Die Gemüse-Einkaufsmengen bleiben hoch
Wie die Corona-Pandemie den Gemüsemarkt beeinflusst, untersuchte Michael Koch, Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI), und stellte seine Erkenntnisse auf dem Ahlemer Profi-Tag Gemüsebau 2020 vor. Trotz erstmaliger Online-Veranstaltung waren über 100 Teilnehmer dabei.
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Private Haushalte in Deutschland kauften im Jahr der Corona-Pandemie Januar bis September 2020 im Vergleich zum Vorjahr rund 13 % mehr Gemüse. Davon profitierten alle Geschäftstypen, am meisten jedoch die Fachgeschäfte mit einem Plus von 40 %, gefolgt von Erzeugerbetrieben mit 32 %. Online-Käufe nahmen um 15 % zu, das absolute Niveau bleibt jedoch laut Koch verschwindend gering.
Der Gemüseeinkauf bei Discountern legte um 10 % zu. Unerwartet niedrig lag der Zuwachs auf Wochenmärkten mit einem Plus von lediglich bei 7 %. Der berichtete starke Zulauf auf Wochenmärkte zu Beginn der Corona-Zeit spiegelt sich nicht in den Zahlen für den Einkauf von Gemüse wieder.
Die Veränderungen bei den einzelnen Einkaufstätten zeigten sich oft nur recht kurzfristig. Der Einkauf ab Erzeuger erlebte seinen Höhepunkt Mitte März, gleichzeitig mit Beginn der Saison für Spargel und Frühgemüsearten. Einen Monat später, im April, zeigte sich ein Anstieg in der Online-Vermarktung. „Vermutlich animierte die Corona-Pandemie zum Ausprobieren neuer Vertriebskanäle in Zeiten der Kontaktbeschränkungen“, so Koch. Im Mai verzeichneten die Wochenmärkte einen kleineren Höhepunkt, zu dieser Zeit kam der Spargel vermehrt auf die Märkte.
Fachgeschäfte und der Online-Handel legten im September zu. Bei den Fachgeschäften spielen insbesondere die Kürbisse und weitere Herbstgemüsearten zu dieser Zeit eine größere Rolle.
Verbraucher orientieren sich verstärkt an nationaler und regionaler Ware und hinterfragen vermehrt die Herkunft des Gemüses, schilderte der Marktanalyst eine Beobachtung.
Die Verbraucherpreise haben nach einer anfänglichen kurzfristigen Zunahme wieder abgenommen. Je länger bestimmte Beschränkungen anhalten, desto mehr Verunsicherung werden bleiben. „Ich persönlich erwarte schon, dass die Kaufkraft 2021 etwas vermindert sein wird“, meinte Koch.
Rückgang der Gemüse-Anbaufläche
Das statistische Bundesamt wies ein Rückgang der Freilandgemüse-Anbaufläche im Vergleich zum Vorjahr um etwa 3.000 ha aus, die für das Jahr 2020 mit 124.000 ha angegeben wird. Dieser Rückgang begründet sich im Wesentlichen durch einen Rückgang der Spargelanbauflächen. „Wir vermuten aber auch im gesamten Gemüsesortiment leichte Verschiebungen“, so der Marktexperte. Möglicherweise sind noch nicht alle Corona-Effekte in die Statistik eingeflossen. Auch andere Gemüsearten wurden beispielsweise durch einen Mangel an Arbeitskräften weniger gepflanzt.
Die reduzierte Anbaufläche und die erneute Sommertrockenheit führen zu einem Rückgang der Erntemenge auf knapp 3,6 Mio. t gegenüber 2019 mit 3,7 Mio. t. Das heißt, 2020 stand weniger Freilandgemüse aus deutscher Produktion zur Verfügung.
Bedingt durch die Sommertrockenheit in Hauptanbaugebieten wie Nordrhein-Westfalen sind stärkere Einschnitte bei Möhren zu erwarten.
Beim Spargel wird der Rückgang von 131.000 auf 106.000 t geschätzt. Ein leichtes Plus gegenüber dem Vorjahr verzeichnen Zwiebeln (2019: 522.000 t; 2020 526.000 t). Aufgrund guter Nachfrage seien die Lagerbestände jedoch bereits im September/Oktober gut abgebaut worden.
Weiß- und Rotkohl zeigte leichte Erntezuwächse, bedingt durch ausreichend Niederschläge im September und Oktober. Salate liegen leicht unter dem Vorjahresniveau.
Trotz des Rückgangs der Gemüse-Produktionsmenge deuten vorläufige Angaben der deutschen Erzeugermärkte darauf hin, dass über diese eine größere Menge an frischem Gemüse abgesetzt wurde. 2020 wurden dort schätzungsweise 859.000 t Gemüse zu einem entsprechend der höheren Menge gestiegenen Umsatzerlös von 875 Mio. Euro vermarktet. Der wohl nur durch die erhöhte Absatzmenge gestiegene Erlös wiederlegen die Annahme, dass Corona die Preise in die Höhe getrieben hat. Das war zwar zeitweise so, trotzdem gab es für einige Gemüsearten im Saisonverlauf schwierige Absatzsituationen.
