DLR Rheinpfalz sei trotz Personalabbau in der Beratung der Gemüsebaubetriebe gut aufgestellt. Ausdrücklich betont Dr. Hoos, auch die Interessen des Verbraucher- und Naturschutzes zu vertreten: „Nachhaltigkeit beginnt beim ehrlichen Umgang untereinander“. Aufgaben im Rahmen des neu gefassten Pflanzenschutzgesetzes, die Gestaltung des Wegenetzes rund um den Pfalzmarkt und die Ausweitung des Beregnungsgebiets in der Südpfalz seien in der nahen Zukunft vorrangig anzugehen. Er schloss mit einem Appell an die Zuhörer, als Partner mit dem DLR zusammen zu arbeiten.
Ministerialdirigent Dr. Peter Fuchß, Vertreter des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten, Mainz, wies auf die Empfindlichkeit der Gemüseproduktion und -vermarktung hin. Obwohl keine in der Pfalz untersuchte Gemüseprobe mit EHEC-Keimen infiziert war, waren die Auswirkungen für den Gemüsebau gravierend.
Rheinland-Pfalz bewirtschaftet mit Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen mehr als die Hälfte der gesamten deutschen Freilandgemüseflächen.
Während der pfälzer Gurken- und Tomatenanbau kaum bedeutend ist, werden auf 3.500 ha Salate angebaut. Obwohl Rucola, Feldsalat und Bundzwiebeln ebenfalls von der EHEC-Krise betroffen waren, gab es trotz intensiver Bemühungen des Ministeriums für diese Gemüsearten keine Ausgleichszahlungen. Dr. Fuchß sieht die Notwendigkeit, in der Gemüsebranche aktiv zu werden, zum Beispiel in der Entwicklung eigener Marken. Er erwähnte als Beispiel die „Pfälzer Salatprobe“, zu der Flyer verteilt waren.

Schnelle Entschädigung, aber auch Flächenausweitung
Dr. Ludwig von Heyl, Vizepräsident, Bauern- und Winzerverband RLP-Süd e.V., Mainz, beschrieb die katastrophale Situation der vergangenen Gemüsesaison als existenzbedrohend für manche Betriebe. In Rheinland-Pfalz konnten Entschädigungszahlungen im Vergleich zu anderen Bundesländern am schnellsten realisiert werden. Davon profitierten 66 Betriebe mit einer Gesamtsumme von 3,06 Mio. €. Diese raschen Geldzuwendungen waren jedoch nicht ausreichend, nicht entschädigte Bestände wurden bereits genannt.
Trotz EHEC-Krise wurde das Pfälzer Gemüseanbaugebiet um 2 % auf 18.500 ha ausgeweitet. Dr. von Heyl hob weiter die Wichtigkeit der Ausdehnung des Beregnungsgebietes hervor. Um Gemüsebaubetriebe finanziell zu unterstützen, müsse der derzeitige Stopp der einzelbetrieblichen Förderung aufgehoben werden. Er verwies auf die Mittelkürzungen für Flurbereinigung und die zwar positive Anhebung von Fördermitteln für Bio-Betriebe.
Diese kommen aber nur 4 % der gesamten Betriebe zu Gute. In diesem Zusammenhang forderte er, verstärkt Mittel für Umstellungsbetriebe bereit zu stellen.
Vor dem Hintergrund zunehmender Flächenkonkurrenz und eines steigenden weltweiten Nahrungsmittelbedarfs hält er die derzeitigen politischen Anstrengungen der Ausdehnung ökologischer Vorrangflächen und damit verbundener knapper werdender Flächen für den Gemüseanbau für praxisfremd.

Pfalz: Nur zehn Meisterschüler in der Ausbildung
Nur zehn Meisterschüler befinden sich nach Franz Löffler, Verein Ehemaliger Gartenbauschüler Neustadt/ Weinstraße, derzeit in der Pfalz in der Ausbildung. Im Bereich der Höchstmengenüberschreitungen verweist er auf die sehr positiven Werte der deutsche Gemüseproben (0,9 %) gegenüber 2,9 % Beanstandungen EU-weit und 3,3 % weltweit. Löffler verglich die Härte der EHEC-Krise für den Gemüsebau mit der Lage nach Tschernobyl. Er bezifferte den Geldverlust für die gesamte Gemüsebranche mit 70 Mio. €. Der Imageverlust sei monetär gar nicht zu fassen.
Nicht nachvollziehbar seien zum Beispiel die hohe Entschädigung von 40 Mio. € für polnische Gemüsebaubetriebe. Nach seiner Auffassung habe eine medienwirksame Entwarnung am Ende der EHEC-Krise seitens Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gefehlt.
Abschließend spielte auch Löffler auf die generelle Flächenausweitung an und zog einmal mehr das Fazit: „Weniger kann mehr sein“.