Zu wenig Erntehelfer wegen Brexit
Ein Experiment des britischen Staatssenders BBC zeigte: Ein Erntehelfer aus Rumänien oder Bulgarien arbeitet zehn Mal schneller als einer aus England. Doch es ist nicht primär die mangelnde Effizienz der britischen Arbeitskräfte, die den Gemüseproduzenten auf der Insel Sorge bereitet. Denn Einheimische wollen mit der harten Arbeit nichts zu tun haben.
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99% der Saisonarbeiterinnen und -arbeiter in Großbritannien kommen aus Bulgarien und Rumänien. Nachdem die Briten 2016 in einer Abstimmung den Austritt aus der Europäischen Union (EU) beschlossen hatten, spüren besonders die Gemüseproduzenten die Folgen, bevor der Brexit überhaupt vollzogen ist. 2017 fehlte schon ein Drittel der Erntehelfer, die das Votum gemäß Jobvermittlern als ausländerfeindlich interpretierten. Erschwerend kommt der Absturz des Pfunds hinzu.
Gemüse verdirbt auf Feldern
Wegen des Arbeitskräftemangels verrottete 2017 bereits ein Teil der Ernte auf den Feldern. „Viele Anbauer fragen sich nun, wie sie durch die Saison kommen sollen“, sagt Alison Capper, nationaler Bauernverband (NFU), gegenüber „Guardian“. Die Wiedereinführung eines bis vor ein paar Jahren gut funktionierenden Kontingentsystems für Erntehelfer als mögliche Lösung lehnt die Regierung bisher ab. Überhaupt ist die Zukunft der britischen Landwirtschaft sehr ungewiss, weil ja noch nicht einmal bekannt ist, wie der Brexit auch rechtlich vollzogen werden soll. Offiziell endet die EU-Mitgliedschaft im März 2019, gefolgt von einer Übergangsfrist bis Ende 2020. Immer mehr britische Anbauer wollen Verhandlungen aber gar nicht erst abwarten, sondern halten proaktiv schon nach Flächen in anderen Ländern Ausschau.
Falls Großbritannien ab 2021 gegenüber der EU den Status eines Drittstaates einnehmen sollte, hat das Folgen für die Landwirtschaft. Unter anderem müsste auf EUSubventionen verzichtet werden. Doch auch vorgelagerte Bereiche, zum Beispiel die Saatgutindustrie, stehen vor großen Herausforderungen, falls es nicht zu einem Abkommen mit der EU kommen sollte. „Die Europäische Kommission teilte mit, dass in diesem Fall alle britischen Sorten von der offiziellen EU-Liste gestrichen würden. Züchter müssten für diese bei allen Mitgliedstaaten neue Zulassungen beantragen“, sagt Penny Mapleston, britische Vereinigung der Pflanzenzüchter (BSPB), gegenüber der Fachzeitschrift „Fresh Produce Journal“. Auch zusätzliche phytosanitarische Bestimmungen könnten die Kosten in die Höhe treiben.
Trotz aller Unsicherheiten stehen aber immer noch 53% der Landwirte hinter dem Brexitentscheid, wie eine Umfrage des britischen Fachmagazins „Farmersweekly“ zeigte. Sie hoffen wohl insgeheim auf einen besseren Absatz ihrer Produkte auf der Insel. Ohne Erntehelfer dürfte dies allerdings schwierig werden.
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