Süddeutscher Spargel schon vor Ostern
Nach einem winterlichen Kälteeinbruch, Sturm und wenig Sonnenstunden zeigt sich mit dem kalendarischen Frühlingsbeginn die Sonne öfters. Bei den meisten Betrieben beginnt Ende März die Spargelsaison, die Hofläden öffnen und zu Ostern wird es bei den meisten süddeutschen Erzeugern Spargel geben. In Mittel- und Norddeutschland lässt das Edelgemüse wegen der Nachtfröste und mangels Sonne noch etwas auf sich warten, so dass zu Ostern mit nur geringen Mengen zu rechnen ist.
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„Trotz Vorfreude auf die Spargelsaison ist die Ernte unter Pandemie-Bedingungen eine große Herausforderung für die Betriebe. Aufwendige Infektionsschutz- und Hygienekonzepte wurden in der Saisonvorbereitung umgesetzt. Viele Betriebe bangen jedoch angesichts europaweit steigender Infektionszahlen um die Einreise ihrer Erntehelfer und Erntehelferinnen aus Osteuropa. Nach den Erfahrungen im ersten Lockdown appellieren wir an die politischen Verantwortlichen, die Landeinreise auf alle Fälle zu gewährleisten und die Dauer der kurzfristigen, sozialversicherungsfreien Beschäftigung zu verlängern, um einen Personalwechsel in der Saison und damit ein erhöhtes Infektionsrisiko in den Betrieben zu vermeiden“, betont Simon Schumacher, Vorstandsvorsitzender des Verbands Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer e. V.
Kalte Wintertage haben Pflanzen gestärkt, sodass Spargelstangen gut austreiben
Ein positives Resümee zieht Spargelexperte Dr. Ludger Aldenhoff mit Blick auf den zurückliegenden Winter und das Spargelwachstum: „Die Kälte im Februar ist im Damm angekommen und hat sich positiv auf den Spargel ausgewirkt, so dass wir mit guten Spargelqualitäten rechnen können. Die gute Neuigkeit: Aufgrund der guten Wettervorhersagen wird es vor und zu Ostern bei den meisten Anbauern heimischen Spargel geben.“
Auch Nils Kraushaar, Spargelanbauberater von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, blickt der Saison optimistisch entgegen: „Aktuell haben wir in Niedersachsen noch bedecktes Wetter und Nachtfröste. Dank der schön kalten Temperaturen rechnen wir mit einem guten und üppigen Austrieb der Spargelstangen, sobald sich die Sonne zeigt. Zu Ostern rechnen wir mit Spargel, aber in geringen Mengen.“
Offene Gastronomie ist wichtig für den Spargelabsatz
Die Saison hat laut Michael Koch, stellv. Bereichsleiter und Spargelmarkt-Experte der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI), gut begonnen. „Der erste beheizte Spargel wurde gut von den Spargelliebhabern angenommen. Der weitere Verlauf der Saison hängt natürlich stark von der Öffnung der Gastronomie ab.“ Laut der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft lag der Selbstversorgungsgrad bei Spargel im vergangenen Jahr bei 85 Prozent. Er ist der wenigen Gemüsearten, die zu diesem hohen Grad in Deutschland erzeugt und auch verzehrt werden. Die Nachfrage nach weißem und grünem Spargel stand 2020 im Verhältnis von 85 Prozent weißem Spargel zu 15 Prozent grünem Spargel und verschiebt sich damit um einen Prozentpunkt zugunsten des Grünspargels.
Netzwerk der Spargel und Beerenverbände fordert 115 Tage-Regelung
Die Anspannung ist bei den Betrieben deutlich zu spüren: Werden alle Erntehelfer und Erntehelferinnen auf dem Landweg anreisen können? Wird es welche gegeben, die aufgrund der steigenden Infektionszahlen lieber im eigenen Land bleiben? Wie werden sich die Virusvarianten weiterverbreiten? Werden Polen und Rumänien weiter „nur“ Risikogebiete bleiben?
Das Netzwerk der Spargel- und Beerenverbände hat aus diesem Grund vom 15. bis 17. März 2021 unter über 1.000 Betrieben eine Online-Umfrage zur kurzfristigen, sozialversicherungsfreien Beschäftigung durchgeführt. An ihr haben sich mit 381 Betrieben über ein Drittel beteiligt.
