Einreise nun doch möglich – unter strengen Auflagen
Viele Gemüsekulturen starten jetzt in die Saison. Das bedeutet auch, sie müssen entweder jetzt in die Erde oder bereits aus der Erde geholt werden. Leider macht die Corona-Krise den Betrieben einen Strich durch die Rechnung, denn Einreisebeschränkungen oder sogar Reiseverbote bestimmen im Moment unseren Alltag. Um den Anbau und die Ernte von Gemüsekulturen in Deutschland zu sichern, wurde in den vergangenen Tagen bundesweit kräftig daran gearbeitet, den Betrieben Sicherheit zu bieten. Wir haben für Sie alle wichtigen Informationen dazu zusammengetragen – auch zur begrenzten Einreise von Saisonarbeitskräften, die am 2. April vom Bundeslandwirtschaftsministerium und dem Bundesinnenministerium bekanntgegeben wurde. Bitte beachten Sie auch hier: die Situation ist weiterhin äußerst volatil! Die Situation kann sich ständig ändern. Es bleibt weiterhin wichtig, Informationen und Nachrichten kontinuierlich zu verfolgen.
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Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, und Bundesinnenminister Horst Seehofer und haben am 2. April ein gemeinsames Konzept im Bundeskabinett vorgestellt, das Ausnahmen von den geltenden Einreisebeschränkungen für Saisonarbeitskräfte vorsieht. Ziel ist es, die derzeit notwendigen strengen Vorgaben des Infektionsschutzes mit den Erfordernissen in der Landwirtschaft in Einklang zu bringen.
Insbesondere im Bereich des Obst- und Gemüseanbaus sind die Landwirte auf zahlreiche Arbeitskräfte angewiesen. Viel konnte hier durch die Vermittlung von Helfern aus dem Inland sowie arbeitsrechtliche Flexibilisierungen bereits erreicht werden. Zusätzlich sind die Betriebe aber auf Erntehelfer gerade aus dem Ausland angewiesen. Rund 20.000 Arbeitskräfte waren bis zum aktuellen Einreisestopp nach Deutschland eingereist. Bis Ende Mai werden etwa 100.000 Saisonarbeiter in der Landwirtschaft benötigt.
Die eng begrenzten Ausnahmen gelten nur unter strengen Voraussetzungen, die zur Sicherstellung des Infektionsschutzes der Bevölkerung mit dem Robert-Koch-Institut und dem Bauernverband abgestimmt sind. Die Anzahl ausländischer Saisonarbeitskräfte wird auf das notwendige Maß beschränkt. Zusätzlich will die Landwirtschaft Bürgerinnen und Bürger als Erntehelfer gewinnen.
Im Einzelnen haben die Minister folgende Ausnahmen von den geltenden Einreisebeschränkungen für Erntearbeiter und Saisonarbeitskräfte vereinbart:
- Im April und im Mai wird jeweils bis zu 40.000 Saisonarbeitern die Einreise ermöglicht. Diese werden auf Basis der Rückmeldung des Berufsstandes und der nachweisbaren strikten Hygienestandards ausgewählt.
- Begleitend wird angestrebt, für April und Mai jeweils rund. 10.000 Personen aus dem großen Potential der verschiedenen Personengruppen im Inland (Arbeitslose, Studierende, Asylbewerber, Kurzarbeiter) zu gewinnen.
- Die ausländischen Saisonarbeiter sollen ausschließlich mit dem Flugzeug ein- und ausreisen (keine stundenlangen Busreisen durch Europa aus Infektionsschutzgründen). Die Bundespolizei legt in Abstimmung mit den Bauerverbänden die entsprechenden Flughäfen fest. Durch ein abgestimmtes Verfahren zur zweifelsfreien Identifizierung der Saisonarbeiter sollen die Kontingente sowie Kontaktketten im Hinblick auf den Corona-Virus jederzeit nachvollziehbar sein. Die Arbeitnehmer werden am Flughafen durch den Betrieb abgeholt (keine Einzelanreise).