Am Ende wie gehabt
Koch stellte die Preisentwicklung auf Erzeugermarktebene für ausgewählte Gemüsearten in 2020 vor. Das Angebot an Bundzwiebeln war zu Saisonbeginn eingeschränkt, auch durch die Unsicherheit und geringere Verfügbarkeit von Saison-Arbeitskräften (SAK). Verstärkte Angebote im Handel ließen die Preise ab Woche 24 enorm in die Höhe steigen, sie relativierten sich jedoch im weiteren zeitlichen Verlauf und sind am Ende vergleichbar der Vorjahrespreise. So zeigte sich auch der Preisverlauf anderer Gemüsearten, „am Ende wie gehabt“.
Eissalat startete zu Saisonbeginn auf sehr hohem Preisniveau, gefolgt von unterdurchschnittlichen Preisen in den Sommermonaten bis auf Preise unter dem langjährigen Mittel. Erst zu Saisonende stiegen die Preise wieder leicht über das Preismittel.
Auch Blumenkohl verzeichnete ein außergewöhnlich hohes anfängliches Startpreisniveau bedingt durch eine frühzeitig beendete Saison in Südeuropa, gefolgt von einem starken Preisrückgang. Das letzte Saisondrittel war von überdurchschnittlichen Preisen geprägt.
Kohlrabi läuft nach hohen Startpreisen in einem ähnlichen Preisniveau wie im Vorjahr aus. Die Weißkohlpreise liegen Ende des Jahres leicht unter dem Durchschnittspreis. Das begründete Koch mit dem Einbruch der Gastronomie und Caterer.
Nach einem hohen Startpreis der Tomaten folgte die Ernüchterung im Saisonverlauf mit am Ende Preisen nahezu wie im Vorjahr.
Niedrigere Gemüse-Importe
Trotz verschärfter Corona-Situation in südlichen Ländern und damit verbundenem Mangel an Erntekräften wurde im März 2020 mehr Gemüse nach Deutschland importiert als in den Vorjahren. Erst ab April bis in den August lagen die Importe nach bisherigen Angaben leicht unter dem Durchschnitt der Vorjahre.
Die zweite Überraschung: Weder die Importe aus Italien noch die aus Spanien blieben gegenüber dem Vorjahren zurück. Vor allem aus dem Benelux-Raum wurde weniger Gemüse nach Deutschland importiert.
Insgesamt weniger importiert wurden Tomaten, dafür mehr Salatgurken und Paprika. Möhren und Zwiebeln wurden wiederum weniger importiert, da in Deutschland zum Jahresstart eine genügend große Eigenmenge zur Verfügung stand.
Der Verbrauch von Frischgemüse verteilte sich bisher zu rund 80 % auf private Verbraucher und 20 % auf Großverbraucher wie Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung, die 2020 besonders unter der Corona-Pandemie gelitten haben. Für den Außerhaus-Verzehr sind demzufolge für 2020 Einbrüche und Verlagerungen in die privaten Haushalte zu erwarten.
Nachfrage zu Zeiten der Corona-Pandemie
Das Konsumverhalten der Verbraucher hat sich während der Corona-Krise verändert. Die Ausgaben für Nahrungs- und Genussmittel stiegen im zweien Quartal 2020 deutlich an, demgegenüber sanken die Ausgaben im Gastgewerbe. Der Gastronomieumsatz erholt sich nur langsam. Während der Corona-Pandemie sind die Verbraucherpreise für Lebensmittel deutlich gestiegen. Die höchste Teuerungsrate war im April erreicht, als die Verbraucher fast 10 % mehr für frische Lebensmittel ausgeben mussten als im Vorjahr. Die Teuerungsrate hat sich im Verlauf der weiteren Monate abgeschwächt und erreichte Ende 2020 ein relativ stabiles, aber noch hohes Niveau.
Im April trugen Obst und Gemüse wesentlich zur Teuerungsrate bei. Gemüse war im April 2020 24,5 % teurer als im Vorjahr. Die Preissituation normalisierte sich im weiteren Jahresverlauf schnell wieder und bereits im September war die gesamte Produktpalette Gemüse gut 4 % preiswerter als im Vorjahr. Insbesondere Kohlgemüsearten mit Kohlrabi oder Brokkoli trugen im April erheblich zu den höheren Gemüsepreisen bei, aber auch Stängelgemüse wie Spargel und Rhabarber, gefolgt von Fruchtgemüse.
Von März bis August 2020 haben die Verbraucher 22 % mehr für Gemüse ausgegeben im Vergleich zum Vorjahr. Das resultiert aus eine Mengensteigerung um fast 15 %. Damit ließen sich die geringeren Verkaufsmengen an die Großverbraucher wie Gastronomie relativ gut ausgleichen. Die Käuferhaushalte nahmen öfter und bei jedem Einkauf mehr frisches Gemüse mit.
Davon profitierten alle Geschäftstypen. „Die neue Realität ist eine noch immer höhere Nachfrage nach Gemüse, die Einkaufsmengen bleiben hoch“, so Koch.
Gut 14 % Frischgemüse wurde von März bis September 2020 im Vergleich zur Periode im Vorjahr zu knapp 6 % höheren Preisen gekauft.
Lediglich die Salatgurken waren wenig preiswerter als im Vorjahr. Zucchini zählten zu den Gewinners des ersten Corona-Lockdowns und verzeichneten trotz deutlich höherer Preise ein deutliches Plus bei der Einkaufsmenge. Auch Blattgemüse, besonders bunte Salate, verzeichnete deutlich höhere Preise als im Vorjahr.
Kaum Veränderungen sind bei den von Verbrauchern gewählten Einkaufsstätten zu verzeichnen. Die Discounter haben wenig verloren und stehen nach wie vor für gut 50 % der Gemüse-Einkaufsmenge.
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