95 Prozent der Betriebe haben 2020 die Verlängerung der kurzfristigen sozialversicherungsfreien Beschäftigung genutzt und konnten mit ihr durchschnittlich mit 28 Prozent ein knappes Drittel weiterer Saisonarbeitskräfte einsparen und damit Reiseverkehr, Personalwechsel und damit verbundene Infektionsrisiken vermeiden. 98 Prozent der Saisonarbeitskräfte möchten sozialversicherungsfrei beschäftigt werden und begrüßten die Verlängerung der kurzfristigen, sozialversicherungsfreien Beschäftigungsdauer 2020. Das Interesse, den Verdienst ohne sofortigen Lohnabzug von 20 Prozent zu erhalten überwiegt damit deutlich die Option einer Rente, denn häufig erreichen die Arbeitskräfte die Anwartschaft von fünf Jahren nicht.
Auch wenn die Erntehelfer und Erntehelferinnen ohne Sozialversicherung beschäftigt werden, so sind sie dennoch krankenversichert. 96 Prozent der Betriebe schließen für die Erntehelfer/innen auf Betriebskosten eine zusätzliche Krankenversicherung ab. Aktuell werden Bedingungen diskutiert, die einer Verlängerung der sozialversicherungsfreien Beschäftigungsdauer von Seiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ermöglichen könnten: den Abschluss einer Kranken- und Rentenversicherung sowie die Einwilligung, dass Gewerkschaften das Betriebsgelände jederzeit betreten können. Die befragten Betriebe befürworten mit 86 Prozent die Krankenversicherungs-pflicht, bei der Rentenversicherungspflicht sprechen sich laut der Umfrage 55 Prozent dagegen aus. Ein ständiges Betretungsrecht des Betriebsgeländes lehnen 55 Prozent der Betriebe ab.
Aus Sicht des Netzwerks der Spargel- und Beerenverbände sind dies sehr weitreichende Forderungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Die Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen sehen in der Forderung nach einer Rentenversicherungspflicht keinen Mehrwert für ihre Arbeitskräfte, da diese im jetzigen System vor allem das deutsche System stützen, aber selbst kaum Vorteile haben. Auch ist das geforderte ständige Betretungsrecht des Betriebsgeländes durch die Gewerkschaften – und das in Pandemiezeiten – nicht haltbar. Für die Kontrollen sind ausschließlich die staatlichen Behörden und Zertifizierungsstellen zuständig. „Die Betriebe tun gerade ihr Möglichstes, um die Saisonvorbereitungen und die Ernte unter maximalem Infektionsschutz zu gewährleisten. Dies sollte man auf politischer Ebene mit der Verlängerung der kurzfristigen, sozialversicherungsfreien Beschäftigungsdauer auf 115 Tage oder fünf Monate unterstützen“, fordert Simon Schumacher stellvertretend für das Netzwerk der Spargel- und Beerenverbände.
Rückblick auf die Saison 2020
Laut dem Statistischen Bundesamt fiel die Spargelernte 2020 deutschlandweit mit einer Erntemenge von rund 117 653 Tonnen um 10 Prozent niedriger aus als im vergangenen Jahr. In den letzten sechs Jahren konnten durchschnittlich rund 123 700 Tonnen Spargel pro Jahr geerntet werden. Damit liegt die Erntemenge 2020 rund 5 Prozent unter diesem Durchschnitt. Die im Ertrag stehende Spargelanbaufläche hat sich im Vergleich zum Vorjahr von 22 975 Hektar um rund 2 Prozent auf rund 22 409 Hektar verkleinert.
Dieser Rückgang der Erntemenge ist neben der geringeren Erntefläche auch darauf zurückzuführen, dass in Folge der Corona-Pandemie in einigen Regionen ausländische Erntehelferinnen und Erntehelfer fehlten und somit nicht alle Spargelflächen abgeerntet werden konnten.
Der Ertrag wies mit 5,25 Tonnen pro Hektar gegenüber 2019 einen Rückgang um knapp 8 Prozent auf. In Deutschland gab es im vergangenen Jahr insgesamt 1598 Spargelanbaubetriebe (2019: 1660 Betriebe), die insgesamt 25 880 Hektar Anbaufläche (inklusive Junganlagen) bewirtschafteten, was einer um eine rund 5 Prozent kleineren Anbaufläche als 2019 bei einem gleichzeitigen Rückgang an Anbauern um knapp 4 Prozent entspricht. Diese Zahlen setzen den rückläufigen Trend des vergangenen Jahres fort.
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