- Bei der Einreise wird ein von den Arbeitergebern veranlasster Gesundheitscheck durch medizinisches Personal nach standardisiertem Verfahren durchgeführt. Die Ergebnisse sind dem örtlichen Gesundheitsamt zuzuleiten.
- Neuanreisende müssen in den ersten 14 Tagen strikt getrennt von den sonstigen Beschäftigten leben und arbeiten und dürfen das Betriebsgelände nicht verlassen (faktische Quarantäne bei gleichzeitiger Arbeitsmöglichkeit). Es gilt eine zwingende Unterkunfts- und Arbeitsteam-Einteilung: Arbeiten in gleichbleibenden, möglichst kleinen Gruppen von fünf bis zehn, max. circa 20 Personen.
- Bei den Arbeiten sind Mindestabstände einzuhalten bzw. (sofern nicht möglich) Mundschutz, Handschuhe oder Schutzscheiben/-folien zu tragen.
- Mit Ausnahme von Familien gilt eine Zimmerbelegung mit maximal halber Kapazität. In den Unterkünften gelten strenge Hygienevorschriften, die in der jeweiligen Landessprache zur Verfügung gestellt werden.
- Bei begründetem Verdacht auf Infizierung eines Arbeitnehmers mit dem Coronavirus ist dieser umgehend zu isolieren, ein Arzt zu kontaktieren, damit der Arbeitnehmer auf das Virus getestet werden kann. Zusätzlich soll das gesamte Team isoliert und ebenfalls auf das Virus getestet werden.
Das Konzeptpapier mit allen Details zur begrenzten Einreise von Saisonarbeitskräften finden Sie hier zum Download.
Wo finde ich in dieser Zeit überhaupt Saisonarbeitskräfte?
Inzwischen bieten zahlreiche Platformen die Vermittlung von Erntehelfern an. Hier eine Übersicht:
- Um den dramatischen Erntehelfer-Mangel im Spargelanbau zu entschärfen, ist Pfalzmarkt eG ab sofort als Vermittler aktiv: Helfer können sich online bewerben und werden direkt an Erzeuger-Betriebe weitergeleitet! Interessierte Arbeitskräfte und Helfer können sich einfach und formlos per E-Mail (Erntehelfer-gesucht@pfalzmarkt.de) bewerben, indem sie ihre Adresse und den Einsatzradius bekanntgeben. Die Koordinationsstelle bei Pfalzmarkt eG leitet die entsprechenden Angaben dann direkt an die nächstgelegenen Erzeuger-Betriebe weiter.
- Der Bundesverband der Maschinenringe e. V. startet gemeinsam mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Online-Plattform www.daslandhilft.de. Die Plattform stellt den Kontakt zwischen Landwirten und Bürgerinnen und Bürgern her, deren bisheriger Erwerb aufgrund der Corona-Krise weggefallen ist, um sie für Pflanz- und Erntearbeiten in der Landwirtschaft zu vermitteln. Über eine regionale Suche finden Landwirte und Helfer zusammen. Die Plattform ist nun online und steht bundesweit zur Verfügung. Es werden keine Registrierungs- oder Vermittlungsgebühren erhoben. Ziel ist eine schnelle, kostenlose sowie vor allem zuverlässige Hilfe und Vermittlung von Menschen, die Hilfe brauchen und die Hilfe bieten.
- Um Hilfswillige und Landwirte zusammenzubringen, bieten der Gesamtverband der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) und Deutscher Bauernverband (DBV) mit der SinD GmbH das Online-Portal www.Saisonarbeit-in-Deutschland.de an. Auf diesem können Landwirte ihren Betrieb und die Jobangebote für Saisonarbeiter einstellen und so von interessierten Helfern, die die Suche auch regional begrenzen können, schnell und unkompliziert gefunden werden. Eine Kontaktaufnahme erfolgt dann über die vom Landwirt angegeben Kontaktdaten (in der Regel Telefon oder E-Mail). Aufgrund der aktuellen Krisensituation erhebt die SinD GmbH bis 30. Juni 2020 keine Gebühren.
