
Neue Agroforst-Versuchsfläche
Zwei Tage lang verwandeln Freiwillige ein Feld am Meiereihof der Universität Hohenheim in Stuttgart in eine neue Agroforst-Versuchsfläche. Sie ergänzt den bestehenden Agroforst-Standort und schafft ideale Voraussetzungen für praxisnahe Forschung und Lehre.
von Uni Hohenheim erschienen am 16.12.2025Die Pflanzaktion mit Studierenden und Beschäftigten, initiiert von der Koordinationsstelle Agroforstsystem-Forschung (kAFo), schafft eine neue Agroforst-Versuchsfläche. Diese Anbaumethode erlebt derzeit eine Renaissance: In Zeiten von Klimawandel und Artenschwund ist Resilienz gefragt, und die Kombination von Bäumen mit Ackerbau, Sonderkulturen oder Weidewirtschaft kann Landnutzungs-Systeme widerstandsfähiger machen.
„Insgesamt pflanzen wir auf rund 6 ha Versuchsfläche sechs Baumreihen im Abstand von 30 m“, erläutert Michael Cormann, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der kAFo. „Es gibt vier Varianten mit je drei Wiederholungen, wobei in dreien unterschiedliche Frucht- und Nussgehölze gepflanzt werden, eine Variante wird zum Vergleich ohne Bäume angelegt“ ergänzt sein Kollege Olef Koch.
Vernetzung und Wissenstransfer
„Die Koordinationsstelle ist ein gelungenes Beispiel für Vernetzung und Kooperation, unter anderem mit der Universität Freiburg. Deren Schwerpunkt im Bereich Forst- und Umweltwissenschaften ergänzt sich perfekt mit unserer agrar- und ernährungswissenschaftlichen Expertise“, sagt Dekan Ralf Vögele bei der Pflanzaktion. Auch Michael von Winning von der Eva Mayr-Stihl Stiftung freut sich: „Die Versuchsfläche ist ein bleibendes Erbe der kAFo, das diese der Universität Hohenheim hinterlässt – neben einer ganzen Reihe von Forschungsprojekten, die mithilfe der kAFo eingeworben wurden, und neuen Ansätzen in der Lehre.“ Die Stiftung hat die kAFo seit Februar 2023 mit 260.000 Euro gefördert. Seitdem hat diese weitere Drittmittel in Höhe von über 1,8 Mio. Euro für die Universität Hohenheim eingeworben.
Ausbau der Lehre und Forschung zu Agroforst
Ein großer Vorteil der neuen Fläche ist die Campus-Nähe, besonders für die Lehre. Ein Lehrmodul im Master-Studium, „Agroforstsysteme Mitteleuropas“, gibt es bereits seit zwei Jahren. Nun soll die Lehre in diesem Bereich weiter ausgebaut werden – von Angeboten für Abschlussarbeiten bis hin zu studentischen Forschungsprojekten. „Mit der neuen Fläche erfahren die Studierenden nicht nur, wie Agroforst aussehen kann, sie fühlen auch den Unterschied zum freien Feld. Sie können Biodiversitätsuntersuchungen durchführen und das Anwachsen der Bäume begleiten. Methodische Kenntnisse lassen sich auch auf der jungen Fläche praktisch vertiefen“, so Cormann.
Die neue Fläche ist eine langfristige Investition, erste Effekte der Baumreihen auf die Ackerstreifen erwartet Olef Koch erst in fünf bis zehn Jahren. „Wir haben im vergangenen Jahr einen wahren Schatz am Standort Ihinger Hof unserer Versuchsstation Agrarwissenschaften entdeckt: Dort schlummerte eine der ältesten Agroforst-Versuchsflächen Deutschlands im Dornröschenschlaf. Die Flächen waren in Vergessenheit geraten, doch routinemäßig weiter beprobt worden – 17 Jahre lang. Diese Daten sind für uns nun von enormem Wert.“
Forschende wie Sven Marhan, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Bodenbiologie an der Universität Hohenheim, nutzen diese Daten – und freuen sich gleichzeitig über die neuen Möglichkeiten. „Die bestehende Fläche am Ihinger Hof eignet sich hervorragend für Bestandsaufnahmen, doch es gibt keine Rückstellproben. Jetzt können wir die aktuelle Entwicklung einer Neupflanzung über die Zeit verfolgen.“
Marhan untersucht unter anderem die Auswirkungen auf den Humusgehalt des Bodens und die Biodiversität. Und in der Tat sprechen bei der alten Agroforst-Fläche die Langzeiteffekte für sich: „In den Agroforst-Streifen hat sich die Zahl der Regenwürmer und die mikrobielle Bodenmasse seit 2008 mehr als verdoppelt. Und wir beobachten tendenziell mehr Laufkäfer in den Gehölzstreifen.“
Ähnlich positive Auswirkungen zeigen sich bei den klimarelevanten Gasen: „Durch den höheren Humus-Gehalt wurden rund 31,5 t klimarelevantes CO2 im Boden gebunden. Der Gehölzstreifen wird nicht gedüngt, weshalb er weniger Lachgas emittiert. Und die Methan-Aufnahme ist ebenfalls höher in diesem Bereich.“
Vielversprechende erste Ergebnisse
All diese ersten Ergebnisse sind vielversprechend. „Doch die Forschung muss zum Thema Agroforst noch viele Fragen beantworten“, gibt Cormann zu bedenken. Neben den Gasemissionen und Fragen der Biodiversität geht es zum Beispiel auch um Auswirkungen auf das Mikroklima, um Wind- und Bodenerosion oder den Einfluss auf Schadorganismen.
Und als Sahnehäubchen kommen noch die ganz besonderen Forschungsfragen dazu: „Eine der Gehölz-Kombinationen pflanzen wir nicht bei der Pflanzaktion, sondern erst im nächsten Jahr“, verrät Cormann. „Denn die kombinierte Variante mit Esskastanie und Hasel werden wir vorab erst noch mit Trüffel beimpfen.“









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