"SUR" erstmal vom Tisch
Das Europa-Parlament hat am 22. November den Vorschlag für eine EU-Verordnung zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (SUR) abgelehnt. Kern der Forderung war, den Pflanzenschutzmitteleinsatz in Europa in den kommenden sechs Jahren um bis zu 50 Prozent zu reduzieren. Teilweise wurde sogar ein komplettes Verbot in sensiblen Gebieten gefordert.
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Das Europaparlament hat nun entschieden, dass die Verordnung nicht kommt. In der Branche wird aufgeatmet. Der Präsident des Landesbauernvebandes in Baden-Württemberg (LBV) und des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, begrüßt das Ergebnis der Abstimmung im Europäischen Parlament zum Entwurf der Sustainable Use Regulation (SUR): „Pauschalverbote und praxisferne Vorgaben, die die Existenz vieler landwirtschaftlicher Betriebe gefährdet hätten, wurden von einer Mehrheit der Abgeordneten klar abgelehnt. Wir setzen weiterhin auf den kooperativen Ansatz, also auf die Zusammenarbeit von Naturschutz und Landwirtschaft. Dafür gibt es bereits zukunftsweisende Beispiele, wie etwa in Niedersachsen oder Baden-Württemberg. Wir werden das Ziel, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weiter zu reduzieren, auch weiterhin verfolgen. Dabei muss dennoch Ernährungssicherung als oberste Prämisse gelten.“
Auch der Deutsche Raiffeisenband (DRV) hat in einer ersten Stellungnahme die Erleichterung zum Ausdruck gebracht: „Vor allem der Weinbau und der Sonderkulturenbereich mit Obst- und Gemüseanbau haben damit weiterhin eine Zukunftsperspektive“, kommentiert Franz-Josef Holzenkamp, Präsident des DRV.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bedauert, dass es keine Bereitschaft zu einem Kompromiss gegeben habe. "Für die EU wären gemeinsame Regeln richtig und wichtig gewesen, denn sie hätten endlich gleiche Wettbewerbsbedingungen für Landwirtinnen und Landwirte in der EU geschaffen. Grundsätzlich waren und sind die Ziele richtig, nämlich den Einsatz von Pestiziden deutlich zu reduzieren, um unsere natürlichen Lebensgrundlagen, Artenvielfalt und Umwelt und damit auch langfristige Ernährungssicherheit zu erhalten. Der Kommissionsvorschlag zur SUR, das gehört zur Wahrheit dazu, war von Anfang an schlecht gemacht, das habe ich immer betont und deshalb auch immer wieder Änderungen angemahnt und vorgeschlagen. Der jeweiligen Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten und den bereits erreichten Fortschritten vor Ort wurden in der SUR zu wenig Rechnung getragen. Beispielsweise wurde der für viele Regionen in Deutschland so wichtige Wein- und Obstbau im Kommissionsvorschlag nicht zufriedenstellend berücksichtigt", so seine Reaktion.
Zentralverband Gartenbau zeigt sich zufrieden mit dem Abstimmungsergebnis
„Damit wird ein großes Damoklesschwert, das über dem heimischen Gartenbau schwebte, beiseitegelegt“, kommentiert ZVG-Präsident Jürgen Mertz. Obwohl seit anderthalb Jahren diskutiert, seien die Vorschläge zur Reduktion des Pflanzenschutzansatzes immer noch einem Schnellschuss gleichgekommen. Mit ihnen sei ein nachhaltiger Pflanzenschutz im Sinne des Integrierten Pflanzenschutzes nicht zu gewährleisten.
Die Kritik des ZVG hatte sich vor allem an den pauschalen Reduktionszielen, der Einbeziehung aller Schutzgebiete und fehlender Alternativen im biologischen Pflanzenschutz entzündet. Die bisherigen Reduktionserfolge in der Branche waren völlig ignoriert worden. Mit der EU-Verordnung in der zuletzt diskutierten Form wäre eine wirtschaftliche gartenbauliche Produktion von Obst, Gemüse, Gehölzen und Pflanzen kaum oder nicht mehr möglich. Viele Naturschutzgebiete seien erst entstanden, weil dort beispielsweise Obstbau betrieben wurde.
„Nun kommt es darauf an, gemeinsam mit der Branche Produktionssysteme und Pflanzenschutzstrategien weiterzuentwickeln und den Gartenbau auf seinem Transformationsprozess zu begleiten“, so Mertz abschließend. „Dazu zählt eine schnellere Zulassung von Pflanzenschutzmitteln im Bereich der Lückenindikationen, aber auch die von uns geforderte Nützlingsverordnung.“
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