- Mitmachaktion „Erntehelfer dringend gesucht“ beim Rheinischen Landwirtschafts-Verband: https://www.rlv.de/nachricht/detail/erntehelfer-dringend-gesucht/
- Mitmachaktion „Wir suchen Hilfe für die Ernte“ beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband: https://www.wlv.de/erntehelfer/index.php
- Portal AgrarJobBörse der Landwirtschaftskammern: Die AJB ist eine Plattform, auf der Interessen von Arbeitnehmern, Auszubildenden, Praktikanten und potenziellen Arbeitgebern produktiv aufeinandertreffen. Das Portal ist ein gemeinsames Projekt aller Landwirtschaftskammern in Deutschland und enthält Angebote und Gesuche aus der gesamten Bundesrepublik: https://www.agrarjobboerse.de/
- Das Karriereportal „AgroBrain“ vermittelt Erntehelfer aus anderen Branchen an Landwirte: https://erntenforfuture.de/
- Land Arbeit verbindet Menschen, die durch den Coronavirus ihren Job verloren haben, mit Arbeitgebern in der Landwirtschaft, denen die Saisonkräfte fehlen: https://www.land-arbeit.com/
- Während des bundesweiten Hackathons #WirVsVirus unter der Schirmherrschaft der Bundesregierung hat sich eine Gruppe engagierter BürgerInnen, darunter TU-Student Yannik Gassmann, der Herausforderung gestellt, LandwirtInnen und potenzielle Ernte-HelferInnen zusammenzubringen und die Plattform „ErnteErfolg“ konzipiert. Auf dieser können sich landwirtschaftliche Betriebe und Ernte-HelferInnen registrieren. Jeder Landwirt hat dort einen Kalender, über den Gesuche eingestellt und per E-Mail, WhatsApp oder andere Messenger geteilt werden können. Die potenziellen Ernte-HelferInnen geben online ihre zeitliche Verfügbarkeit an und bekommen landwirtschaftliche Betriebe in der Nähe angezeigt, deren Gesuche zeitlich passen. Die Ernte-HelferInnen können sich auf der Plattform für eine Schicht einbuchen, verdienen so Geld und sammeln für jeden erfolgreichen Einsatz Erfahrungspunkte. Hier geht's zur Website: https://ernte-erfolg.de/
- Aufgrund der Coronakrise fehlen offiziell etwa 300.000 Saisonarbeiter in der Landwirtschaft. Viele Arbeiter aus Osteuropa dürfen nicht einreisen, weil die Grenzen geschlossen sind. In einigen Regionen beginnt bereits die Spargelernte. CleverAckern hilft den Bauern, indem das Portal Landwirte mit Menschen in Deutschland in Kontakt bringt, die wegen des Coronavirus derzeit arbeitslos sind. Mehr Infos gibt's unter https://www.cleverackern.de/
Was muss ich bei der Einreise beachten?
Allgemeine Informationen zur aktuellen Situation sowie zu Reisebeschränkungen und Grenzkontrollen finden Sie beim Bundesinnenministerium (BMI) unter https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/faqs/DE/themen/bevoelkerungsschutz/coronavirus/coronavirus-faqs.html#doc13738352bodyText3
Alles weitere zu den neuen Entwicklungen der begrenzten Einreise von SAKs siehe oben!
Weitere wichtige Websites mit Infos zur Saisonarbeit
Der Verband Süddeutscher Spargel- und Erbeeranbauer e. V. (VSSE) hat auf seiner Homepage ebenfalls wichtige Informationen rund um Saisonarbeitskräfte in der aktuellen Corona-Krise zusammengestellt. Diese werden dort laufend aktualisiert.
