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Gemüse- und Obstproduzenten kündigen Verträge

Krisenstimmung zwischen Landgard und Gemüseproduzenten

Es rumort in der Zusammenarbeit mit Landgard. 21 bedeutende heimische Gemüse- und Obstproduzenten, kündigten ihre Verträge mit der Landgard Obst & Gemüse GmbH & Co. KG zum 31. Dezember 2021. Diese 21 ganz unterschiedlichen Betriebe repräsentieren etwa 100 Mio. € Erzeugerumsatz, der von rund 1.500 ha Freiland- und 80 ha Gewächshausfläche herrührt.

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Dabei sind langjährige Landgard-Mitgliedsbetriebe, die bereits in der dritten Generation über Landgard eine große Produktpalette von diversen Fruchtgemüsearten über Freilandsalate, Blumenkohl bis hin zu Erdbeeren vermarkten. Das ist eine Riesenmenge, denn der Landgard-Umsatz mit heimischem Obst und Gemüse belaufe sich insgesamt auf weniger als das Doppelte, nämlich etwa 175 Mio. Euro. Der genannte Umsatz der Obst- und Gemüsesparte in Höhe von 750 Mio. Euro belaufe sich schätzungsweise im Wesentlichen auf Handelsgeschäfte auch mit ausländischer Ware.Gemüse« sprach mit an den Kündigungen beteiligten Produzenten. „Da wir extrem feindlich angegangen werden von dem Landgard-Vorstand und ohnehin ständig in der Presse erscheinen, müssen wir aufpassen, dass uns die Staatsanwaltschaft nicht angeht“, so die Befürchtung eines zuverlässigen Informanden, der nicht namentlich genannt werden möchte. Es gehe derzeit weniger um den ursprünglichen Genossenschaftsgedanken, sondern um sehr viel Geld und angeblich seien tatsächlich Gärtner vom Aufsichtsrat unter Druck gesetzt worden.

Die Kritik der Produzenten ist hart. Als Problem werde der Landgard-Aufsichtsrat mit seinen Verfehlungen und mangelnder Korrektur genannt. Wenn jemand Missstände aufdecke und als Antwort die Drohung, von der Vermarktung ausgeschlossen zu werden, erhalte, gehe das an die Substanz. Vieles habe begonnen mit den über die Jahre erfolgten Fusionen, die teils gut, teils schlecht umgesetzt wurden, so die Sichtweise einiger Mitglieder. Es kamen Bereiche wie beispielsweise Trockenfrüchte mit Schokoüberzug oder der Handel mit türkischen Kirschen hinzu, die mit dem Ursprungsgenossenschaftsgedanken nichts mehr zu tun hätten. So hätten allein zwei Tochtergesellschaften 12 Mio.  € Verluste eingefahren, die durch die hiesigen regionalen Erzeuger erarbeitet werden müssten. Diese mussten das Loch stopfen. Fraglich sei zudem, ob jede Landgard-Nie-derlassung überhaupt notwendig sei. Eine schlankere Struktur täte es ebenfalls. 

Das Stopfen des Loches erfolge bei Landgard über eine überzogene Marke zulasten der Produzenten. „Wir benötigen eine schlanke Vermarktung, die sich nicht um die verlustigen, Handel treibenden Gesellschaften der Landgard kümmern muss“, so eine Produzentensicht. Viele Landgard-Tätigkeiten hätten mit dem Ursprungsgedanken der Erzeugergenossenschaft (EO) kaum mehr etwas zu tun. Der derzeitige Landgard-Vorstand beinhalte einen Berater, der die Bierbranche, nicht aber die Gartenbau-Branche und die Probleme im Umgang mit Gärtnern und Landwirten ganz unterschiedlicher Betriebsgrößen kenne. 

In der Tat wurde die Situation auch emotional so schwierig, dass sich der Zusammenhalt von Seiten der 21 Gemüsegärtner stärkte, um eine Wende herbeizuführen. 