Hier geht's zur VSSE-Homepage: https://www.vsse.de/
Der Zentralverband Gartenbau e. V. hat eine Leitlinie veröffentlicht, in der wichtige Maßnahmen zum Infektionsschutz in Sammelunterkünften aufgelistet sind. Die Leitlinie können Sie sich hier in verschiedenen Sprachen herunterladen:
Wichtige Neuerungen aus dem Corona-Rettungspaket der Bundesregierung
Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung am 23. März weitreichende Hilfen für Bürger und Unternehmen beschlossen, die durch die Corona-Krise betroffen sind. Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, hat dabei in den Verhandlungen wichtige Erleichterungen für die Land- und Ernährungswirtschaft erreicht – die Belange der Branche werden maßgeblich berücksichtigt.
Im Kabinett wurden dazu die folgenden Punkte beschlossen:
- Land- und Ernährungswirtschaft werden als systemrelevante Infrastruktur anerkannt!
Somit ist es etwa hinsichtlich Quarantänemaßnahmen und Betriebs-schließungen möglich, dass diese Infrastruktur unter Berücksichtigung des notwendigen Gesundheitsschutzes aufrecht erhalten bleibt.
- Ausweitung der "70-Tage-Regelung": Saisonarbeitskräfte dürfen bis zum 31. Oktober eine kurzfristige Beschäftigung für bis zu 115 Tage sozialversicherungsfrei ausüben. Bisher war das für bis zu 70 Tage möglich. Das reduziert auch die Mobilität und somit die Infektionsgefahr.
Saisonarbeitskräfte, die bereits in Deutschland und auch dazu bereit sind, können so länger hier arbeiten. Das hilft den Betrieben bei der Ernte und Aussaat. Das Kriterium der Berufsmäßigkeit für die Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft gilt weiterhin.
- Arbeitnehmerüberlassung
Das Bundesarbeitsministerium wird hierzu eine Auslegungshilfe vorlegen, wonach Arbeitnehmerüberlassung in der Corona-Krise ohne Erlaubnis möglich ist und das streng auszulegende Kriterium "nur gelegentlich" dem nicht entgegensteht.
Die Regelung ist wichtig, um flexibel auf die Krise und auf mögliche Personalverschiebungen zwischen den Wirtschaftszweigen (in Richtung Ernährungs- und Landwirtschaft) reagieren zu können.
- Erleichterungen bei der Anrechnung von Einkommen aus Nebentätigkeiten für Bezieher von Kurzarbeitergeld
Einkommen aus einer Nebenbeschäftigung wird übergangsweise bis Ende Oktober 2020 bis zur Höhe des Nettolohns aus dem eigentlichen Beschäftigungsverhältnis nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.
Mit dieser Regelung wird der finanzielle Anreiz zur Aufnahme einer Nebenbeschäftigung als Saisonarbeitskraft erhöht.
- Die Hinzuverdienstgrenze bei Vorruheständler wird in der gesetzlichen Rentenversicherung deutlich angehoben und in der Alterssicherung der Landwirte vollständig aufgehoben.
Die Regelung gilt für die gesamte Dauer des Jahres 2020. Auf diese Weise werden Anreize für eine vorübergehende Beschäftigung in der Landwirtschaft geschaffen.
- Arbeitszeitflexibilisierung
Die bisher im Arbeitszeitgesetz vorgesehenen Ausnahmeregelungen (10 Stunden Grenze/ 6-Tage Woche) reichen nicht aus, um auf außer-gewöhnliche Notfälle, insbesondere epidemische Lagen von nationaler Tragweite, schnell, effektiv und bundeseinheitlich reagieren zu können.
Das Bundesarbeitsministerium erhält eine Verordnungsermächtigung, um in außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes, angemessene arbeitszeit-rechtliche Regelungen zu erlassen.
Im Rahmen der Verordnung werden die landwirtschaftliche Erzeugung, Verarbeitung, Logistik und der Handel mit Lebensmitteln ausdrücklich berücksichtigt:
- Kündigungsschutz: Landwirten, die aufgrund der Corona-Krise Schwierigkeiten haben, ihre Pacht zu bedienen, darf bis zum 30. Juni nicht einseitig gekündigt werden.
Zur Veranschaulichung von Saisonjobs und Zuverdienstgrenzen in der Landwirtschaft hat der Deutsche Bauernverband (DBV) eine Grafik erstellt:
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