Mitgliedschaften bleiben erst einmal

Die Fronten sind verhärtet. Daher haben die Gärtner Karl Voges, ehemals Landgard-Vorstand für die Sparte Obst und Gemüse, als ihren Sprecher benannt, um die Wogen zu glätten. Aber es werde keine Lösung für die Gärtner zusammen mit Landgard geben, wenn bei Landgard keine Reformen erfolgen.  Allein die Tatsache, in sieben Jahren acht Vorstände verbrannt zu haben, spreche wenig für Landgard, so eine der geäußerten Meinungen. 

Die 21 Gärtner haben entschieden, die Mitgliedschaften vorerst nicht zu kündigen, die ohnehin andere Kündigungsfristen haben. Anlieferverträge sind sechs Monate vor Jahresende zu kündigen und die Mitgliedschaft am Jahresende zum Jahresende des Folgejahres. Mitgliedschaft heiß lediglich, weiter Mitglied der eG zu sein. Die Lieferverpflichtung besteht jedoch mit der in der EU angemeldeten EO für die Gemeinsamen Marktorganisation (GMO)-Subventionen Landgard Obst & Gemüse GmbH Co. KG. Diese wiederum unterliegt dem Beiratsgremium Obst und Gemüse. Die Produzenten sind jedoch Mitglied in der Muttergesellschaft. Der Landgard-Aufsichtsrat dürfe laut Information von Mitgliedern offiziell keine Beschlüsse für den Obst- und Gemüsebereich schließen, bei dem die Gärtner die Anlieferverträge haben. Hier entscheidet der Obst- und Gemüsebeirat, beispielsweise über die Vermarktungsgebühr, der die Hoheit über die GMO-Mittel hat. Der Landgard-Aufsichtsrat dürfe sich nicht einmischen, es sei denn, der Aufsichtsrat schickt einen Vertreter, der wiederum einen Anliefervertrag bei der Obst & Gemüse-EO hat. „Die Mitglieds-Gemüseproduzenten haben die Pflicht, 100  % ihrer Ware an Landgard zu liefern – egal zu welchen Bedingungen“, schilderte es ein Mitglied und sieht darin einen Knebelvertrag. 

Die den Liefervertrag gekündigten Mitgliedsbetriebe sind teils bereits in dritter Generation in „ihrer“ EO, besitzen teils mehr als die Pflichtanteile an der EO und streben eine weitere Zusammenarbeit an, jedoch nicht um jeden Preis. Ihrer Meinung nach ist eine wirkliche Reform bei der EO vonnöten, um auch tatsächlich für die Erzeuger zu arbeiten. Es gelte laut Satzung, die Ware der Mitgliedsbetriebe bestmöglich zu vermarkten, statt beispielsweise als Dienstleister für Discounter oder als Handelshaus mit ausländischer Ware zu agieren. 

Nicht hinzunehmen seien Doppelmargen. Auf die im Schnitt 5,8 % Vermarktungsgebühr kommen oft noch 10 bis 15 % versteckte Margen durch den Weiterverkauf an Landgard-West. 

So ein Wandel werde laut Meinung einiger Gärtner nicht zusammen mit dem aktuellen Aufsichtsratsvorsitzenden und dem Stellvertreter realisiert werden können. Zumal diese eher den Zierpflanzensektor vertreten und die Probleme der Gemüseproduzenten kaum verstehen. Man benötige einen klug handelnden Aufsichtsratsvorsitzenden, der in der Lage sei, die beiden Sparten Zierpflanzen und Obst & Gemüse wieder zu einen. Von Seiten der Gärtnerschaft wäre Karl Voges ein möglicher Kandidat. 

Sollte es keinen zufriedenstellenden Zielhorizont geben, bestehen andere Vorstellungen auf Seiten der Gärtner, die weiterhin zusammen agieren wollen. Die jungen und gut ausgebildeten Betriebsnachfolger wollen sich jedenfalls die bisherige Zusammenarbeit nicht mehr gefallen lassen. Gespannt darf man sein auf die Landgard-Vertreterversammlung schon am 15. Juni (nach Druckschluss), die möglicherweise weitere Klärung bringt.